Braucht es im Kampf gegen das Coronavirus eine allgemeine Impfpflicht? Politikerinnen und Politiker aus NRW haben dazu verschiedene Meinungen.

Die Diskussion um eine allgemeine Impfpflicht nimmt Fahrt auf. Es läuft hinaus auf eine Gewissensentscheidung der Bundestagsabgeordneten, die ohne den üblichen Fraktionszwang gefällt werden soll. Die NRZ hat Parlamentarier aus der Region gefragt, wie sie sich zur Impfpflicht positionieren und was sie davon halten, dass im Februar trotz der anstehenden Debatten bislang nur eine Sitzungswoche im Bundestag angesetzt ist.

Matthias Hauer (CDU, Essen): „Als CDU/CSU-Bundestagsfraktion stehen wir jederzeit - auch im Februar - für Sondersitzungen des Bundestages oder für die Zustimmung zu Fristverkürzungen zur Verfügung, um das Thema Impfpflicht zeitnah zu entscheiden. Wir stehen zu den Fragen, die sich rund um eine Impfpflicht stellen, seit Wochen mit Fachleuten im Austausch. Gleichzeitig warten wir seit Wochen auf die Beantwortung unserer Fragen, die wir dazu an die Regierung gestellt haben. Ich unterstütze eine allgemeine Impfpflicht - allerdings ist über die Details, zum Beispiel für welche Altersgruppen sie gilt und ob eine zeitliche Beschränkung erfolgt, noch abschließend zu beraten. Die Bundesregierung muss dazu einen eigenen Vorschlag vorlegen. Stattdessen duckt sie sich weg, schiebt es auf die lange Bank und versucht noch nicht einmal, sich eine Meinung dazu zu bilden. Das ist gerade bei einer solch zentralen Frage völlig verantwortungslos.“

Lamya Kaddor ist bei der Impfpflicht noch unentschieden.
Lamya Kaddor ist bei der Impfpflicht noch unentschieden. © FUNKE Foto Services | Ralf Rottmann

Lamya Kaddor (Grüne, Duisburg): „Ich bin noch unentschieden. Es wird nicht wegen Karneval nur zu einer Sitzungswoche kommen. Soweit mir bekannt, steht die Terminierung der Sitzungswochen schon seit knapp einem Jahr fest. Und da wurde nicht auf Karneval Rücksicht genommen, sondern auf die Schulferien in Berlin und dir Bundesversammlung am 13.2.2022. Aber Sondersitzungen sollten einberufen werden, wenn es entscheidungsreife Initiativen gibt, um dann darüber abzustimmen. Das wäre jedenfalls kein Problem.“

Grünen-Politikerin Sara Nanni: „Ich sehe leider keine Alternative zur Impfpflicht“

Rainer Keller (SPD, Wesel): „Ich befürworte die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht, da wir sonst aus dem Pandemie-Kreislauf nicht hinauskommen. Diese muss so ausgestaltet sein, dass sie praktikabel und verfassungsrechtlich gesichert ist. Sollte dies notwendig sein, sind Sondersitzungen des Deutschen Bundestages aus meiner Sicht auch kurzfristig angemessen und so wurde ja bereits auch in der Vergangenheit verfahren.“

Sara Nanni (Grüne, Düsseldorf): „Es ist mir sehr bitter aufgestoßen, dass in der Öffentlichkeit der Eindruck erweckt wurde, die Entscheidung über die Einführung der Impfpflicht könne sich verzögern, weil es im Februar wegen Karneval im Bundestag nur eine Sitzungswoche gebe. Wenn das Parlament meint tagen zu müssen, dann tagt es selbstverständlich. Im Wahlkampf bin ich noch davon ausgegangen, dass es keine Impfpflicht geben wird und geben muss. Ich sehe aber, dass viele Menschen, insbesondere auch in den Pflege- und in den ärztlichen Berufen darunter leiden, dass zu viele Leute nicht das Vernünftige tun. Ich sehe deshalb leider keine Alternative zur Impfpflicht, der ich unter bestimmten Umständen zustimmen werde. Ich wünsche mir, dass wir das rasch machen.“

FDP-Mann Bernd Reuther: „Ich persönlich setze auf die freiwillige Entscheidung“

Mahmut Özdemir ist Befürworter einer Impfpflicht.
Mahmut Özdemir ist Befürworter einer Impfpflicht. © FUNKE Foto Services | Tanja Pickartz

Mahmut Özdemir (SPD, Duisburg): „Für mich persönlich habe ich, auch angesichts der aktuellen und zu niedrigen Impfquoten entschieden, dass ich eine Impfpflicht befürworte. Mit der allgemeinen Impfpflicht könnten wir gravierende negative Folgen möglicher künftiger Pandemiewellen, wie eine hohe Sterblichkeit, langfristige gesundheitliche Beeinträchtigungen signifikanter Bevölkerungsteile oder einen drohenden Kollaps des Gesundheitssystems abschwächen oder gar verhindern. Nach wie vor bietet die Impfung den besten Schutz vor schweren Erkrankungen an Covid-19 und stellt ein unverzichtbares Mittel dar, um in eine kontrollierte endemische Situation zu kommen. Einer zusätzlichen Sitzungswoche im Februar stehe ich offen gegenüber.“

Bernd Reuther (FDP, Wesel): „Ich persönlich setze auf die freiwillige Entscheidung der Menschen für eine Impfung. Bei so einer wichtigen Entscheidung ist zu große Eile allerdings der falsche Weg.“

Stefan Rouenhoff (CDU, Kleve): „Die Ampel-Koalition ist gefordert, für die von Bundeskanzler Olaf Scholz angekündigte Impflicht eine eigene Mehrheit zu finden. Und wenn eine allgemeine Impfpflicht bereits im März gelten soll, so muss die Ampel hierfür auch einen passenden Zeitplan für die Gesetzgebung vorlegen. Zur entschlosseneren Bekämpfung der Pandemie wird die Unionsfraktion einer Sondersitzung im Februar sicherlich nicht im Wege stehen.“

SPD-Politiker Heidenblut: „Impfpflicht ist keine Maßnahme, die kurzfristig wirkt“

Sabine Weiss fordert Vorschläge der Ampelkoalition.
Sabine Weiss fordert Vorschläge der Ampelkoalition. © FUNKE Foto Services | Lars Fröhlich

Sabine Weiss (CDU, Dinslaken): „Grundsätzlich bin ich für eine Form der Impfpflicht. Es muss aber geklärt werden, was ethisch und rechtlich verantwortbar und nötig ist. Es liegt jetzt in der Verantwortung der Ampelkoalition, dazu entsprechende Vorschläge vorzulegen. Es wäre angebracht, im Februar eine zusätzliche Sitzungswoche anzuberaumen.“

Dirk Heidenblut (SPD, Essen): „Ich bin froh, dass wir in einem transparenten Verfahren die Impfpflicht fraktionsoffen diskutieren werden. Grundsätzlich bin ich in dieser besonderen Situation für eine Impfpflicht, werde aber natürlich in die abschließende Meinungsbildung die im Verfahren gewonnen Erkenntnisse einfließen lassen. Das betrifft besonders auch die konkrete Ausgestaltung, eine willkürlich gesetzte Altersgrenze halte ich etwa für verfehlt. Dass wir im Februar nur eine Sitzungswoche haben, ist für das Verfahren völlig unerheblich. Der Bundestag kann jederzeit, und würde das bei entsprechender Notwendigkeit auch in dieser Frage, zu einer Sondersitzung zusammen kommen. Allerdings ist die Impfpflicht keine Maßnahme, die kurzfristig wirken kann, sondern eher für den Herbst/Winter 22/23 Sicherheit verschafft. Daher gibt es dort keinen Zeitdruck. Und eine so wichtige Entscheidung sollte sicherlich gründlich besprochen und vorbereitet sein.