Kreis Kleve. Die Polizeibehörde Kleve stellt die Unfallstatistik des vergangenen Jahres vor und zeigt dabei mitunter erschreckende Zahlen auf.

Bereits sieben Unfalltote habe der Kreis Kleve in diesem Jahr zu verzeichnen, sagt Achim Jaspers, Direktionsleiter Verkehr bei der Kreispolizeibehörde Kleve, in nachdenklichem Ton. Im gesamten vergangenen Jahr waren es 21.

Diese und viele weitere Zahlen stellte die Klever Polizei bei der Pressekonferenz zur Verkehrsunfallstatistik 2023 vor. Landrat Christoph Gerwers betonte: „Es ist keine erfreuliche Veranstaltung. Wir haben im vergangenen Jahr die Reduzierung der Verkehrsunfälle, vor allem solcher mit Schwerverletzten und Getöteten, als behördenstrategisches Ziel festgelegt.“

„Jeder Unfall ist einer zu viel“

Damit sei die Hoffnung verbunden gewesen, dass merklich weniger schlimme Verkehrsunfälle zu verzeichnen seien, was leider nicht eingetreten sei. Mit 20 tödlichen Unfällen gab es nur einen weniger als im Vorjahr und die 21 Opfer sind auch nur zwei weniger als im Vorjahr.

„Wir haben hier abstrakte Zahlen, aber dahinter stehen tragische Schicksale“, betont der Landrat. „Wir werden unsere Anstrengungen fortsetzen. Auch in diesem Jahr bleibt das Ziel, alles dafür zu tun, dass die Zahl der Unfälle reduziert wird und ich hoffe, dass wir uns im kommenden Jahr über weniger Unfälle freuen können, denn jeder Unfall ist einer zu viel.“

Achim Jaspers, Direktionsleiter Verkehr, Landrat Christoph Gerwers und Uwe Lottmann, stellv. Abteilungsleiter der Klever Polizei (v.l.n.r.), stellten die Unfallstatistik vor.
Achim Jaspers, Direktionsleiter Verkehr, Landrat Christoph Gerwers und Uwe Lottmann, stellv. Abteilungsleiter der Klever Polizei (v.l.n.r.), stellten die Unfallstatistik vor. © NRZ | Philipp Stroetmann

Zwei Ursachen stechen hervor

Der Kreis Kleve sei derjenige in NRW, in dem die meisten tödlichen Verkehrsunfälle passieren, merkte Jaspers an. Insgesamt sind in NRW 2023 bei 435 Verkehrsunfällen 450 Menschen ums Leben gekommen.

Bei den Unfällen mit Personenschaden im Kreis Kleve (insgesamt 1279) waren in 40,8 Prozent Vorfahrts- und Vorrangverstöße oder Fehler beim Abbiegen und Wenden ursächlich. 37 Prozent fallen unter „übrige Unfallursachen“, zu denen zum Beispiel die Ablenkung durch Handybenutzung zählt.

Geschwindigkeit selten Hauptursache, aber wesentlicher Faktor

Alkohol (5 Prozent) und Drogen (1 Prozent) weisen insgesamt zwar niedrige Zahlen auf, sind aber deutlich gestiegen (Alkohol von 45 auf 69, Drogen von vier auf elf Fälle). Außerdem gebe es eine hohe Dunkelziffer. „Nicht immer werden Drogenfahrten und gleichgelagerte Delikte entdeckt“, betont die Polizei.

Zum Thema erhöhte Geschwindigkeit (3 Prozent) merkt Jaspers an: „Gerade bei den Unfällen mit schweren Folgen ist Geschwindigkeit vielleicht nicht die erste Ursache für den Unfall, aber oftmals eine Ursache für die schweren Folgen. Deswegen legen wir auch einen Schwerpunkt auf die Geschwindigkeitsüberwachung.“

Neue Teams sorgen für mehr Qualität

Jochen Keßler, Andreas Terlinden und Christina Rabs vom aus insgesamt zehn Personen bestehenden VU-Team Kreis Kleve mit Achim Jaspers, Direktionsleiter Verkehr (v.l.n.r.)
Jochen Keßler, Andreas Terlinden und Christina Rabs vom aus insgesamt zehn Personen bestehenden VU-Team Kreis Kleve mit Achim Jaspers, Direktionsleiter Verkehr (v.l.n.r.) © NRZ | Philipp Stroetmann

Um die Unfallaufklärung noch breiter aufzustellen, hat die Polizei NRW 17 Verkehrsunfallaufnahme-Teams eingerichtet. 14 davon, unter anderem im Kreis Kleve, waren bereits im vergangenen Jahr im Einsatz, die restlichen drei sind in diesem Jahr gestartet.

„Wir hatten uns davon einen Quantensprung in der Qualität der Unfalldokumentation erhofft und dieser ist tatsächlich eingetreten“, betont Jaspers. Christina Rabs vom VU-Team erklärt: „Wir sind mit hochwertiger Technik ausgerüstet worden und haben eine ausgiebige Einweisung bekommen.“

78 Einsätze, auch über den Kreis Kleve hinaus

Insgesamt hatte das VU-Team des Kreises Kleve im vergangenen Jahr 78 Einsätze, davon 32 bei Unfällen mit Todesfolge. Bei den 46 übrigen Unfällen habe Lebensgefahr bestanden, sagt Rabs. Die Teams werden behördenübergreifend eingesetzt.

Im Kreisgebiet sei das Team 37 Mal im Einsatz gewesen, dabei waren elf Unfälle mit Todesfolge. Das VU-Team kümmere sich „ausschließlich um den Sachbeweis, das heißt Spuren suchen, finden und dokumentieren“.

Hochwertige Technik zur Unfallaufklärung

Zu diesem Zweck habe das Team verschiedenste Technik zur Verfügung wie mehrere unterschiedliche Kameras, einen 3D-Scanner oder Drohnen. Dazu haben die Ermittelnden auch Geräte, mit denen sie die Fehlerspeicher der Unfallfahrzeuge auslesen und zahlreiche Daten auswerten können.

Mit Blick auf Gefahrenbereiche im Kreis Kleve erklärt Achim Jaspers: „Wenn es darum geht, dass Menschen schwer verletzt oder getötet werden, sind es meist Außerorts-Unfälle. Das ist kreisweit der Fall und mal ist es die eine, mal die andere Strecke.“

„Schwer, an jeder Stelle gleichzeitig zu sein“

Es gebe nicht die eine Strecke, die besonders auffällig sei. Ausnahmen würden teilweise die Bundesstraßen, zum Beispiel die B9, darstellen. „Die zieht sich durch den ganzen Kreis, dementsprechend ist die häufiger frequentiert, weil die Straße einfach sehr lang ist“, betont Jaspers.

Uwe Lottmann, stellvertretender Abteilungsleiter der Klever Polizei, stellt dar: „Wir machen monatlich einen Schwerpunkteinsatz, was das Thema Verkehrsüberwachung angeht.“ Das Leid, das die Opfer und Angehörigen bei schweren Unfällen erfahren, gehe unter die Haut. „Das wollen wir bestmöglich unterbinden, aber es ist schwer, an jeder Stelle gleichzeitig zu sein, betont Lottmann.

Weitere Zahlen zur Unfallstatistik im Kreis Kleve

Bei den insgesamt 1279 Unfällen mit Personenschaden im vergangenen Jahr im Kreis Kleve kamen 21 Menschen ums Leben, 340 wurden schwer verletzt (Vorjahr 395), 1288 (1181) leicht verletzt. Signifikante Anstiege gab es bei der Zahl illegaler Autorennen (von 26 auf 44) sowie Unfällen mit E-Scootern (von 20 auf 55).

Insgesamt gab es 9306 Verkehrsunfälle im Kreis Kleve, bei 2079 davon wurde Unfallflucht begangen, bei 110 dieser Fälle lagen Personenschäden vor. Zum Bedauern der Polizei beträgt die Aufkärungsquote bei Unfallflucht nur knapp 40 Prozent. Dementsprechend betont sie die Wichtigkeit von Zeugenhinweisen.