Kreis Kleve. In den Niederlanden eskalieren die Proteste über den Schutz der Natura-2000-Gebiete. Warum dies auch ein Thema für Deutschland werden könnte.

Die anhaltenden Bauernproteste im Rahmen der Stickstoffkrise in den Niederlanden zeigen: Naturschutz ist kein Gedöns, sondern ein knallharter Kampf um unsere Lebensgrundlagen. Die Vereinbarkeit von Landwirtschaft und Naturschutz ist ein Kernthema für die Zukunft, welches alle Lebensbereiche umfassen wird. Denn wir sind auf den Erhalt funktionierender Ökosysteme angewiesen. Aktuell legen wir in unserer grenzenlosen Ignoranz die Axt nach wie vor sehr tief an den Stamm des Natur- und Umweltschutzes an.

Der Konflikt betrifft nicht nur Landwirtschaft und Naturschutz

Gut dreieinhalb Jahre hat es jetzt gedauert, bis das richtungsweisende Urteil des Europäischen Gerichtshofes die gesellschaftliche Debatte in den Niederlanden voll und ganz durchdrungen hat und die enorme Dimension allen klar geworden ist: Die Natura-2000-Gebiete, die auf Europaebene geschützten Rückzugsgebiete für Pflanzen und Tiere, müssen erhalten werden. Und das bedeutet: Der Mensch muss mit seiner Lebensweise zurückstecken.

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Die niederländische Regierung hat in den vergangenen drei Jahren alles dafür getan, die Situation eskalieren zu lassen. Den Landwirten wird jetzt aufgebürdet, was man dem Verkehrs- und Tourismussektor oder der Bauwirtschaft nicht antun möchte: und zwar „konsum-minderen“, wie es im Niederländischen heißt. Weniger ist mehr.

Die rabiate Herangehensweise ist nicht vorbildlich

Die Kommunikation zu den Landwirten ist eine Katastrophe, man spricht über sie, nicht mit ihnen. Sie stehen mit ihren Betrieben mit dem Rücken zu Wand und haben nur die Wahl: friss oder stirb! Nimm das Geld, welches dir die Regierung anbietet, und stelle deinen Betrieb ein oder stirb eines langsamen Todes. Beides wollen die Bauern nicht. Diese rabiate Herangehensweise ist nicht vorbildlich. Und die deutsche Politik sollte hier gut hinschauen und lernen, wie man es nicht macht.

Man wundert sich überhaupt, warum die Debatte in Deutschland noch so ruhig verläuft. Das liegt gewiss nicht daran, dass die Bauern hier weniger Stickstoff ausbringen. Vielmehr sind es unsere Verwaltungsvorschriften, die den größten Druck vom Kessel halten. Während man in den Niederlanden schaut, wie viel Stickstoff maximal in ein Natura-2000-Gebiet eingetragen werden darf, blickt man in Deutschland nur aus der Sicht der Verursacher: Hält ein Bauer seine Grenzwerte ein, ist alles gut. Nicht geschaut wird nach der kumulierenden Wirkung: Was ist mit den Emissionen eines Bauernhofes einen Kilometer weiter entfernt? Was ist mit den Einträgen aus der Schifffahrt, durch den Autoverkehr, durch die Bauwirtschaft usw. Dies alles wird in Deutschland noch nicht berücksichtigt. Aber ist es noch den Natura-2000-Gebieten zuträglich?

Die Argumentation des EUGH gilt für alle Natura-2000-Gebiete in der EU

Vermutlich ist es nur eine Frage der Zeit, bis auch hiesige Umweltverbände (oder wer auch immer) entdecken, welche Bedeutung eigentlich hinter dem EUGH-Urteil vom 7. November 2018 steckt. Dann muss auch hier entschiedener gehandelt werden.