Goch. Leben statt parken: In den Sommermonaten soll der Gocher Markt testweise für Autos gesperrt werden. Das ist ein Ergebnis der Haushaltsberatung.

In einer Marathonsitzung von mehr als fünf Stunden hat der Gocher Haupt- und Finanzausschuss am Donnerstagabend den städtischen Haushalt 2022 beraten. Nach den Veränderungslisten und Anträgen der Verwaltung und der Fraktionen weist der Etat, für den die Politik einstimmig votierte, ein Defizit von gut 2,4 Millionen Euro auf. Endgültig wird der Rat am 22. Februar die Haushaltssatzung beschließen.

Das vom BFG erfolgreich beantragte Vorhaben, im Sommer probeweise den Marktplatz von Autos zu befreien und auch den Verkehr im Bereich des Steintores zu beruhigen, ist darin mit 20.000 Euro sicher nicht der größte Kostenpunkt. Aber der mehrheitlich vom Ausschuss gegen die Stimmen der CDU beschlossene Antrag hat immense Bedeutung für die Entwicklung der Gocher Innenstadt, bringt er doch Bewegung in eine Endlos-Diskussion.

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„Der letzte Wahlkampf hat gezeigt, dass sich alle Fraktionen für einen autofreien Marktplatz aussprechen“, sagte der BFG-Fraktionsvorsitzende Udo Wennekers. „Und wir wollen die Dinge jetzt einfach auch mal angehen.“ Konkret soll der Markt im Sommer für drei bis fünf Monate keine Parkmöglichkeiten bieten. Von diesem Test verspricht sich das BFG Erkenntnisse darüber, „wo ersatzweise geparkt wird und wie sich die Verkehrsströme verändern“. Statt Autos sollen in der warmen Jahreszeit die Menschen den Marktplatz für sich erobern und durch gastronomische Angebote sowie Veranstaltungen angelockt werden. „Das ist eine riesen große Chance zur Attraktivitätssteigerung für die Stadt“, meinte Wennekers, der sich beispielsweise vorstellen könnte, nach Kalkarer Vorbild vorübergehend Sand auf der Fläche zu verteilen.

Verkehrsberuhigung am Steintor

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Zudem nahm das BFG den Beschluss des Bau- und Planungsausschusses auf, der sich nach einem Antrag des Heimatvereins Goch einstimmig für eine Umgestaltung des Steintor-Umfeldes ausgesprochen hatte (die NRZ berichtete). Probeweise soll eine Verkehrsberuhigung vom Steintor bis zur Nierswelle umgesetzt werden. Das Ziel ist, dass sich Fußgänger, Zweiradfahrer und Autos gleichberechtigt in diesem Innenstadtbereich bewegen.

„Shared Space“ ist der Fachbegriff dafür, den Wolfgang Jansen nannte und als Vorbild unter anderem den Opernplatz in Duisburg erwähnte. Der Leiter des Vermögensbetriebs sprach von Schwellen und Blumentöpfen, um eine „multifunktionale Fläche zu erzeugen“.

Marc Groesdonk, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der CDU, zeigte sich „sehr überrascht von dem Antrag. Es wird ein Gesamtkonzept benötigt und keine isolierten Maßnahmen. Stadtplanung funktioniert nicht durch ausprobieren“. Die grüne Fraktionschefin Kathrin Krystof wandte jedoch ein, dass die Probeläufe einer gesamtheitlichen Planung nicht entgegen stünden.

Lasershow oder Feuerwerk

Die Stadt Goch wird kein Geld in die Hand nehmen, um statt des Kirmes-Abschluss-Feuerwerks eine Lasershow zu organisieren. Dies hatten die Grünen beantragt.

Bürgermeister Knickrehm wird mit den Schaustellern, die das Feuerwerk bezahlen, sprechen. Er zeigte sich jedoch wenig zuversichtlich, da eine Lasershow deutlich teurer sei.

Kein freies Budget für Klimaschutzmaßnahmen

Die Grünen selbst kämpften bei der Haushaltsberatung um ihr beantragtes „Sofortprogramm Klimaschutz“ (die NRZ berichtete), von dem letztlich nur Teile den Weg in den Etat fanden. Dazu gehört vor allem der Umbau des Gocher Bahnhofs in eine Mobilitätsstation, in der unter anderem hochwertige Fahrradboxen wie am Klever Bahnhof aufgestellt und Carsharing-Plätze eingerichtet werden sollen. Für die Gesamtplanung des städtischen Bahnhofsareals ließ der Ausschuss mehrheitlich 50.000 Euro in den Haushalt einstellen. Auch die Fortführung der Förderung insektenfreundlicher und naturnaher Gärten (5000 Euro) fand Zustimmung.

Dagegen wurde es nichts mit dem grünen Plan, 350.000 Euro für weitere, noch zu besprechende Klimaschutzmaßnahmen einzuplanen. Kämmerin Bettina Gansen erläuterte, dass dieser unbestimmte Ansatz gegen einige Haushaltsgrundsätze verstoße. „Es muss etwas Konkretes dahinter stehen“, sagte sie. Auch eine Reduzierung des Topfes auf 200.000 Euro lehnten alle anderen Fraktionen ab. Die einhellige Meinung: Man solle erst das Konzept abwarten, das der zu Jahresbeginn eingestellte Klimaschutzmanager Marco Stabe derzeit erarbeite.

Hochwertige Fahrradboxen sollen die alten Exemplare am Gocher Bahnhof ersetzen.
Hochwertige Fahrradboxen sollen die alten Exemplare am Gocher Bahnhof ersetzen. © Niklas Preuten

Stadtwerke-Chef sieht Goch beim Klimaschutz weit vorne

Stadtwerke-Geschäftsführer Carlo Marks brach eine Lanze für die bisherigen Bemühungen der Stadt Goch und kritisierte die Grünen: „Sie zeichnen ein sehr düsteres Bild von Goch, was die Einstellung zu Klimaschutz und grüner Energie angeht.“ Marks sprach unter anderem über die 33-prozentige Energieeinsparung durch die LED-Umstellung der Straßenbeleuchtung, die „flächendeckendste E-Ladeinfrastruktur in Deutschland“ und die grüne Energieversorgung aller Gocher Haushalte durch das Biomassekraftwerk. „Es muss noch viel passieren, aber wir sind in Goch schon sehr weit“, meinte Carlo Marks.

Seine Stadtwerke haben sich bereit erklärt, in den nächsten drei Jahren alle Gocher Schulen – wie von den Grünen beantragt – mit Wasserspendern auszustatten. Selbstbewusst konterte Marks auch das Ansinnen der Grünen, dass Goch beispielsweise eine bessere Anbindung der Ortsteile in der vom Kreis Kleve ausgerufenen ÖPNV-Offensive anmelden soll: „Seit 20 Jahren sind wir besser aufgestellt als jede andere Stadt im Kreis. Denn das, was heute ,On-Demand’ heißt, machen wir seitdem schon. Man ruft den Taxibus, und der bringt mich von A nach B. Besser kann es für den Kunden gar nicht sein.“