Kleve/Goch. Im Verfahren gegen Betreiber des Saunaclubs „FKK van Goch“ sagten Finanzbeamte aus. Es geht um Abgaben von 1,9 Mio Euro. Fahndungsdruck verstärkt.

Dass im Saunaclub „FKK van Goch“ an der Benzstraße nicht alles nach Recht und Gesetz ablaufe, sei der Finanzbehörde Kleve schon seit Jahren bekannt gewesen. „Dass da falsche Dinge laufen und etwas passiert, war klar. Irgendwann würde da jemand rein marschieren. Wir wussten nur nicht, wann“, sagte ein Finanzbeamter am Freitagvormittag als Zeuge vor der Wirtschaftsstrafkammer im Landgericht Kleve aus.

Angeklagt ist das Betreiber-Ehepaar des Etablissements. Dem 56-jährigen Inhaber und dessen 59-jähriger Ehefrau wird Steuerhinterziehung und das Vorenthalten von Sozialabgaben zwischen 2010 und 2016 in Höhe von 1,9 Millionen Euro vorgeworfen. Die Prostituieren, die im Saunaclub arbeiteten, seien nicht, wie von den Betreibern angegeben, selbstständig gewesen. Vielmehr seien sie als Angestellte tätig gewesen. Immerhin habe es feste Arbeitszeiten, Schichtpläne und Verhaltensvorschriften gegeben – so Staatsanwalt Hendrik Timmer in seiner Anklageschrift. Auch die Preise seien vorgegeben gewesen: So hätte eine Stunde Sex 90 Euro gekostet.

Nun sagten drei Finanzbeamte aus, die seit 2006 mit dem Betrieb der Beschuldigten zu tun hatten. Ein Behördenangestellter des Finanzamts Gladbeck/Marl berichtete, dass er sich mit dem Ehepaar 2007 auf die freiwillige Teilnahme am sogenannten „Düsseldorfer Verfahren“ geeinigt habe. „Mit den Mitteln eines Betriebsprüfers hätten wir nämlich nicht nachweisen können, dass die Prostituierten sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind“, sagte der 51-Jährige. Immerhin hätten diese in Gesprächen mit Beamten immer wieder beteuert, selbstständig tätig zu sein.

Düsseldorfer Verfahren

Im Zuge des Düsseldorfer Verfahrens, das gesetzlich nicht geregelt ist, zahlten die Bordell-Betreiber stattdessen eine Pauschale für jede in ihrem Unternehmen tätige Prostituierte in Höhe von 15 Euro pro Tag. Die damalige Initiative der Finanzbehörden in Nordrhein-Westfalen zielte darauf ab, ein höheres Steueraufkommen aus dem Rotlicht-Milieu zu generieren. Damals betrieben die Angeklagten neben dem „FKK van Goch“ auch den Saunaclub „Blaue Lagune“ in Gladbeck.

2007 aber richteten die Angeklagten einen Hilfeschrei an die Finanzbehörden. Schließlich sei die Teilnahme an dem Verfahren zu einem echten Wettbewerbsnachteil geworden. „Die Damen wollen nicht in Goch tätig sein, da in anderen Läden im Kreis Kleve keine Steuern entrichtet werden“, erklärte die Beschuldigte damals in dem Schreiben an die Beamten. Dennoch beteiligte sich das Paar weiter an dem Besteuerungsmodell.

„Sisi“, „Gaga“ und „Vaselina“

Sie protokollierten, an welchen Tagen ihre Prostituierten, in den Listen mit Künstlernamen wie „Sissi“, „Gaga“ und „Vaselina“ geführt, vor Ort waren. Ein anderer Finanzbeamter aus Marl habe, so erklärte er, von dem Betrieb den Eindruck gewonnen, dass die Damen „im Normalfall relativ frei“ gewesen seien, wann und wie häufig sie arbeiten. Vor Ort war er allerdings nie.

Razzia im Saunaclub
Razzia im Saunaclub "FKK van Goch" © FFS

13 dann hätte ein Prozess gegen das Bordell „Fun Garden“ in Emmerich für einen Wendepunkt im Geschäftstreiben des Ehepaars sorgen können. Damals entschied das Landgericht, dass die mehrheitlich osteuropäischen Beschäftigten des Etablissements nicht selbstständig dort gearbeitet hätten. Damit stand ein zentrales Geschäftsmodell des Sex-Gewerbes auf der Kippe. Schärfere Kontrollen des „FKK van Goch“ wären wohl folgerichtig gewesen. Ein Klever Beamter, nun als Zeuge vor Gericht, erklärte aber, „das alles erstmal so laufen gelassen“ zu haben. Schließlich würden er und seine Kollegen an das Gute im Menschen glauben.

Dennoch sei es wenig verwunderlich gewesen, dass es im Juni 2016 zu einer Razzia im Saunaclub gekommen sei. Immerhin wollte die Staatsanwaltschaft Kleve nun wohl für einen höheren Fahndungsdruck im Rotlicht-Milieu sorgen, so sein Eindruck: „Der Kreis Kleve soll wohl sauber sein“, sagte er. Daher komme es nun vermehrt dazu, dass Unternehmer des in manchen Augen „anrüchigen Gewerbes“ vor Gericht stünden.