Kalkar. Ron Manheim moniert: Die Schrift stehe in „schändlichem Widerspruch“ zur Absicht der Kalkarer Politiker und Verwaltung.
„Die Infotafel am Kriegerdenkmal in Kalkar sofort entfernen“, fordert der Kunsthistoriker Ron Manheim. Das Infoschild nenne das Denkmal völlig unpassend eine „Gedenkstätte“. Aber „viel schlimmer“ stehe die Schrift nun in „schändlichem Widerspruch“ zum Denkmal. „Wo haben die Verantwortlichen ihren Verstand?“ fragt Manheim. Und immer noch gehe es um „Helden“, die doch tatsächlich den Kanonen vorgeworfen wurden.
Hier der Wortlaut des Schreibens:
Das jetzt im Jahre 2020 angebrachte Infoschild nennt dieses Denkmal eine “Gedenkstätte“. Weiß man in Kalkar wirklich nicht, was eine Gedenkstätte ist? Aber es ist viel schlimmer. Wo haben die Verantwortlichen ihren Verstand?
Denkmal und Bild-Text-Schild zusammen sind zu einem Zeugnis der Schande geworden. Man hat nichts gelernt! Zwar steht am Schluss des Textes, es gehe dem Rat der Stadt Kalkar „um die kritische Auseinandersetzung mit ihm, seiner Entstehungsgeschichte und seiner kriegsverherrlichenden Aussage zu ermöglichen und so eine demokratie- und friedensfördernde Wirkung zu erzielen.“ Der Inhalt der Infotafel steht dazu in schändlichem Widerspruch. Noch immer geht es um die „Helden“. Noch immer, denn auch nach mehr als einem Jahrhundert sind die Menschen, die im Ersten Weltkrieg für die Machtgelüsten der Mächtigsten vor die Kanonen und Bajonetten geworfen wurden, unsere „Helden“! Damit wird noch heute dem Hitler-Zitat die Treue gehalten.
„Zeitgeist“ war in den Köpfen der Kriegstreiber
Das Wort „Helden“ wird ausdrücklich damit entschuldigt, dass dies nach dem Ersten Weltkrieg „dem Zeitgeist“ entsprochen habe! Offensichtlich entspricht es auch heute immer noch dem Zeitgeist, denn das Wort steht hier auf der Tafel nicht mal in Anführungszeichen! Das wäre zur klaren und offensichtlichen Distanzierung unbedingt erforderlich gewesen. Man weist auf den „Zeitgeist“ hin. Als wären die hunderttausenden damaligen Hinterbliebenen alle stolz auf ihre „Helden“ gewesen, als wären alle begeisterte Kaiser- und Kriegstreiber-Anhänger gewesen. Nein, es war nicht der „Zeitgeist“, sondern „Zeitgeist“ war es in Köpfen der Kriegstreiber und in den Augen jener, die auch nach Ende des Krieges die Ziele dieses massenhaften Mordens in Ehre halten wollten.
Und was ist mit dem „Zeitgeist“ nach 1945? Kein kritisches Wort darüber, dass noch 1983 die Kriegstoten des Zweiten Weltkriegs jenen „Helden“ hinzugefügt wurden. Ab 1983 sollte das „Helden“-Zitat Hitlers auch für die Verbrechen eines grausamen Eroberungskrieges gelten.
Es wird auf dem unsäglichen Informationsschild dargelegt, wie das heutige Denkmal zustande kam. Da ist die Rede von Gemeinderat, von Gutachterausschuss, von Bezirksregierung, von einer „überregional zusammengesetzten Jury“. Dass es sich in all diesen Fällen um Nazi-Gremien handelte, verschwindet in den Hintergrund.
Der „Amtsbürgermeister Josef Rouenhoff“ genehmigte die für das Kriegsdenkmal erarbeitete Namensliste der „Gefallenen“. Dass auf der von ihm genehmigten Liste auch die Namen von vier jüdischen „Gefallenen“ standen, wird hier als Alibi erwähnt, als sei es diesem „Amtsbürgermeister“ positiv anzurechnen. Nicht erwähnt wird aber, dass es sich bei Rouenhoff um einen NSDAP-Funktionär handelte, um einen Nazi und antisemitischen Rassisten, der Ende 1933 von der NSDAP eingesetzt wurde, obwohl nur eine Ratsminderheit aus NSDAP-Vertretern bestand.
Was für eine Geschichts-Verharmlosung
Im April 1936 seien die Kalkarer Bürgerinnen und Bürger um „Spenden“ angeschrieben worden, heißt es weiter auf dem Infoschild. Dass die NSDAP Druck ausübte, um die Gelder tatsächlich einzutreiben, bleibt unerwähnt. „Am 12. Juli 1936 erfolgte die Einweihung des Denkmals, an der mehrere Einheiten und Gliederungen der NSDAP teilnahmen“. So steht es jetzt wirklich als historische Information auf der Tafel. Unglaublich! Was für eine Geschichts-Verharmlosung und Geschichts-Fälschung! Es nahmen nicht nur „mehrere Einheiten“ der Nazi-Partei teil, sondern es war gerade die NSDAP, die diese Einweihung organisierte und ganz zu ihren Zwecken nutzte.
Im Jahre 2014, 78 Jahre nach Einweihung des Denkmals wies ein Nicht-Kalkarer auf die Herkunft des Zitats hin, das seit 1936 das „Heldentum“ des „Deutschen Soldaten“ hervorhebt. Bis dahin war es keinem einzigen Bürger aufgefallen, keinem Geschichtslehrer, keinem Archivar, keinem Ratsmitglied, niemandem. Jetzt aber will der Rat der Stadt das Denkmal – es sei nochmals zitiert – unverändert belassen, „um die kritische Auseinandersetzung mit ihm, seiner Entstehungsgeschichte und seiner kriegsverherrlichenden Aussage zu ermöglichen und so eine demokratie- und friedensfördernde Wirkung zu erzielen.“
Der Text des Infoschilds ist eine Verhöhnung der Absichtserklärung des Rates. Das Schild sollte unverzüglich entfernt werden. So schreibt der Historiker Ron Manheim, ehem. Vorsitzender des Vereins „Haus der Begegnung - Beth HaMifgash“ Kleve.