Kreis Kleve. Seit dem12. März wird in den Niederlanden die Geschwindigkeit auf Autobahnen peu à peu auf 100 km/h reduziert. Die Bußgelder sind happig.
Stolze 4000 Schilder sind zu wechseln, wo einst auf den niederländischen Autobahnen 120 oder 130 km/h galt, dürfen künftig nur 100 km/h Schilder hängen. Die Niederlande führen am 12. März ein landesweit geltende Geschwindigkeitsreduzierung auf Tempo 100 ein – in der Zeit von 6 Uhr morgens bis 19 Uhr abends.
Bußgelder sind happig
Ursula Neering, Sprecherin des niederländischen Straßenbaulastträgers Rijkswaterstaat, erzählt, dass man bereits seit Wochen damit zugange sei, die Neuregelung umzusetzen. Denn neben den neuen Straßenschildern müssen auch die Überwachungssysteme angepasst werden. Neben den üblichen Blitzern wird es auch weiterhin die so genannte „Trajectcontrole“ („Abschnittskontrolle“) geben. Hierbei wird die Geschwindigkeit von Autos und LKWs auf einer längeren Strecke errechnet. Gemessen wird an zwei Punkten, am Ende wird dann die gefahrene Durchschnittsgeschwindigkeit ermittelt.
Und wer zu schnell fährt, der muss zahlen. Der Bußgeldkatalog ist für deutsche Verhältnisse durchaus happig. Wer 16 km/h zu schnell fährt, zahlt 130 Euro. Im Baustellenbereich sogar 168 Euro. Wer noch schneller unterwegs ist, der zahlt bei Tempo 126 sogar 245 Euro bzw. 310 Euro im Baustellenbereich.
Deutsche Autofahrer sollten also aufpassen. Denn dann werden peu à peu die 4000 Schilder bis Sonntag montiert. Dort, wo eines hängt, da gilt auch die neue Geschwindigkeitsbegrenzung. 800 Mitarbeiter von Rijkswaterstaat seien im Einsatz, um das Projekt umzusetzen, so Ursula Neering.
Es muss nicht länger dauern
Tempo 100 auf der Autobahn, das ist für viele Autofahrer verdammt langsam. Aber die Reisezeit muss sich dadurch keineswegs verlangsamen. Nach Angaben von Rijkswaterstaat beträgt die durchschnittliche Reisegeschwindigkeit bereits heute 90 km/h.
Denn die Autofahrer können wegen Staus und Verkehrsstockungen bereits jetzt nur selten die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 120 oder 130 km/h erreichen.
De facto könne es sogar dazu kommen, dass die Reisezeiten kürzer werden, da sich durch die reduzierte Geschwindigkeit auch weniger Staus ergeben werden. Der Verkehr werde vermutlich einfacher fließen, so Rijkswaterstaat.
Für den Delfter Hochschullehrer Bert van Wee könnte das Tempo sogar auf 90 km/h reduziert werden: „Das ist die ideale Geschwindigkeit, um so viele Auto wie möglich auf einer Autobahn fahren zu lassen.“
In der niederländischen Gesellschaft wird die Maßnahme kontrovers diskutiert. Laut einer repräsentativen Umfrage des Fernsehsenders „Een Vandaag“ sind 46 Prozent der Autofahrer gegen das Tempo 100. Allerdings sind auch nahezu ebenso viele Autofahrer dafür. Zudem geben 46 Prozent der Autofahrer an, dass sie sich nicht an die neue Regelung halten werden. Die Staatsanwaltschaft geht daher von einem starken Bußgeldaufkommen in den nächsten Tagen aus.
Weniger Stickstoffausstoß
Grund für die Neuregelung ist eine deutliche Reduzierung der Stickstoffemissionen. Das oberste Verwaltungsgericht Raad van State hatte die Regierung im vergangenen Jahr auf Grundlage eines Urteils des Europäischen Gerichtshofes dazu gezwungen, deutliche Schritte zur Senkung des Stickstoffausstoßes zu unternehmen, um europäisch geschützte Natura-2000-Gebiete zu bewahren (wir berichteten). Ein Ergebnis ist die Geschwindigkeitsreduzierung. Die Regierung von Mark Rutte geht davon aus, sechs Prozent des Stickstoffausstoßes einzusparen.
Der Protest treibt allerdings auch seltene Blüten. Die Polizei und Rijkswaterstaat richten sich darauf ein, dass viele Tempo-100-Schilder in den nächsten Tagen geklaut oder beschmiert werden. „Wenn dies der Fall sein sollte, dann können wir schnell eingreifen“, sagt Sprecherin Ursula Neering.