Goch. Jan Baumann möchte bei der Gocher Bürgermeisterwahl 2020 für die CDU antreten. Ein Gespräch über ein neues Duell, moderne Verwaltung und Beuys.

Die Bewerber für die CDU-Bürgermeisterkandidatur in Goch werden sich nach den Sommerferien in einer sogenannten „Roadshow“ den Mitgliedern der CDU-Ortsverbände und CDU-Vereinigungen vorstellen. Für den 7. Oktober ist dann die Aufstellungsversammlung geplant. Der Kranenburger Jurist und Rechtsanwalt Jan Baumann hat als Erster sein Interesse bekundet. Warum, das sagt er im NRZ-Interview.

Herr Baumann, bis vor einer Woche schien Ihr Weg zur CDU-Bürgermeisterkandidatur ein Spaziergang zu werden. Dann warf Gabi Theissen als zweite Bewerberin ihren Hut in den Ring. Haben Sie sich mit dem Duell-Gedanken schon angefreundet?

Jan Baumann: Für mich war das nicht so überraschend, wie es von außen schien. Es hat mich nicht gewundert, dass mit Gabi Theissen jemand aus der Stadt Goch gesagt hat: „Das muss doch ein Gocher machen.“ Grundsätzlich halte ich es ohnehin für viel spannender, wenn sich verschiedene Kandidaten vorstellen. Davon lebt eine Demokratie.

Zur Person: Baumann ist seit 2015 CDU-Mitglied

Jan Baumann ist 44 Jahre alt, in Kranenburg geboren und aufgewachsen. Der Vater von zwei Söhnen trat 2015 in die CDU ein, engagiert sich im Kranenburger Orts- und Gemeindeverband, gehört seit 2017 dem Kreisvorstand an und ist zudem Mitglied der CDU-Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung.

Nach der Schule in Kleve studierte Baumann Rechtswissenschaften und Jura in Münster und absolvierte ein Auslandssemester an der Universität in Nimwegen. Während seines Referendariats gehörte unter anderem die Kreisverwaltung Kleve zu seinen Stationen. Seit 2004 ist er als Rechtsanwalt in Kleve tätig.

Hat Sie der späte Zeitpunkt irritiert? Immerhin war die Bewerbungsfrist eigentlich am 4. Juli abgelaufen.

Ja, das war zunächst so. Aber auch wenn ich als Anwalt sonst auf Fristen großen Wert lege, kann ich dies akzeptieren. Dieses klare Signal habe ich auch an Gabi Theissen gesendet. Als ich von ihrer Bewerbung hörte, habe ich sofort zum Hörer gegriffen, sie angerufen und uns beiden einen fairen, kleinen Wahlkampf innerhalb der CDU gewünscht.

Was hat sich konkret für Sie verändert?

Es geht nicht mehr nur darum, mich als Person und meine politischen Ideen vorzustellen, sondern jetzt gibt es einen innerparteilichen Wettbewerb. Das sehe ich nicht als negativ an, aber es ist ein anderes Format.

Empfinden Sie es als Nachteil, anders als Gabi Theissen nicht aus Goch zu kommen?

In Rostock ist ein Däne jetzt Bürgermeister geworden. Und in Goch wurden mit Rudolf Lange und Karl-Heinz Otto zwei Personen gewählt, die zu diesem Zeitpunkt keine Gocher waren, aber aus heutiger Sicht von allen als Gocher wahrgenommen werden. Diese Historie sollte man nicht vergessen.

Wie wollen Sie diesen Beispielen folgen?

Meine Ausgangsbasis ist im Vergleich zu sämtlichen Mitbewerbern eine andere: Die Menschen kennen mich noch nicht. Ich bin aber offen dafür, die Leute kennenzulernen. Ich möchte mir respektvoll anhören, wie die Situation hier ist, aber auch meinen frischen Blick von außen einbringen.

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Steht Ihre Ankündigung, nach Goch zu ziehen, wenn die CDU-Mitglieder Sie als Bürgermeisterkandidaten aufstellen?

Ja. Ich brauche keine gesetzliche Regelung für eine Residenzpflicht. Wenn ich in einer Stadt Verantwortung übernehme, dann lebe ich auch in dieser Stadt. Das ist für mich selbstverständlich.

Welche Rolle spielt der Stadtverbandsvorsitzende und Bundestagsabgeordnete Stefan Rouenhoff bei Ihrer Bewerbung?

Die Findungskommission, deren Mitglied Stefan Rouenhoff ist, hat über meine Person diskutiert. Im Namen der Kommission ist er dann auf mich zugekommen und hat mich so zur Bewerbung motiviert.

Warum haben Sie nicht den naheliegenden Schritt getan und versucht, die Nachfolge von Bürgermeister Günter Steins in Ihrer Kranenburger Heimat anzutreten?

Das war eine ganz bewusste Entscheidung. Anfang des Jahres habe ich mich gefragt, wo die Reise für mich hingehen soll. Da kam auch der Gedanke an eine Kandidatur in Kranenburg. Gerade Unternehmer aus der Gemeinde haben mich ermuntert. Damals gab es in Kranenburg aber noch gar kein offizielles Verfahren. Und wenn der amtierende Bürgermeister aus der eigenen Partei sich noch nicht geäußert hat, ob er sich vorstellen könnte weiterzumachen, gebietet es die Fairness abzuwarten. Etwa zeitgleich hat man mich dann darauf angesprochen, dass man in Goch eine solche Findungskommission schon hat, die auch für Kandidaten von außerhalb offen ist.

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Sie führen als Fachanwalt für Arbeits-, Insolvenz-, Handels- und Gesellschaftsrechts eine Kanzlei in Kleve mit mittlerweile zehn Anwälten und 15 weiteren Mitarbeitern und haben sich auch überregional einen Namen gemacht. Was zieht Sie in die Politik und Verwaltung?

Gerade in meinem Schwerpunkt als Fachanwalt für Insolvenzrecht ist es sehr spannend, Unternehmen in der Krise zu unterstützen. Darüber hinaus berate ich mit der Gestaltung und Prüfung von Verträgen auch sehr lebendige Unternehmen. Das intensive Geschäft der Restrukturierungs- und Sanierungsberatung, gerade mit überregionalen Firmen, läuft allerdings nur über drei bis sechs Monate. Wir haben dann unsere Arbeit getan. Es reizt mich aber, einen Prozess längerfristig zu begleiten.

Was sind aus Ihrer Sicht in der nächsten Zeit die großen Aufgaben in Goch, für die dieser lange Atem nötig ist?

Die Wirtschaftsförderung ist für mich ein Schwerpunkt, aber auch die Entwicklung der Aufenthaltsqualität in der Innenstadt. Das Leben in den unterschiedlichen Ortschaften muss darüber hinaus gefördert werden. Für eine Stadt wie Goch ist es auch sehr wichtig, nicht weit von den Kita-Beiträgen des Kreises entfernt zu liegen, um für junge Familien attraktiv zu sein. Und beim ÖPNV geht es beispielsweise um vergünstigte Tickets und bessere Anbindungen.

Haben Sie Ihre Positionen bereits mit der Spitze von Partei und Fraktion abgestimmt?

Das sind meine persönlichen Vorstellungen, die mir für Goch wichtig sind. Meine Haltung ist, dass ich hinter dem stehen muss, was ich tue. Für meine Standpunkte trete ich leidenschaftlich gerne ein, dafür werbe ich und stelle mich da gerne auch jeder Diskussion. Ich bin überzeugt, dass wir gemeinsam als CDU ein gutes Programm für die Stadt Goch auf den Weg bringen werden.

Was sind Gochs Stärken aus Ihrer Sicht?

Alle lassen sich hier nicht aufzählen, aber beispielsweise die Lage ist ein großer Wettbewerbsvorteil gegenüber Städten wie Kleve: die Autobahnanbindung, aber auch die Nähe zu den Niederlanden, die mir persönlich sehr wichtig ist. Goch hat ein wunderschönes Umfeld und ist damit für den Tourismus interessant. Wo gibt es den größten Nachholbedarf? Die Ortschaften sind Stärke und Herausforderung zugleich. Auch im ländlichen Bereich müssen die Menschen die Möglichkeit haben, mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder anderen Modellen mobil zu bleiben. Und es ist wichtig, Unternehmen noch stärker zu binden und neue für Goch zu gewinnen.

Gochs Alt-Bürgermeister Karl-Heinz Otto (rechts) und der amtierende Verwaltungschef Ulrich Knickrehm bei der Schlüsselübergabe.
Gochs Alt-Bürgermeister Karl-Heinz Otto (rechts) und der amtierende Verwaltungschef Ulrich Knickrehm bei der Schlüsselübergabe. © NRZ

Welchen Eindruck haben Sie von Ulrich Knickrehms bisheriger Amtszeit als Bürgermeister gewonnen?

Aus der Ferne möchte ich nicht mutmaßen. Als Richter habe ich ihn jedenfalls als absoluten Profi kennengelernt.

Wie würden Sie die Sache im Rathaus angehen?

In Zeiten der Digitalisierung möchte ich eine innovative und moderne Verwaltung auf den Weg bringen, die den Bürgern Service bietet und effizient arbeitet. Das geht aber nur, wenn ich das vorlebe. Ich sehe eine Chance in flachen Hierarchien und darin, Hemmungen wie Vorzimmer komplett fallen zu lassen. Es muss erlaubt sein, die bisherige Arbeitsweise zu hinterfragen. Dabei möchte ich aber die Mitarbeiter immer mitnehmen.

Was macht den Privatmenschen Jan Baumann aus?

Ich bin Vater von zwei Jungs, die begeisterte Fußballer sind. Mit ihnen verbringe ich meine Freizeit. Ich sehe mich regional als sehr verwurzelt. Ich bin gerne mit dem Rad oder zu Fuß unterwegs und bin immer wieder begeistert davon, wie schön der Niederrhein ist. Zudem bin ich sehr an zeitgenössischer Kunst interessiert und ein wirklicher Beuys-Fan.

Die in Goch vielleicht wichtigste Frage zum Abschluss: Was bedeutet Ihnen der Karneval?

Ich war in der Vergangenheit in Kranenburg in der Krunekroane diverse Male in der Garde und habe einmal als Adjutant auch intensiver den Gocher Karneval kennengelernt, den ich sehr schätze. Goch ist als Karnevalshochburg am Niederrhein sehr weit vorne.