Kleve. Für die neue E-Radbahn zwischen Kleve und Kranenburg muss ein Kahlschlag erfolgen. Stadt spricht auf Anfrage von nur 195 zu fällenden Bäumen.

Für die Erstellung der E-Rad-Bahn zwischen Kleve und Kranenburg müssen 1547 Bäume gefällt werden. Dies teilte jetzt die Klever Kreisverwaltung der NRZ mit, unter Verweis auf den landschaftspflegerischen Begleitplan. Wie bereits am Samstag berichtet, teilte die Stadt Kleve der NRZ schriftlich mit, dass 35 000 Quadratmeter Grün entfernt werden müssen, darunter auch 195 Bäume. Warum die Stadtverwaltung 195 Bäume angibt, obwohl 1547 gefällt werden müssen, bleibt unklar. Auf NRZ-Nachfrage hieß es: „Wir befinden uns derzeit noch in einem laufenden Verfahren, welches in der kommenden Woche auch im Naturschutzbeirat [des Kreises, Anm. d. Redaktion] beraten wird. Dieser Verfahrensschritt sollte zunächst durchgeführt werden. Im Anschluss können wir gerne Ihre Fragen beantworten.“

Der Kreis Kleve teilte der NRZ ferner mit, dass die Stadt umfangreiche Unterlagen zur E-Rad-Bahn vorgelegt hat. Die Gutachten seien von der Unteren Naturschutzbehörde inhaltlich geprüft worden. So komme unter anderem das Artenschutzgutachten zum Schluss, dass von den planungsrelevanten Arten in der Tat nur die Nachtigall erheblich betroffen ist.

Beleuchtung wegen Artenschutz nur an Knotenpunkten

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Weiterhin vorgesehen ist eine Beleuchtung der Strecke innerorts von Kleve und Kranenburg. Aus Gründen des Artenschutzes wird auf eine Beleuchtung außerhalb der Gemeindegrenzen verzichtet und nur an den Knotenpunkten durchgeführt.

Für die Natura-2000-Gebiete Kranenburger Bruch und das Vogelschutzgebiet Unterer Niederrhein sei eine Vorprüfung hinsichtlich der Verträglichkeit nach der FFH-Richtlinie erfolgt, so der Kreis. Man habe keine negativen Auswirkungen für die Naturschutzgebiete gesehen. Vertiefende Untersuchungen seien daher nicht erfolgt. Auch eine Umweltverträglichkeitsprüfung wurde nicht durchgeführt.

Durch die Rodung der Bäume, Hecken und Sträucher entstehe ein Ausgleichsbedarf von 35 677 Ökopunkten. Der Eingriff könne daher nicht an Ort und Stelle ausgeglichen werden, so der Kreis. Der Ausgleich müsse entweder über die bestehenden Ökokonten der Stadt Kleve und der Gemeinde Kranenburg erfolgen oder durch Nachweis von Ersatzmaßnahmen außerhalb der Bahntrasse.

Erhebliche Auswirkungen auf das Landschaftsbild

Aus Sicht der Unteren Landschaftsbehörde stellt die Bahntrasse einen wichtigen linienhaften Bestandteil des Biotopverbunds dar, „dessen Funktion durch die Rodungsmaßnahmen eingeschränkt wird. Es ergeben sich zum Teil auch erhebliche Auswirkungen auf das Landschaftsbild, da die Gehölze entlang der Bahntrasse als grünes Band im Bereich zwischen B9 und Düffelniederung wahrgenommen werden“, so der Kreis in einer Stellungnahme.

Der Kreis weist darauf hin, dass die Fällarbeiten nur bis zum 28. Februar durchgeführt werden dürfen. Der Eingriff ins Landschaftsbild sei durch entsprechende Ausgleichspflanzungen zu kompensieren. Für die Nachtigall sei vor Baubeginn auf einer Ackerfläche in einer Größe von 3000 Quadratmetern eine Maßnahme des Artenschutzes vorzunehmen (so genannte CEF-Maßnahme). Für die Baumaßnahme müsse eine fachkundige Person abgestellt werden, die für die Einhaltung des Biotop- und Artenschutzes zu sorgen hat. Nach Möglichkeit sei der bestehende Schienenweg für die Baumaßnahme zu nutzen.

>>> KOMMENTAR: Kritische Fragen erwünscht

Die Planungen der E-Radbahn zwischen Kleve und Kranenburg können schon verwundern. Obwohl jeder weiß, dass sich entlang der Draisinenstrecke in den vergangenen Jahren eine üppige Vegetation entwickelt hat, wurde in den politischen Gremien kaum über die Auswirkungen des neues Radweges gesprochen. Weder wurden die Ratsmitglieder – trotz Nachfrage – ausführlich über die Fällarbeiten unterrichtet, noch wurde eine Umweltverträglichkeitsprüfung für die Zerstörung des Biotopverbundes durchgeführt. Lediglich eine Vorprüfung wurde veranlasst. Man hat schon mal für weniger Naturbeseitigung genauer hingeschaut.

Auch eine Debatte über Kosten und Nutzen dieses Projektes wird vermisst. 5,1 Millionen Euro werden für einen Radweg ausgegeben, der dann von wie vielen Menschen tatsächlich genutzt wird? Wer die vorhandene Trasse zwischen Kranenburg und Heumensoord bei Nimwegen zum Maßstab nimmt, muss feststellen, dass diese im Sommer nur von wenigen Menschen genutzt wird. Und gibt es nicht bereits einen Radweg entlang der B 9? Keine Radbahn, ja, aber eine direkte Verbindung zwischen Kleve und Kranenburg. Und wer eine schöne Strecke nach Nimwegen fahren möchte, der kann die tollen Deichwege im Ooijpolder nutzen. Als Steuerzahler hätte man vom Stadtrat eine konstruktive, öffentliche Debatte über Alternativen erwarten dürfen. Denn welchen Klimanutzen darf man erhoffen, wenn 1547 Bäume und viele Hecken gefällt werden müssen, um einen Radweg anzulegen? Darüber hätte diskutiert werden müssen. Gestern teilte die Stadt mit, dass man von einer CO2-Einsparung von 539 Tonnen im Jahr ausgehe.

Trotz der jetzt auf dem Tisch liegenden Zahlen über die Rodung von Bäumen und Hecken wird sich an der Planung nichts ändern. Weder die Politik in Kleve noch die Verwaltung haben ein Interesse daran, kritische Fragen zu stellen. Man will jetzt den Radweg und die 5,1 Millionen Euro Fördergelder abgreifen – egal ob das sinnvoll ist oder nicht.