Kleve. . Im Januar 1814 zogen die französischen Besatzer aus Kleve ab. Johann August Sack hat die Stadt auf die erneute Preußenzeit vorbereitet.
Die Zeit der französischen Herrschaft endete in Kleve am 5. Januar 1814, als Marschall MacDonald mit den Truppen, die er hier ab November 1813 nach der verlorenen Völkerschlacht bei Leipzig um sich gesammelt hatte, in Richtung Geldern abzog. Das verlief ordentlich und es fand sogar eine förmliche Schlüsselübergabe an die Klever Kommunalverwaltung statt. Das war das Verdienst des damaligen Bürgermeisters Jean Joseph Johann. Dieser stammte aus Lüttich und war bis 1794 Kapitän in der französischen Revolutionsarmee gewesen. Ab 1797 hatte er u.a. als Regierungskommissar mit Sitz in Geldern und Bürgermeister von Grieth gewirkt, bevor er 1812 Bürgermeister von Kleve wurde.
Jetzt verließ auch er die Stadt, gemeinsam mit den französischen Beamten. Die meisten Beamten deutscher Herkunft blieben jedoch auf ihr en Posten. Die Leitung der Verwaltung in der Stadt und im Arrondissement Kleve übernahm vorläufig der bisherige erste Beigeordnete von Kleve, Christian Friedrich von der Mosel. Er sollte ab 1816 der erste Landrat des Kreises Kleve werden.
Angst vor russischer Besetzung
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Den Klevern stellte sich am 5. Januar 1814 die Frage: Was nun? Über das Ende der französischen Besetzung waren sie sicherlich erleichtert. Es trauerte wohl kaum jemand den damit verbundenen Einquartierungen, den Zwangsrekrutierungen für Napoleons Armee oder den französischen Steuern nach. Außerdem durfte man sich jetzt das Ende der britischen Kontinentalsperre, die eine Wirtschaftskrise herbeigeführt hatte, erhoffen. Wie würden sich aber die Truppen der verbündeten Mächte, die Napoleon vertrieben hatten, benehmen und wie sah die weitere Zukunft Kleves aus?
Die Aussicht, von russischen Kosaken besetzt zu werden, hatte bereits im Vorfeld für Angstvisionen gesorgt und als sie dann in Kleve eingezogen waren, erwiesen sie sich tatsächlich manchmal als zügellos. Sie zogen aber nach einiger Zeit weiter in Richtung Paris. Eine herbe Enttäuschung stellte danach jedoch das Benehmen der preußischen Besatzung dar. Diese benahm sich anmaßend und legte Willkür und Rücksichtslosigkeit an den Tag. Ein britischer Beobachter sprach sogar von einem Terrorsystem, das die Stadt ruiniere.
Kleve war ab 1801 ein Teil von Frankreich
Die Preußen und die Klever waren sich fremd geworden. Aus preußischer Sicht hatten die Letzteren sich seit 1794 „ganz zu Franzosen“ entwickelt. Tatsächlich waren Kleve und der linke Niederrhein nicht nur militärisch von den Franzosen besetzt worden, sondern man hatte hier ab 1797 auch eine französische Zivilverwaltung eingeführt.
Mit Bitterkeit schauten viele Klever auf den Baseler Frieden von 1795 zurück, als Preußen den linken Niederrhein aus ihrer Sicht an Frankreich verschachert hatte. Ab 1801 war dieses Gebiet dann formell ein Teil von Frankreich geworden. Es war eine ganze Generation herangewachsen, die keine Erinnerung an die Vorzeit mehr hatte und viele Beamte hatten ihre gesamte Karriere im neuen System gemacht. Von dessen Errungenschaften im Bereich von Recht, Gesetz und Verwaltung mochte man sich vielfach nicht mehr verabschieden.
Wieder Regierungssitz
Es half, dass der Generalgouverneur, der ab Frühjahr 1814 den linken Niederrhein für die Verbündeten von Aachen aus verwaltete, ein gebürtiger Klever war: Johann August Sack. Er bereitete den Niederrhein quasi auf die förmliche Besitznahme durch Preußen als Ergebnis des Wiener Kongresses vor. Diese fand am 15. April 1815 in Aachen statt und aus diesem Anlass feierte man auch in Kleve. Ein „Zug“ von „Beamten und Militärpersonen“ wohnte an diesem Pfingstmontag u.a. Festgottesdiensten in verschiedenen Kirchen bei. Er sah sich allerdings außerstande, auch die Synagoge zu besuchen. Die Mennoniten wurden später besucht.
Sack hat maßgeblich dazu beigetragen, dass die Stadt Kleve, die unter den Franzosen in den Rang des Sitzes eines Unterpräfekten herabgesunken war, 1816 wieder zum Regierungssitz wurde. Daneben bewirkte eine durch von der Mosel geleitete städtische Delegation beim preußischen König, dass ein neu einzurichtendes Oberlandesgericht für die Provinzen Kleve und Berg seinen Sitz nicht in Emmerich erhalten sollte, wie ursprünglich geplant, sondern in Kleve. Übrigens soll der Gerichtspräsident Werner Reinhard Bernhard von Müntz hierbei eine wichtige Rolle im Hintergrund gespielt haben. Er hing an Kleve. Hier war er früher Regierungsrat gewesen und in der hiesigen Goldstraße besaß er noch eine vornehme Privatwohnung: das vormalige Blaespielsche Haus.
Der neue Standort für das Oberlandesgericht erwies sich als Fehlgriff. Am linken Niederrhein sollte das rheinische Recht, das weitgehend französisch beeinflusst war, gelten. Das Oberlandesgericht hatte aber nach preußischem Recht zu urteilen und dieses hatte auf der rechten Rheinseite Geltung. Deshalb wurde das Oberlandesgericht bereits 1819 nach Hamm verlegt. Zwei Jahre später fiel die Klever Bezirksregierung einer Verwaltungsreform zum Opfer: der Regierungsbezirk Kleve kam zu Düsseldorf. Es zogen mindestens 80 Beamtenfamilien aus Kleve weg. Der städtische Häusermarkt brach ein und die Klever Wirtschaft musste sich neu orientieren.