Kleve. . Von 1794 bis 1814 herrschte Frankreich über Kleve. Sogar Napoleon ließ sich in der Schwanenstadt blicken.
Die Franzosen brachten ein Geschenk mit. Den Freiheitsbaum. Mitte November 1794 errichteten sie ihn auf dem Klever Marktplatz. Man sang die Marseillaise. Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit sollten fortan auch unter den Klever Bürgern herrschen. „In diesem Taumel ergriffen die Brüder vom sogenannten Pöbel oft den Arm ihrer Vorgesetzten und drehten sich mit ihnen in wilden Kreisen um den Freiheitsbaum herum, und der Beamte durfte sich nicht weigern, um seinen […] Bürgersinn nicht verdächtig zu machen“, schreibt der fleißige Beobachter Johan Arnold Kopstadt in seinem Buch „Über Cleve, in Briefen an einen Freund“.
So weit war es nun also gekommen. Die Französische Revolution hatte sich bis an den Rhein ausgedehnt. War der Freiheitsbaum ein vergiftetes Geschenk? Tja. Im Gegenzug holzten die Franzosen einige schöne Alleen ab, die seit Johann Moritz von Nassau die Stadt schmückten. In der Stiftskirche richteten sie ein Pferdelager ein. Der sogenannte Pöbel war begeistert. Er riss den Eisernen Mann vom Sockel, verwüstete das Amphitheater und die Wasseranlagen.
"Ins Feuer damit!"
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Überhaupt war alles Herrschaftliche den alten und neuen Freien, Gleichen, Brüderlichen ein Dorn im Auge. Vor allem also die Schwanenburg. Weg mit den Wappen, Emblemen und Bildern ehemaliger Landesherren! Ins Feuer damit! Und wo man gerade beim Demolieren war: Das Blei von den Dächern ließ sich zu Geld machen, also plünderte man es. Ein paar Jahre später riss man schließlich große Teile der heruntergekommenen Burganlage ab. Dass man den Spiegelturm stehenließ, hatte seinen Grund wohl darin, dass man ihn als Gefängnis benutzte.
„Bonaparte […] wurde im Jahre 1800 auch für Kleve merkwürdig, dass unsere, noch im vorhergehenden Jahre 1799 so ungewiss und schwankend gewesene, politische Lage unter seinem Konsulate nun völlig bestätigt, und den Clevern vom alten Schrot und Korn die Hoffnung ganz abgeschnitten wurde, je wieder Deutsche und Preußen zu werden“, schreibt Kopstadt. In der Tat, Napoleon, nunmehr Kaiser, ließ sich 1811 gar in Kleve sehen. Kopstadt, vor dessen Fenstern in der Kavarinerstraße der Wagenzug zufällig kurz hielt, war mächtig stolz, diesen „welthistorischen Schreckensmann“ genau mustern zu können.
Als man auf die klevischen Truppen keinen Pfifferling gab
Aber da war Napoleon schon in Gedanken in Russland, was ihm und so vielen seiner getreuen Soldaten nicht gut bekam. Und als er schließlich 1815 in Waterloo sein Comeback versuchte, waren die Klever schon wieder zu Preußen geworden. Aber offenbar zu so schlechten Preußen, dass man auf die klevischen Truppenteile keinen Pfifferling gab – etwa ein Fünftel der Klever Soldaten desertierte. Dabei war es den Klevern unter den Franzosen materiell eigentlich gar nicht gut gegangen. Die Provinzen wurden ausgepresst, um den Expansionsdrang des Kaisers zu ermöglichen.
Was blieb nun von dieser zwanzigjährigen Episode? Ein Rechtssystem – der Code Napoleon -, den die Rheinländer zunächst beibehielten. Zudem hatte man in fortschrittliche Verwaltungsorganisation hineingeschnuppert und ein modernes Katasterwesen kennengelernt. Das metrische System hielt Einzug. Die „typisch niederrheinischen“ Pappelalleen hatten Hochkonjunktur. Und es gibt die Erinnerung an einen Klever, der in der französischen Nationalversammlung mitgemischt hatte: Anarchasis Cloots.
Ein großes Thema ist ferner die Säkularisation. 1802 wurden die vier rheinischen Departements offiziell Teile der französischen Republik. Klöster, Abteien und Stifte mussten ihre Tore schließen und wurden versteigert. In Kleve betraf das den Marienstift, das Minoritenkloster, das Kapuzinerkloster, den Kollegiatstift, außerdem das Kloster der Franziskanerinnen in Griethausen. Die Kirche hatte Macht und etliche Pfründe verloren. Ihre große Zeit war definitiv vorbei.