Goch. . Am Landgericht Kleve läuft ein Sicherungsverfahren gegen einen Niederländer wegen Totschlags. Er hatte in Goch seine Partnerin erstochen.
Fragend lässt der ältere Herr seinen Blick durch den Gerichtssaal schweifen, wirkt zeitweise leicht geistesabwesend. Allmählich scheint der 65-jährige Niederländer das Unfassbare zu begreifen: Mutmaßlich aufgrund einer psychischen Erkrankung hatte der Beschuldigte am 9. Oktober vergangenen Jahres seine 68-jährige Lebensgefährtin in der gemeinsamen Seniorenwohnung am Redonplatz in Goch getötet – mit einem Küchenmesser stach er mehrfach auf die Gocherin ein, die noch am Tatort ihren Verletzungen erlag. Die Bluttat hatte im Herbst im Kreis Kleve für breites Entsetzen gesorgt. In einem Sicherungsverfahren wegen Totschlags beschäftigt sich nun die 4. große Strafkammer (Schwurgericht) am Landgericht Kleve unter Vorsitz von Richter Jürgen Ruby mit dem Fall.
Unisono beschreiben Zeugen den Mann als geselligen und hilfsbereiten Zeitgenossen; in den Seniorenwohnungen am Redonplatz hatte er acht Jahre lang gar Verantwortung als Hausmeister übernommen. Die Beziehung der beiden galt als harmonisch. „Ich habe diese Frau geliebt“, beteuert auch der 65-Jährige in seiner Einlassung. „Wir wollten gemeinsam noch etwas erleben.“ Als er seine Lebensgefährtin reglos auf dem Boden liegen sah, habe auch er nicht mehr leben wollen, gibt er an – somit richtete er das Messer schließlich gegen sich selbst.
Stimmen im Kopf wollten nicht verstummen
Dabei fällt es dem Beschuldigten sichtlich schwer, die Dämonen in seinem Kopf in Worte zu fassen. „Ich habe mich beobachtet und gefilmt gefühlt. Für mich war das die Wahrheit“, bringt er stockend hervor. Eine Stimme habe ihm Befehle gegeben, dass sie beide sterben müssten. Eine Stimme, die nicht verstummen wollte und immer lauter wurde. Ein Bekannter wird sich später an erste Anzeichen erinnern, die für einen bedenklichen Geisteszustand des Mannes sprachen. Abends sei dieser stets mit einem Messer zu Bett gegangen.
Blutüberströmt klingelte der frühere Gas- und Wasserinstallateur nach der Tat bei seiner Nachbarin. „Er ist noch da!“ warnte er die Rentnerin in seinem Verfolgungswahn und rief am Ende selbst die Polizei. Man kann wohl nur ahnen, was für ein Trauma die 88-Jährige an jenem Morgen durchlitten hatte. „Ich dachte, er wolle mir helfen. Angst habe ich erst bekommen, als ich das Messer in seiner Hand entdeckt habe“, erinnert sie sich. Schließlich brach ihr Nachbar zusammen, Rettungskräfte brachten ihn ins Krankenhaus, wo er von Polizisten umgeben aufwachte. Wie oft er denn zugestochen habe, will Staatsanwalt Hirneis wissen. Antwort: „Ich weiß nicht genau, aber das habe ich ja schriftlich.“
Beschuldigter neigte zu krankhafter Eifersucht
Eine Ex-Freundin des Beschuldigten zeichnet ein anderes Bild: Während ihrer Beziehung, die fast 14 Jahre zurückliegt, habe der Niederländer zu krankhafter Eifersucht geneigt und ihr mehrfach nachgestellt. „Den Begriff Stalking gab es damals ja noch nicht“, berichtet die frühere Arzthelferin unter Tränen. Auch seinen Alkoholkonsum habe ihr Partner nicht im Griff gehabt, immer wieder sei er nachts volltrunken aus der Kneipe nach Hause gekommen. „Ich wusste, dass ich die Reißleine ziehen musste.“ Ein psychiatrischer Gutachter wird am 20. April eine Einschätzung zu dem Fall abgeben.