Essen-Margarethenhöhe. Zustimmung, aber auch Wut, gab es für die Organisatoren der Demo gegen Falschparker auf einem Gehweg auf der Margarethenhöhe in Essen.

Die Aktion war angekündigt, und das zeigte teilweise Wirkung: An der Sommerburgstraße auf der Essener Margarethenhöhe standen während der Demonstration von Fuss e.V. und Radentscheid Essen deutlich weniger Autos auf dem Gehweg als zu anderen Zeiten. Hinter diesen Fahrzeugen platzierten die Aktivisten blaue Luftballons, beschwert mit Sandsäcken.

Zwischen Margarethenbrücke und Lührmannstraße reiht sich normalerweise ab nachmittags Pkw an Pkw. Vielleicht sind die Lücken auch größer, weil einige Anwohner über den Brückentag verreist sind.

Essener Demo gegen Falschparker setzt auf Ballon-Markierung

Rund 20 Teilnehmerinnen und Teilnehmer der angemeldeten Demonstration stellen die vorbereiteten Luftballons an den Fahrzeugen ab, die verbotswidrig komplett auf dem Gehweg stehen. Deren Halter lassen sich zu Anfang der Aktion nicht blicken. Erst später habe man Beschimpfungen hinnehmen müssen, berichtet Organisator Wolfgang Packmohr von Fuss e.V. im Anschluss an die Demo.

Eine Anwohnerin sei so aufgebracht gewesen, dass sie mehrere Ballons mit der brennenden Zigarette zerstört und die Sandsäckchen in ihre Mülltonne geworfen habe. „Dank der Intervention des die Demonstration begleitenden Polizisten, bekamen wir die handgenähten Sandsäckchen wenigstens wieder“, so Packmohr, der sich nach eigener Aussage auch habe anhören müssen, er sei AfDler und wolle nur Unruhe stiften vor den Europawahlen.

Der Austausch der Argumente mit einigen Passanten findet dagegen eher sachlich statt, es gibt aber durchaus verschiedene Meinungen.

Anwohner Peter, der seinen Nachnamen nicht nennen möchte, ist auf den Rollstuhl angewiesen. Er kommt eigentlich gut klar und hat sogar Verständnis für die Autofahrer, die auf dem Gehweg parken. Schlimmer seien zugeparkte Bordsteinabsenkungen.
Anwohner Peter, der seinen Nachnamen nicht nennen möchte, ist auf den Rollstuhl angewiesen. Er kommt eigentlich gut klar und hat sogar Verständnis für die Autofahrer, die auf dem Gehweg parken. Schlimmer seien zugeparkte Bordsteinabsenkungen. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Während die einen die Aktion gut finden und Maßnahmen für überfällig halten, finden andere sie übertrieben. Zu letzteren gehört auch Peter, der seinen Nachnamen nicht nennen möchte. Er wohnt selbst an der Sommerburgstraße, ist auf den Rollstuhl angewiesen. „Eigentlich komme ich hier ganz gut klar“, sagt er und begleitet die Demo-Teilnehmer zum Beweis ein ganzes Stück. „Ein Problem ist allerdings, wenn vor dem Haus eine Treppe bis auf den Gehweg ragt und dann jemand davor parkt. Dann geht für mich nichts mehr“, sagt er und zeigt eine entsprechende Situation.

Rollstuhlfahrer auf der Essener Margarethenhöhe ärgert sich über zugeparkte Bordsteinabsenkungen

Viel schlimmer seien zugeparkte Bordsteinabsenkungen, da komme er oft nicht weiter. „Sechs Zentimeter Höhenunterschied schaffe ich, aber oft ist der Bordstein deutlich höher.“ Die Autos auf dem Gehweg seien nicht schön, „aber wo sollen die Leute denn parken“, äußert er ein gewisses Verständnis für die Falschparker und erntet dafür Kopfschütteln seitens der Aktivisten.

Die haben in den vergangenen Tagen schon rund 700 Flyer im Umfeld verteilt. Mit der Luftballonaktion – die Ballons an Schnüren sollen die Autos nicht berühren –wollen sie auf ihr Anliegen aufmerksam machen. Das Argument, dass bei der Entstehung der heute denkmalgeschützten Gartenstadt vor über 100 Jahren noch niemand mit so vielen Autos rechnete, lassen sie nicht gelten.

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Wolfgang Packmohr von Fuss e.V. will weiter dafür kämpfen, dass die Autos von den Gehwegen verschwinden.
Wolfgang Packmohr von Fuss e.V. will weiter dafür kämpfen, dass die Autos von den Gehwegen verschwinden. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

„Wer sich ein Auto anschafft, muss sich vorher überlegen, wo er es abstellen kann“, findet Dietmar Rudolph, der sich für Fuss e.V. engagiert und die Website StVU.info mit „Informationen zur StraßenverkehrsUNordnung“ betreibt.

Wolfgang Packmohr von Fuss e.V. kommt es darauf an, Bewusstsein für das Problem zu wecken. „Es ist aber noch ein langer Weg“, weiß er. Nicht immer stießen solche Aktionen wie die Luftballon-Demo auf Zustimmung. Oft werde er angefeindet: „Wir bekommen auch ganz böse Zuschriften.“

Video von Luftballon-Demo in Essen

Falschparker: An vielen Stellen in Essen bleibt auf dem Gehweg nicht genug Platz für Fußgänger

Dennoch sei das Anliegen wichtig: An vielen Stellen bleibt auf dem Gehweg nicht genug Platz für Menschen mit Rollstuhl, Rollator oder Kinderwagen. Auch für radfahrende Kinder bis acht Jahre in Begleitung eines Erwachsenen werde es auf dem Gehweg oft schwierig. „Es kann nicht sein, dass man Kinder zwingt, auf der Straße zu fahren“, ärgert sich Dietmar Rudolph. Auch vielen anderen bleibe nur der gefährliche Weg um die Autos herum auf der Fahrbahn.

Dass die SPD im Stadtteil jetzt Tempo 30 für die Sommerburgstraße fordert, findet Wolfgang Packmohr zwar im Prinzip positiv. Es löse das Problem aber nicht. „Wenn ich mit Tempo 30 überfahren werde, ist vielleicht die Chance größer, zu überleben, aber überfahren werde ich ja trotzdem“, sagt Packmohr.

Anwohner Ralf Biecker ist derzeit auf den Rollator angewiesen. Er findet, dass die Anwohner meist so parken, dass man noch vorbeikomme.
Anwohner Ralf Biecker ist derzeit auf den Rollator angewiesen. Er findet, dass die Anwohner meist so parken, dass man noch vorbeikomme. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Um die engen Nebenstraßen, wo sowieso deutlich langsamer gefahren werde, gehe es ihnen nicht. Das Hauptproblem sei die Situation an der Sommerburgstraße. Es habe dazu bereits Gespräche mit Stadt, Polizei und Margarethe-Krupp-Stiftung gegeben. „Es gibt hier ja durchaus noch Ecken, wo man zusätzliche Parkplätze schaffen könnte, wenn man die vorhandenen Verkehrsflächen anders aufteilen würde. Man muss neu denken. Wir wollen den Leuten das Auto ja nicht wegnehmen“, erklärt Packmohr, der nach eigenen Angaben als Fußgänger, Motorrad- und Radfahrer, als Nahverkehrsnutzer und Autofahrer unterwegs ist.

Ein Quartiersparkhaus in Essen könnte eine Lösung sein

Eine Lösung könnte ein Quartiersparkhaus sein, wie es seit Jahren immer wieder diskutiert werde. Das Problem: Baue man nach unten in die Erde, werde es sehr teuer, baue man nach oben, könnte es Schwierigkeiten mit dem Denkmalschutz geben, auch wenn nicht alle Bereiche der Margarethenhöhe darunter fielen.

Die Ballons wurden so hinter den Fahrzeugen aufgestellt, dass sie die Autos nicht berührten.
Die Ballons wurden so hinter den Fahrzeugen aufgestellt, dass sie die Autos nicht berührten. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Bleibt die Frage, ob ein Parkhaus, das womöglich 200 Euro im Monat an Miete kosten würde, dann auch genutzt werde. „Auch solche Flächen sind eine Option“, sagt er und zeigt auf die große Rasenfläche vor der katholischen Kirche „Zur Heiligen Familie“, wohl wissend, dass auch solche Ideen nicht bei jedem gut ankämen. Poller entlang der Sommerburgstraße könnten auch sehr effektiv sein, findet Packmohr.

Ein Anwohner hat noch eine andere, vielleicht nicht ganz ernst gemeinte, Idee angesichts der oft verspäteten U 17 vor dem Haus: „Die Bahn kann weg, stattdessen Busverkehr, und man hätte auf der Bahntrasse jede Menge neuer Parkplätze.“ Ralf Biecker, der vorübergehend auf den Rollator angewiesen ist, glaubt, dass es vorwiegend Ortsfremde sind, die rücksichtslos parken. „Die Anwohner hier parken so, dass man vorbeikommt.“

Auch in Essen-Rüttenscheid haben Fußgänger oft nur wenig Platz

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Christiane Pütz, die ebenfalls Ballons verteilt, sieht die Sommerburgstraße nur als ein Negativbeispiel. „Auch in der Julienstraße in Rüttenscheid ist die Situation unerträglich. Da ragen die viel zu großen Autos viel zur weit auf den Gehweg.“ Sie fährt selbst kein Auto, kann sich aber gut ein Quartiersparkhaus vorstellen, wie es in anderen europäischen Großstädten gut funktioniere und sogar dazu beitrage, die Zahl der Autos zu reduzieren, weil es dort oft Carsharing-Angebote gebe.

Gudrun Jansen vom Radentscheid findet: „Die Straße ist für Autos, der Gehweg für Fußgänger.“ Adrian Mickel wohnt in Holsterhausen, ist aber mit seinem Schwiegervater, der im Rollstuhl sitzt, auf der Margarethenhöhe unterwegs. Das Verhalten vieler Autofahrer kann er nicht nachvollziehen: „Ich würde nie auf dem Gehweg parken. Dann muss man halt woanders einen Parkplatz suchen und den Rest der Strecke laufen.“

Marco Hoffmann vom Radentscheid Essen half bei den Vorbereitungen.
Marco Hoffmann vom Radentscheid Essen half bei den Vorbereitungen. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Wolfgang Packmohr und seine Mitstreiter und Mitstreiterinnen planen schon weitere Schritte. „Wir machen auf jeden Fall weiter, bis sich die Situation verändert hat.“ Man werde sich dafür einsetzen, dass die Stadt an Orten wie der Sommerburgstraße vermehrt Strafzettel schreibe. 55 bis 70 Euro kostet das Parken auf dem Gehweg, bei Behinderung von Fußgängern gibt‘s einen Punkt in Flensburg.

Falschparker in Essen: Künftige Aktionen sollen nicht mehr angekündigt werden

Zukünftige Aktionen wie eine geplante Demo mit Kinderwagen, Rollstühlen, geschobenen Fahr- und Lastenrädern werde man zeitlich demnächst nicht mehr ankündigen. Man erwarte, dass die Stadt dafür sorge, dass der Gehweg dann nutzbar sei, sagen die Aktivisten und gehen davon aus, dass in einem solchen Fall auch abgeschleppt werde.

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