Essen. Ihr Vater kommt aus Essen, doch die Luke und Levi bekommen keinen deutschen Pass, weil sie einen Doppelnamen haben. Das neue Namensrecht hilft.

Lars Brauer ist gebürtiger Essener und lebt schon seit zwei Jahrzehnten in den USA, doch in jüngster Zeit hat er die deutsche Politik besonders aufmerksam verfolgt – zuletzt mit „großer Freude“. Dass der Bundesrat am Freitag (17. Mai) das neue Namensrecht bestätigt hat, betrifft auch seine dreieinhalbjährigen Zwillinge Luke und Levi. Die tragen einen Doppelnachnamen, der bisher nach deutschem Recht nicht zulässig war. Das zuständige Standesamt Essen weigerte sich daher, den Namen anzuerkennen. Darum konnte auch kein deutscher Pass für sie ausgestellt werden, sodass sie noch nie zu den Großeltern in Essen reisen konnten.

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Zu restriktiv und nicht mehr zeitgemäß sei das alte Namensrecht, findet Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP). Das neue Gesetz aus seinem Haus enthält daher einige Lockerungen, so können Eltern ihren Kindern künftig einen Doppelnamen geben, der sich aus ihren Familiennamen zusammensetzt. „Dies haben wir am Wochenende mit einem schönen Essen und ein paar Cocktails gefeiert, da meine Eltern im Moment zufällig bei uns in Los Angeles zu Besuch sind“, erzählt Lars Brauer.

Dies haben wir am Wochenende mit einem schönen Essen und ein paar Cocktails gefeiert, da meine Eltern im Moment zufällig bei uns in Los Angeles zu Besuch sind.“
Lars Brauer freut sich über das neue Namensrecht, das nun auch Doppelnachnamen für Kinder ermöglicht.

Schließlich wollen Brauer und seine amerikanische Partnerin Lourdes Teh mit dem Doppelnamen Teh-Brauer die Familienzusammengehörigkeit dokumentieren. In den USA war die Eintragung kein Problem, und auch das strikte deutsche Namensrecht bot eine Ausnahme, auf die sich die Familie verließ: Wenn nämlich ein Elternteil eine ausländische Staatsbürgerschaft hat, ist es möglich, die Namensführung seines Heimatlandes zu wählen.

Deutsch-amerikanische Familie: Lars Brauer aus Essen mit seiner Partnerin Lourdes Teh und den Zwillingen Luke und Levi Teh-Brauer.
Deutsch-amerikanische Familie: Lars Brauer aus Essen mit seiner Partnerin Lourdes Teh und den Zwillingen Luke und Levi Teh-Brauer. © Joanne Leung Photography | Joanne Leung Photography
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Doch das verweigerte das Standesamt Essen: „Die nach amerikanischem Recht beurkundete Namensführung kann nicht ins deutsche Recht übertragen werden“, erklärte Stadtsprecherin Silke Lenz im Frühjahr 2022. Ausgerechnet das US-Namensrecht dürfe man in Deutschland nicht anwenden, weil es auch „Fantasienamen ohne erkennbaren familiären Bezug“ zulässt. Das gelte auch, wenn die Eltern wie Familie Teh-Brauer gar keinen Fantasienamen wählen.

Neues Namensrecht gilt ab Mai 2025

Bislang können Eltern in Deutschland ihren Kindern keinen Doppelnachnamen geben, der sich aus ihren Familiennamen zusammensetzt. Mit einer Ausnahme: Hat ein Elternteil keine deutsche Staatsbürgerschaft, kann das Namensrecht seines Heimatlandes gewählt werden. US-Namensrecht wird bisher trotzdem nicht angewandt, weil es auch „Fantasienamen ohne erkennbaren familiären Bezug“ zulässt. An dieser Einschränkung scheiterte das deutsch-amerikanische Elternpaar Lars Brauer und Lourdes Teh bisher.

Lars Brauer weist darauf hin, dass das neue deutsche Namensrecht, das ab 1. Mai 2025 gilt, nicht nur Doppelnamen zulässt. Vielmehr habe der Gesetzgeber auch sichergestellt, „dass die Wahl der amerikanischen Rechtsordnung (wieder) möglich ist“. Die Begründung des Gesetzes mache sogar deutlich, dass die Ablehnung des US-Rechts schon bisher nicht gedeckt war: So heiße es in der Gesetzesbegründung (S. 42-43), „dass mit der Neuregelung [...] klargestellt [wird], dass die Rechtswahl nach Absatz 3 [...] nicht beschränkt ist auf Rechtsordnungen, die eine den familiären Bezug erkennbar machende Namenserteilung zwingend vorschreiben“.

Die Kinder blieben also trotz doppelter Staatsbürgerschaft ohne deutschen Pass. Einfach mit den US-Papieren der Kinder zum Großelternbesuch nach Essen zu reisen, war auch keine ratsame Option, wie Rechtsanwalt Thomas Hermes erklärte, der die Familie vertritt: „Als Deutscher oder Deutsch-Amerikaner bin ich grundsätzlich verpflichtet, mit deutschem Pass hier einzureisen.“ Kämen die Jungen nur mit amerikanischem Pass, könnte ein Ordnungsgeld von 5000 Euro pro Kind fällig werden.

Luke und Levi sind noch nie bei Oma und Opa in Essen gewesen

Lars Brauer beschritt daher den Rechtsweg und scheiterte zunächst vor dem Amtsgericht Essen. Im Frühjahr 2022 legte er beim Oberlandesgericht Hamm eine Beschwerde gegen die ablehnende Entscheidung des Essener Standesamtes ein. Das OLG hat bis heute nicht entschieden.

Und so sind die Zwillinge bislang noch nicht im Geburtsland ihres Vaters gewesen. Ein zwölfstündiger Flug sei mit Kleinkindern ohnehin nicht leicht, sagt Lars Brauer. „Aber das Risiko einzugehen, danach bei der Passkontrolle verhört, mit einem 5000 Euro-Bußgeld pro Kind belegt oder gar gänzlich abgewiesen zu werden, haben wir bisher nicht gewagt.“ Stattdessen hätten seine Eltern die für sie äußerst strapaziöse Reise nach Kalifornien in den vergangenen Jahren immer wieder auf sich genommen, um die Enkelkinder ab und zu sehen zu können.

Großeltern hoffen nun auf einen Gegenbesuch

Die Essener Großeltern von Luke und Levi dürfen nun hoffen, dass die Zwillinge sie einmal in Essen besuchen kommen.
Die Essener Großeltern von Luke und Levi dürfen nun hoffen, dass die Zwillinge sie einmal in Essen besuchen kommen.

Jetzt dürfen sie auf einen Gegenbesuch hoffen. Nach dem neuen Namensrecht können Eltern ihren Kindern einen Doppelnamen geben, auch „wenn sie selbst keinen führen – unabhängig davon, ob sie verheiratet sind“. Luke und Levi dürfen also künftig auch in deutschen Papieren Teh-Brauer heißen. Ein bisschen Geduld braucht die Familie dennoch, wie Lars Brauer erklärt: „Das neue Gesetz tritt offiziell leider erst am 1. Mai 2025 in Kraft.“ Diesen Termin wolle das Standesamt Essen offenbar abwarten. Das Amt habe gegenüber dem OLG Hamm signalisiert, „dass es die Doppelnamen der Zwillinge vor diesem Datum nicht anerkennen wird“. Auch das deutsche Generalkonsulat in Los Angeles habe deutlich gemacht, dass es vorher keine Passanträge mit den Doppelnamen entgegennehmen werde.

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„Unsere momentane Hoffnung ist, den Antrag auf Anerkennung der Namen – idealerweise gleich in Verbindung mit den Passanträgen – direkt am 1. Mai 2025 beim Konsulat in Los Angeles abgeben zu können“, erklärt Brauer. Das Konsulat müsste den Anerkennungsantrag dann an das Standesamt Essen weiterleiten, das die Namenserklärung bearbeiten würde. Sobald das Standesamt den Doppelnamen abgesegnet hat, könnte das deutsche Konsulat in Los Angeles die Pässe für die Zwillinge ausstellen.

Familie hofft jetzt auf deutsche Pässe für die Kinder

„Vor Sommer oder sogar Herbst 2025 werden wir die Pässe wohl leider nicht in Händen halten“, fürchtet Lars Brauer, der sich auf lange Bearbeitungszeiten der deutschen Behörden einstellt. Trotzdem überwiegt die Freude über das neue liberalere Namensrecht: „Es ist sehr angenehm zu wissen, dass wir uns jetzt auf der Zielgeraden befinden.“

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