Essen-Stoppenberg. Die Klinik im Essener Norden hat im Frühling ihren Betrieb mit einem neuen Konzept wieder aufgenommen. Wir haben uns dort umgeschaut.
Obwohl das Gebäude des St. Vincenz in Essen-Stoppenberg bis zu seiner Schließung 2020 immer als Klinik genutzt wurde, ist der erste Eindruck ein anderer: Mit seiner gemusterten Backsteinfassade, den dunklen Holzfenstern mit den gemauerten Bögen darüber, der Statue an der Fassade und den bepflanzten Beeten vor dem Eingang, entspricht es nicht dem Bild, das man gemeinhin von einem Krankenhaus hat.
Das Haus hat bewegte Zeiten hinter sich: Einst gegründet, um die Unfallverletzten und Lungengeschädigten aus dem Bergbau zu versorgen, und benannt nach dem heiligen Vincenz von Paul, dem Schutzpatron der Krankenhäuser, wurde es im Laufe der Jahrzehnte einige Male erweitert.
Doch Ende 2020 war Schluss: Die Fachabteilungen waren schon zuvor ins Borbecker Philippusstift umgezogen, der Rettungsdienst steuerte die Klinik nicht mehr an. Seit April aber herrscht wieder Betrieb: Die neue Stadtteilklinik hat zwei Etagen des alten Gebäudes bezogen. „Statamed“ lautet der Projektname, die Kurzform für „stationäre allgemeinmedizinische Versorgung“. Menschen, die zu krank sind, um zu Hause zu bleiben, aber nicht intensivmedizinisch betreut werden müssen, werden hier für wenige Tage aufgenommen und behandelt.
Bildschirme sollen Besuchern der Essener Statamed-Klinik den Weg weisen
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Im Inneren sucht der Besucher vergeblich die alte Pforte, die mittlerweile hinter einer Wand verschwunden ist. Der Raum ist noch da, das schon, wird aber nur noch als Kopier- und Lagerraum genutzt. Auch zwei Durchgänge gegenüber der Eingangstür wurden verschlossen.
Informationen für Besucher soll ein Bildschirm im Eingangsbereich liefern. Nach dem Wunsch des Klinik-Geschäftsführers Robert Hildebrandt sollen technische Orientierungshilfen wie diese künftig häufiger eingesetzt werden. Damit „so etwas“, er zeigt auf einen Hinweiszettel mit der Aufschrift „Kein Durchgang“, den jemand an eine Tür geklebt hat, nicht mehr vorkomme. Die Informationen sollen in verschiedenen Sprachen bereitgestellt werden, mindestens auf Deutsch, Englisch und Türkisch, vielleicht auch Russisch, so Hildebrandt.
Klinik für die Kurzzeitversorgung
Patienten können die Statamed-Klinik nicht wie eine Ambulanz aufsuchen, sondern müssen zumBeispiel von Fach- oder Hausärzten, dorthin überwiesen werden.
Sie müssten über 18 Jahre alt sein und dürfen nicht auf intensivmedizinische Betreuung angewiesen sein. Auch bestimmte Vorerkrankungen können ein Ausschlusskriterium sein. Dazu gehört etwa eine massive Herzschädigung.
Auf die Behandlung von Patienten mit multiresistenten Keimen ist die Klinik hingegegen eingestellt: Eine Isolation sei möglich, erklärt Geschäftsführer Robert Hildebrandt.
Bisher wurden seit der Neueröffnung in der Klinik vowiegend ältere Menschen versorgt, aber auch zwei Patienten um die 30.
Der Geschäftsführer weist den Weg zum Treppenhaus, in dem ein grüner, und weiter oben ein brauner Fliesenspiegel auf eine kleine Zeitreise einladen. Durch die Fenster sieht man das Gebäude der alten Rettungswache. Diese solle perspektivisch umziehen, das Gebäude abgerissen werden, erklärt Hildebrandt. Auch die Zukunft des alten St.-Vincenz-Gebäudes ist weiter ungewiss. Es werde noch geprüft, ob sich der Erhalt wirtschaftlich lohne, oder ob man auch dieses Haus abreißen und neu bauen müsse.
Einen Neubau jedenfalls wird es auf dem Gelände mit Sicherheit geben. Dort ist ein Bereich für ambulante Operationen geplant, in dem auch niedergelassene Mediziner ihre Eingriffe durchführen können. Darüber hinaus sollen sich Fachärzte und weitere Gesundheitsdienstleister ansiedeln. Das alles solle in etwa acht bis neun Jahren Realität sein, kündigt Hildebrandt an. Auch die Statamed-Station, die „erste Säule“ des künftigen Gesundheitszentrums St. Vincenz, soll in den Neubau umziehen. Noch aber befindet sie sich auf einer Etage des alten Gebäudes.
Beim Betreten der Station stellt sich schließlich doch ein Krankenhaus-Gefühl ein. Denn hier ist zu sehen, was auch der Laie eindeutig dem medizinischen Betrieb zuordnet: Flure mit Handlauf und Wäschewagen, Pflegepersonal, ein Stationszimmer, Patientenzimmer mit den typischen Krankenhausbetten. Die Zimmerdecken sind ungewöhnlich hoch, und vor dem ersten Zimmer, das Hildebrandt zeigt, lockt ein terrassengroßer Balkon ins Freie. Doch die Tür ist abgesperrt, der Zugang sei nur in Absprache mit dem Pflegepersonal möglich.
Die Betten in der Essener Stadtteilklinik sind neu, die Bäder aufgearbeitet
Während die Inneneinrichtung der Ein- und Zweibett-Zimmer neu ist, sind die gemusterten Tapeten die alten, und auch die Bäder wurden lediglich aufgearbeitet, wirken aber wie neu. „Als wir angefangen haben, war hier mehr Kalk als Scheibe“, sagt Hildebrandt mit Blick auf die Duschtür. Punktuell seien Armaturen ausgetauscht worden, wenn es nicht anders ging, aber im Großen und Ganzen habe man versucht, möglichst viel aus dem Bestand zu erhalten.
Auf den Fluren etwa sei das Farbkonzept aufgegriffen und nur aufgefrischt worden. Zwei Untersuchungsräume und ein Basis-Labor befinden sich ebenfalls auf der Station; für komplexere Untersuchungen wird ein Labor in Gelsenkirchen beauftragt.
Ein Großteil der eineinhalb Millionen Euro Umbaukosten sei in die IT-Infrastruktur geflossen, sagt Hildebrandt, sowie in Brandschutz und Ausstattung für die Patientensicherheit. Auch die medizinischen Geräte seien neu: ein mobiles Röntgengerät beispielsweise, oder Ultraschall- und EKG-Geräte. Kleinere gastroenterologische Untersuchungen können vor Ort durchgeführt werden – allerdings nur bei Patienten, die bereits auf der Station liegen. Man könne sich also nicht einfach einen Termin für eine Magenspiegelung vor Ort geben lassen, erklärt Hildebrandt.
Zwischen den modernen Geräten stehen alte Schränke, die vom Schreiner aufgearbeitet worden seien. Ein Stockwerk darunter übrigens ist nichts hergerichtet: Die Etage, etwa baugleich, liegt verlassen da. „Nur das Erdgeschoss und die zweite Station sind erneuert worden“, so Hildebrandt. Alles andere sei noch in dem Zustand, wie es 2020 verlassen wurde.
Frühstück und Snacks kommen per Buffetwagen auf die Essener Statamed-Station
Im Erdgeschoss, vom Eingang aus gesehen links, befinden sich die Räume der Patientenlotsen und der „Flying Nurses“, die auch nach der Entlassung mit den Patienten in Kontakt bleiben und sie unterstützen sollen. Fußboden und Schränke sind aus dem alten Klinikbestand beibehalten worden, bewegliches Mobiliar wurde neu angeschafft.
Auch die Räume für die Speisenzubereitung befinden sich hier im Erdgeschoss. Das Abendessen werde wie in anderen Kliniken auch auf Tabletts serviert, morgens hingegen werde ein Buffetwagen genutzt – für die Patienten laut Hildebrandt eine willkommene Gelegenheit, um mit anderen in Kontakt zu treten: „Viele ältere Menschen, die allein leben, haben diesen Austausch im häuslichen Umfeld gar nicht mehr.“
Das Speisenangebot soll ungefähr alle sechs Monate wechseln; bei der Auswahl setze man auf eine Mischung aus Klassikern und modernen Gerichten. So steht aktuell neben der Rinderroulade mit Rotkohl und Klößen beispielsweise auch ein Pastagericht mit Aubergine und Tomate sowie ein Gemüsecurry auf der Karte. „Und das schmeckt auch“, sagt Hildebrandt, er habe selbst probiert. Das Essen, sagt er, sei ein wichtiger Faktor in einer Klinik: „Das Medizinische lässt man über sich ergehen, aber die Mahlzeiten sind bei einem Krankenhaus-Aufenthalt die Highlights des Tages, und zum Essen hat auch jeder eine Meinung.“
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