Essen. Die Polizei in Borken ermittelt gegen einen Essener (24) wegen Titelmissbrauchs. 2022 impfte er in Essen bei einer Aktion gegen Corona.
Die Polizei ermittelt gegen einen 24 Jahre alten Essener in einem Fall von Hochstapelei. Der junge Mann hat von Mitte Dezember 2023 bis Februar 2024 in einer Arztpraxis in Borken gearbeitet und war dort fristlos gekündigt worden. „Der Beschuldigte besitzt keinen Doktortitel und hat auch nicht Medizin studiert“, sagt der Sprecher der Kreispolizeibehörde Borken, die die Ermittlungen leitet.
Die Borkener Polizei bestätigt ferner, dass es am Donnerstag (25. April) auf Anordnung der Staatsanwaltschaft eine Wohnungsdurchsuchung in Essen gegeben habe, wo sich der Beschuldigte aktuell aufhalte.
Lob von der Stadt Essen für sein Engagement zur Hebung der Impfquote
Die Ermittler würden prüfen, ob es neben dem mutmaßlichen Tatort in Borken auch einen in Essen gibt. Im Januar 2022, auf dem Höhepunkt der Corona-Pandemie, hat der Beschuldigte in Essen zusammen mit einer Ärztin eine Impfaktion initiiert und organisiert. Damals wurde er als „Medizinstudent“ bezeichnet. Die Stadt Essen sprach dem Mann in aller Öffentlichkeit ein großes Lob für sein Engagement aus, weil er dazu beigetragen habe, die Impfquote in Essen zu steigern. Ein Foto des Presseamtes zeigte ihn, wie er einem Impfling eine Spritze in den Oberarm drückt.
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Wie der Polizeisprecher mitteilt, seien bei der Durchsuchung in Essen Datenträger wie etwa Computer, Smartphone und Tablets sichergestellt worden. Diese werden nun ausgewertet.
Nach Informationen der „Borkener Zeitung“, die als erste über den Fall berichtet hatte, soll der Essener in der Borkener Arztpraxis als „studentische Hilfskraft“ angestellt gewesen sein. Auf der Facebook-Seite der Praxis soll der „neue Kollege“ als „Dr.“ vorgestellt worden sein. Dem Inhaber der Arztpraxis zufolge habe man den Doktortitel den Bewerbungsunterlagen entnommen.
Arztpraxis in Borken stellt den „neuen Kollegen“ als „Dr. . .“ vor
Viel ist über den tatsächlichen schulischen und beruflichen Werdegang des Esseners nicht bekannt. Der Polizeisprecher kann lediglich bestätigen, dass er seit 2017 das Abitur hat. Anfang März sei bei der Polizeibehörde eine Anzeige wegen des Missbrauchs von Titeln, Berufsbezeichnungen und Abzeichen eingegangen. Ferner bestehe Betrugsverdacht und der Verdacht der einfachen und gefährlichen Körperverletzung.
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Dem Zeitungsbericht zufolge müssen die Patienten der Borkener Praxis im Glauben gewesen sein, von einem „Doktor“ behandelt worden zu sein. Erwähnt wird eine Google-Bewertung, in der er nach einer Kniebehandlung sogar als „echte Koryphäe“ gelobt wird.
Auch in seinem Instagram-Account kokettiert er mit dem Doktor-Image. In einem dieser Posts bringt er sich beispielsweise mit den Schlagworten „#medical #notarzt #doctor #Rettungsdienst“ in Verbindung. Das Foto zeigt ihn mit blauem T-Shirt und einer roten Hose, wie sie auch Notärzte und Sanitäter tragen. Von sich selbst zeichnet er auf dieser Social-Plattform das Bild eines sympathischen, erfolgreichen jungen Mannes, gut gebaut und athletisch, der gerne verreist, Cocktails genießt, von Frauen angehimmelt wird und selber Flugzeuge steuert.
Sportverein stellt den Essener als Verstärkung des Mannschaftsarztes vor
Wäre die mutmaßliche Hochstapelei nicht aufgefallen, hätte der Essener womöglich schon in diesem Frühjahr einen weiteren Karriereschritt gemacht. In einem Facebook-Post hat ein Sportverein den „Dr. . . .“ vor knapp drei Monaten bereits als „Verstärkung des Mannschaftsarztes“ vorgestellt. Wie die Borkener Zeitung weiter berichtet, wird er in der Vereinsmitteilung nicht nur mit dem Doktortitel angekündigt, es wird ausdrücklich auch hingewiesen auf seine „beeindruckende medizinische Laufbahn“ – insbesondere auf dem Gebiet der Sportmedizin. Inzwischen ist dieser Facebook-Post gelöscht.
Der Vereinsvorsitzende stellt laut Zeitungsbericht klar, dass der falsche Doktor jedoch zu keinem Zeitpunkt als Mannschaftsarzt tätig gewesen sei. Außerdem habe er kein Mitglied der Mannschaft behandelt.
Das Strafmaß für falsche Ärzte reicht von saftigen Geldstrafen bis zu Haftstrafen.
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