Essen. Den Essener Bühnen machen Tariferhöhungen und Preissteigerungen zu schaffen. Wirtschaftsplan weist ein deutliches Minus auf.

Jedem Anfang, so heißt es, wohnt ein Zauber inne. Essens Theater und Philharmonie haben in jüngster Zeit eine ganze Reihe von Neuanfängen erlebt: Neue Intendantinnen leiten Oper, Schauspiel und Philharmonie, die Essener Philharmoniker haben einen neuen Generalmusikdirektor, und mit Fritz Frömming hat die TuP seit Herbst vergangenen Jahres auch einen neuen Geschäftsführer.

Jeder Neuanfang im Theater bedeutet aber auch eine Zäsur. Neue Spielpläne und Konzepte sorgen beim Publikum zuweilen erst einmal für Zurückhaltung. Und auch wenn sich nach all den Einschränkungen wegen Corona „insgesamt der Trend einer Normalisierung des Spielbetriebs und der Ertragslage“ abzeichnet, wie es in einer Ratsvorlage heißt – ein ausverkauftes Haus ist mittlerweile eher die Ausnahme als die Regel. Die Umsatzerlöse der städtischen Bühnen sind folglich zurückgegangen. Waren es 2018/19 noch 11,1 Millionen Euro, lag das Ergebnis 2022/23 nur noch bei 9,8 Millionen.

Aber nicht nur das sorgt bei der TuP momentan für einen besorgten Blick auf die Kassenlage. Inflation, steigende Material- und Energiekosten, vor allem aber die durch den Tarifabschluss im öffentlichen Dienst stark erhöhten Personalkosten haben den Etat mehr denn je in eine Schieflage gebracht. Die Schere zwischen Erträgen und Aufwendungen geht immer weiter auseinander.

Und weil dies im bisherigen Wirtschaftsplan noch nicht ausreichend berücksichtigt ist, muss der Rat heute über einen Nachtrags-Wirtschaftsplan für 2023/24 entscheiden. Der sieht einen Jahresfehlbetrag von rund 56,8 Millionen Euro vor – 1,8 Millionen Miese mehr als bisher. Um die Lücke zwischen den Kosten und dem bereits eingeplanten städtischen Zuschuss in Höhe von 51,5 Millionen Euro zu schließen, soll auf die Kapitalrücklage der TuP zurückgegriffen werden. Das satte Finanzpolster war nach Monaten der Kurzarbeit während der Corona-Pandemie 2021 auf rund 20 Millionen Euro angewachsen. Doch jetzt schmilzt es beunruhigend schnell wie das Gletschereis am Polarkreis.

Die Rücklagen gehen zur Neige

Denn auch in der kommenden Spielzeit (2024/25) muss eine bereits absehbare Lücke von rund 7,1 Millionen Euro gestopft werden, weil dann der Jahresfehlbetrag bereits an der 60-Millionen-Euro-Grenze schrammt. Die Folge: „Spätestens mit der Spielzeit 2025/2026 verfügt die TuP über keinen Rücklagen mehr, die zum Ausgleich der Fehlbeträge genutzt werden könnten“, heißt es in der Ratsvorlage.

Die Schlussfolgerung klingt dramatisch: Die Gesellschaft wäre bei unveränderten Planungsannahmen „nicht mehr in der Lage, ihren Zahlungsverpflichtungen aus eigener Kraft nachkommen zu können“.

Die Personalkosten steigen weiter

TuP-Geschäftsführer Fritz Frömming zeigt sich zuversichtlich, dass es so weit nicht kommt. Theater und Philharmonie hätten großen Rückhalt bei der Stadt als alleiniger Gesellschafterin der Theater-GmbH. So greift die Stadt in der Spielzeit 2024/25 den Essener Bühnen mit einem Investitionszuschuss von 800.000 Euro noch einmal unter die Arme. Und sollten tatsächlich Sparbeschlüsse gefasst werden, wäre das Ergebnis erst mit deutlicher Zeitverzögerung spürbar. „Es bräuchte jetzt einen politischen Beschluss, um in sechs Jahren einen Effekt zu erzielen“, so Frömming.

Vielen gilt das Sparpotenzial des Fünf-Sparten-Betriebes nach derzeitigem Zuschnitt ohnehin als überschaubar. Zumal der größte Posten nun einmal die Personalkosten der TuP sind, die mit rund 700 Beschäftigen zu einem der größten Arbeitgeber im sogenannten „Konzern Stadt“ zählt. Die Personalausgaben machen rund 75 Prozent der Gesamtaufwendungen aus. Summierte sich der Posten in der Spielzeit 2018/19 noch auf rund 46,7 Millionen Euro, liegt er derzeit bei 56 Millionen. Tendenz steigend.

Unsatzerlöse gehen zurück

Während die Kosten fürs Personal, aber auch für Energie und Material weiter klettern, gelten die Aussichten auf deutlich gesteigerte Erträge als eher mau. Die Erlöse aus Ticket-Verkäufen sind zuletzt noch einmal spürbar gesunken, und die „sonstigen betrieblichen Erträge“ – Sponsoring, Spenden und Landeszuschüsse – können dieses Manko nicht wettmachen. Unterm Strich liegen alle Erträge zusammen mit 15,1 Millionen Euro in diesem und im kommenden Jahr um ein Fünftel unter den Zahlen der Spielzeit 2022/23.

Unter anderem wird der schrumpfende Umsatz mit dem anstehenden Intendantenwechsel im Ballett begründet. Der scheidende Ballettchef Ben Van Cauwenberg hatte in den vergangenen Jahren mit durchweg populären Tanzproduktionen für hohe Auslastung gesorgt. Welchen Kurs die Nachfolger Marek Tůma und Armen Hakobyan einschlagen, wird man in der kommenden Spielzeit sehen.

Noch so ein Neuanfang.

Die Ausgaben müssen gesenkt werden

In jedem Falle herrsche „Handlungsnotwendigkeit, einerseits die Einnahmen der Gesellschaft zu erhöhen und andererseits Ausgaben zu senken“. Das bedeutet: Die Kosten im Personalbereich müssten spürbar sinken – oder der Zuschuss der Stadt spürbar steigen – auf womöglich 60 Millionen Euro und mehr.

Für Diskussionsstoff dürfte im Aufsichtsrat der Theater und Philharmonie in den kommenden Wochen gesorgt sein.

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