Essen. Vom einstigen Skandalstück zum Publikumsrenner: Dietrich Hilsdorfs Essener „Aida“-Inszenierung ist Kult - und hält mittlerweile Rekorde

Rückkehr mit Fanfaren: Essens „dienstälteste“ Repertoire-Oper, Verdis „Aida“, steht wieder auf dem Spielplan im Aalto-Theater. Während sich manche Opern-Produktion mittlerweile bereits nach einer Saison wieder vom Spielplan verabschiedet, ist Dietrich Hilsdorfs Inszenierung von 1989 immer noch ein Kassenschlager. Zur Wiederaufnahme mussten Opernfans sogar abgewiesen werden: ausverkauft! Auch für die restlichen Vorstellungen gibt es kaum noch Tickets. Hilsdorfs einstige Skandalinszenierung bleibt auch nach 35 Jahren ein Publikumsmagnet. Nirgends sonst im Land war eine Aida-Produktion jemals so lange zu sehen.

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Erst Buh, dann Bravo, so ist es eigentlich immer gegangen. Mit „Don Carlo“ sorgte Hilsdorf gleich zur Eröffnung des Essener Aalto-Theaters für einen respektablen Aufreger. „Aida“ erregte die Gemüter des Premierenpublikums ein Jahr später nicht minder. „Das Buh-Konzert nach der Premiere war noch lauter und wütender als bei Don Carlo“, erinnert sich die Regie-Legende. „Mein damals 85-jähriger Vater und meine Mutter, die zur Premiere angereist waren, zeigten sich sichtbar verstört. Gott sei Dank lebten sie lange genug, um etwas von der beginnenden Erfolgsgeschichte der Inszenierung zu erfahren. Da konnten sie dann doch noch etwas stolz sein auf ihren Sohn“, berichtet Hilsdorf im Rückblick.

Buh-Konzert: Hilsdorfs Eltern zeigten sich sichtbar verstört

Mittlerweile ist das einstige Enfant terrible selbst weit über 70. Keiner hat so oft am Aalto-Theater inszeniert wie er, allein die Zahl seiner Verdi-Inszenierungen summiert sich auf rekordverdächtige 15. Den Kult-Status der „Aida“ aber hat keine andere Oper mehr erreicht. Der Evergreen von 1989 mit ist damit längst ein Stück Essener Theatergeschichte, es soll Zuschauer gegeben, die keine Wiederaufnahme verpasst haben.

Dietrich Hilsdorf inszeniert seit mehr als 30 Jahren am Aalto-Theater. Vor allem Verdi-Opern wurden sein Markenzeichen.
Dietrich Hilsdorf inszeniert seit mehr als 30 Jahren am Aalto-Theater. Vor allem Verdi-Opern wurden sein Markenzeichen. © WAZ FotoPool | Knut Vahlensieck

Standing Ovations auch diesmal für den einstigen Verdi-Schocker mit seinen starken Lichteffekten, den kuriosen Menschentieren und dem erotisch-circensischen Aufgalopp namens Triumphmarsch. Hilsdorfs grelle Anti-Kriegs-Bilder treffen heute mehr denn je, wenn die hohen Tiere der Rüstungsindustrie mit ihren Elefantenrüsseln aufmarschieren, zusammen mit den Witwen und humpelnden Kriegsversehrten, umgarnt von den kessen „Memphis Twins“. Dazu die Fahnen schwenkenden kleinen Mädchen und die Jungs mit ihren Holzgewehren, Generationen von Kinderdarstellern haben diesem Auftritt nun schon entgegengefiebert.

Das glänzende Aalto-Ensemble und der Opernchor meistern die hohen Anforderungen auch diesmal überzeugend. Ensemble-Neuzugang Astrik Khanamiryan hat als Aida mit dem weiten Umfang der vielschichtigen Partie keinerlei Probleme. Bettina Ranch überzeugt auch darstellerisch als ihre Gegenspielerin Amneris mit dramatischen, aber auch kraftraubendem Mezzo. Baurzhan Anderzhanov weiß in der Partie des Pharaonen-Vaters ebenso zu überzeugen wie Sebastian Pilgrim als Hohepriester Ramphis mit sattem Bass. Und Heiko Trinsinger gibt der Partie des nubischen Königs Amonasro mit geschmeidigem Bariton nicht zum ersten Mal Schliff. Als Gast bringt Gianluca Terranova für die Rolle des Feldherren Ramses heldischen Glanz, aber auch Schmelz in der Stimme mit. Und die Essener Philharmoniker präsentieren sich unter Leitung ihres Generalmusikdirektors Andrea Sanguineti einmal mehr in bester Spiellaune - rhythmisch geschärft, mit dramatischer Intensität und nuancenfein bis zum packenden Schluss. Wer zuhört, mag an ein Fortleben der Essener „Aida“ glauben.

Für die Vorstellungen am 7. März und 7. April gibt es noch wenige Restkarten: Tel. 8122-200 und www.theater-essen.de

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