Essen-Werden. Das Mariengymnasium erinnert an die NS-Opfer Sophie und Hans Scholl mit einer besonderen Aktion. Die Idee dazu hatte eine 14-Jährige.

Auf Initiative der 14-jährigen Schülerin Ida Marxer erinnerte das Mariengymnasium Werden unter dem Motto „Nie wieder – gegen das Vergessen: das MGW ist bunt“ an die beiden Widerstandskämpfer Sophie und Hans Scholl. Diese hatten sich als Mitglieder der „Weißen Rose“ mutig und engagiert dem Nationalsozialismus entgegengestellt. Dabei beriefen sie sich wesentlich auf christliche und humanistische Werte. Am 22. Februar 1943 wurden die Geschwister hingerichtet.

Mit eindringlichen Appellen, Musikbeiträgen, ausgewählten Zitaten von Hans und Sophie Scholl und einer höchst emotionalen Lichterkette wurde im Forum des Gymnasiums ein Zeichen gegen Rechtsextremismus und für die Ideale der jungen Widerstandskämpfer gesetzt. Die Münchener Studentengruppierung „Weiße Rose“ war mit Flugblattaktionen gegen Krieg und Nationalsozialismus aktiv.

Hinrichtung erfolgte schon wenige Tage nach der Verhaftung

Am 18. Februar 1943 wurden Hans und Sophie Scholl an der Münchner Universität beim Auslegen von Flugblättern vom Hörsaaldiener Jakob Schmid überrascht. Er war ein SA-Mann und denunzierte sie bei der Gestapo. Bereits am 22. Februar fand der „Prozess“ statt. Der berüchtigte Volksgerichtshofrichter Roland Freisler verurteilte sie und den mitangeklagten Christoph Probst zum Tode. Alle drei wurden wenige Stunden später mit der Guillotine enthauptet. Hans und Sophie Scholl wurden zu Symbolgestalten eines an humanistischen Werten orientierten Widerstands.

Fünf Schülerinnen lasen Zitate der Geschwister Scholl vor, ganz links die Initiatorin Ida Marxer.
Fünf Schülerinnen lasen Zitate der Geschwister Scholl vor, ganz links die Initiatorin Ida Marxer. © Ben Wirths

Und der sei heute wieder gefragt, davon ist Neuntklässlerin Ida Marxer überzeugt. Denn es gebe aktuell wieder Rassismus und offenkundig rechtsextreme Tendenzen: „In meiner Familie wird viel über Politik geredet. Ich war auch schon auf einer Demo gegen Rechts in der Stadtmitte. Und da habe ich gesehen, wie viele Menschen so denken wie ich.“

Aktionen der „Weißen Rose“ beeindruckten die Essener Schülerin

Sie habe sich bereits intensiv mit den Geschwistern Scholl beschäftigt, besonders ein Zitat brannte sich ein: „Steh zu den Dingen, an die du glaubst. Auch, wenn du alleine dort stehst.“ Dazu die 14-Jährige: „Was Sophie Scholl damals schrieb, gilt auch heute. Wir müssen uns aktiv einsetzen für eine offene und freie Gesellschaft.“

Was Sophie Scholl damals schrieb, gilt auch heute. Wir müssen uns aktiv einsetzen für eine offene und freie Gesellschaft.
Ida Marxer, 14, Schülerin des Mariengymnasiums Werden

Für Ida stand also fest: „Das Gedenken an die Geschwister Scholl passt dazu, sich zu wehren. Damit wir nicht irgendwann sagen müssen, wir hätten nichts gemacht gegen Rechts. Also habe ich unserer Schulleiterin Frau Schmidt eine Nachricht geschickt. Das wurde sofort positiv aufgenommen und wir haben schon am nächsten Tag im Politikunterricht diskutiert. Ich war überrascht, wie wenige in meiner Klasse von der Weißen Rose wussten.“

Die Aktion stand unter dem Motto „Nie wieder – gegen das Vergessen: das MGW ist bunt“.  
Die Aktion stand unter dem Motto „Nie wieder – gegen das Vergessen: das MGW ist bunt“.   © Ben Wirths

Schulleiterin Christiane Schmidt freut sich über die „bemerkenswerte Initiative“ ihrer Schülerin: „Man darf nicht nur dagegen sein, man muss auch etwas tun. Das schrieb Sophie Scholl. Wir wollten an die Geschwister Scholl erinnern und gleichzeitig ein Statement setzen gegen aktuelle rechtsradikale Tendenzen und für eine offene Gesellschaft.“

Essener Lehrerband spielte ein Stück von Dietrich Bonhoeffer

Die Lehrerband steuerte Stücke wie „Die Gedanken sind frei“ und „Imagine“ bei und endete mit „Von guten Mächten“ des evangelischen Theologen Dietrich Bonhoeffer, der eine aktive Rolle im Widerstand gegen Hitler gespielt hatte und kurz vor Ende des Krieges noch hingerichtet wurde.

Nachdem die Lehrerband gespielt hatte, gab es ein stilles Gedenken an die NS-Opfer.
Nachdem die Lehrerband gespielt hatte, gab es ein stilles Gedenken an die NS-Opfer. © Ben Wirths

Dann bat Schulseelsorger Gregor Lauenburger um Stille: „Ein trauriger Tag. Zu dieser Stunde wurden die Mitglieder der Weißen Rose für ihren Mut bestraft und getötet. Es ist gut, dass wir hier sind und uns gegenseitig wahrnehmen. Wir können etwas tun und ein Zeichen setzen.“

Gegen Menschenfeindlichkeit

Das bischöfliche Gymnasium hat sich schon öfter eindeutig gegen Menschenfeindlichkeit positioniert. Im Forum der Schule hängen Fahnen der LGBTQ+*-Bewegung.

Unterstützung fand der „Pride Month“ explizit auch bei Schulleiterin Christiane Schmidt. Anstelle der üblichen Morgenandacht gab es im Juni 2023 Informationen und Gedanken zu den verschiedenen Spielarten von Liebe und Sexualität.

Die ursprünglich vom Mariengymnasium bis zur Basilika geplante Lichterkette musste aufgrund dringlicher Sturmwarnungen ins Forum verlegt werden, was aber der Feierlichkeit des Moments nichts nahm. Ausgestattet mit LED-Kerzen, verteilten sich die Teilnehmer und Teilnehmerinnen auf Treppe und Gängen, und gedachten der Geschwister Scholl.

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