Essen-Holsterhausen. In der Debattier-AG des BMV-Gymnasiums liefern sich Schüler Gefechte mit Argumenten. Klappt das auch zu Hause bei den Eltern?

Sollte das Wahlrecht durch eine Wahlpflicht ersetzt werden? Finja Hunsche sagt: Ja. Allerdings nur in der Rolle, die ihr beim Debattierwettbewerb am BMV-Gymnasium zugeteilt wurde. Die 16-Jährige ist Teil der Debattier-AG ihrer Schule – und weiß, wie man seinen Gegner mit klugen Argumenten schlägt. Beim schulinternen Wettstreit setzte sie sich damit durch.

Die Debattier-AG gibt es seit 2022 am BMV-Gymnasium. Marcel van der Mee, Lehrer für Sozialwissenschaft und Geschichte, ist einer der Leiter. Begonnen habe alles mit einem Politikprojekt, erinnert er sich. „Wir haben dann überlegt, welches Projekt für politische Bildung man noch umsetzen könnte.“ Recht schnell sei man auf die Idee einer Debattier-AG gekommen. „Wir haben eine sehr politische Schülerschaft, die Spaß daran hat zu diskutieren“, so der Lehrer.

Treffen der Debattier-AG am Essener BMV-Gymnasium finden alle zwei Wochen statt

Heute wird die AG hauptsächlich von den Schülerinnen und Schülern selbst organisiert. Die Treffen finden alle zwei Wochen in lockerer Atmosphäre statt: Wer es schafft, bereitet sich vor, ist das beispielsweise in der Klausurenphase nicht möglich, ist es auch kein Problem. Ab der achten Klasse kann man mitmachen. 35 Plätze stehen zur Verfügung, es gibt eine Warteliste.

Vor Finja war schon ihr Bruder Mitglied der Debattier-AG. „Bei ihm habe ich miterlebt, wie die AG aufgebaut wurde und wie viel Spaß es machen kann, daran teilzunehmen“, sagt sie. „Ich diskutiere gerne und interessiere mich grundsätzlich dafür, wie man sich gut ausdrückt.“ Zuvor habe sie schon bei Veranstaltungen wie den Start-up-Olympics teilgenommen, wo man an einem Wochenende die Gründungsschritte eines Start-ups durchläuft.

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„Jugend debattiert“ in Essen: Schüler bereiten sich auf Pro und Kontra vor

Hilft die Übung in der Debattier-AG auch zu Hause, wenn man eine Diskussion mit den Eltern führt? „Man weiß, welche Strategien man anwenden kann, um überzeugend zu sein. Auch privat“, bestätigt Finja. Worauf kommt es denn an? „Sachkenntnisse zum Thema sind die Grundlage. Aber es bringt nichts, einfach Fakten herunterzurattern“, erklärt die 16-Jährige.

Wichtig sei es, auf die Argumente des Gegenübers einzugehen und sie zu entkräften. Als Training starteten sie in der AG gern mit Spaßfragen. Sollte ganz Frankreich mit Käse überbacken werden? Oder: Sollten Frösche Hosen tragen? Zu so einem Thema einen einminütigen Meinungsbeitrag zu improvisieren, könne eine gute Übung sein, um ins flüssige Reden zu kommen.

Die Schülerinnen und Schüler des BMV-Gymnasiums nehmen auch an den Wettkämpfen von „Jugend debattiert“ teil. Bei dem bundesweiten Wettbewerb debattieren Schülerinnen und Schüler in zwei Altersgruppen: Klasse 8 bis 10 (G8: 8 bis 10) und 11 bis 13 (G8: 10 bis 12). „Zehn Tage vor einem Wettbewerb bekommen sie das Thema“, erklärt Lehrer Marcel van der Mee. Ihre Rolle, also Pro oder Kontra, erfahren sie aber erst unmittelbar vor dem Wettbewerb. Sie bereiten sich also argumentatorisch auf beide Sichtweisen vor. Je zwei Schüler nehmen die Pro- und die Kontra-Seite ein.

Essener Lehrer: Vorbereitung hilft grundsätzlich dabei, andere Perspektiven einzunehmen

„Die Vorbereitung auf beide Rollen hilft grundsätzlich dabei, die Argumente anderer besser zu verstehen und andere Perspektiven einzunehmen“, ist van der Mees Erfahrung. Finja ging es bei der Frage nach der Wahlpflicht so. „Ich dachte erst, dass es viel einfacher wäre, dagegen zu argumentieren“, erinnert sie sich. Dann habe sie aber doch einige Pro-Argumente gefunden.

Schließlich habe sie sich darauf fokussiert, dass die Wahlbeteiligung seit Jahren sinke und die Regierung eine stärkere Repräsentationskraft habe, wenn sie von vielen Menschen gewählt sei. Außerdem argumentierte sie, dass radikale Parteien mehr Einfluss hätten, wenn viele Bürgerinnen und Bürger nicht wählen.

Essener Schülerin nimmt an Regionalentscheid von „Jugend debattiert“ teil

Und: Mit einem besonderen Kniff hebelte sie geschickt die Argumentation ihrer Gegner aus. Die hatten sich nämlich auf das Argument konzentriert, dass jeder die Freiheit haben müsse, sich für oder gegen das Wählen zu entscheiden. „Ich habe vorgeschlagen, dass jeder zur Wahl gehen muss, sich aber auch enthalten kann. Das hatten die anderen nicht erwartet“, erzählt sie.

Eine Jury entscheidet am Ende, wer am überzeugendsten argumentiert hat. Pro Debattant gibt es einen Juror, außerdem einen Zeitwächter, der darauf achtet, dass die zulässige Redezeit nicht überschritten wird. Beim schulinternen Wettbewerb von „Jugend debattiert“ hat Finja die Jury überzeugt. Damit hat sie sich für den Regionalentscheid von „Jugend debattiert“ qualifiziert. Das Regionalfinale erreichte sie nicht. Dafür schaffte es Emily Liu (10. Klasse) aus der Altersgruppe 1, ins Regionalfinale im Stadtrat Essen einzuziehen.

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