Essen-Altenessen. Als junger Mann wurde der heute hundertjährige Stefan Danker aus der Ukraine nach Deutschland verschleppt, um dort im Bergbau zu arbeiten.
Es ist nun bald 55 Jahre her. Bei einem der schwersten Grubenunglücke der Essener Stadtgeschichte wurden neun Bergleute von herabstürzenden Gesteinsmassen eingeschlossen. Nur fünf von ihnen überlebten. Hautnah dabei war Stefan Danker.
Der Altenessener wurde am 28. November 1923 in der heutigen Ukraine geboren und 1941 nach Deutschland verschleppt, um auf Zeche Emil-Emscher zu malochen. Dann rollte dem Fremdarbeiter ein Kohlewagen über den Fuß, er kam ins Marienhospital und lernte dort die hübsche Johanna kennen. Danker verliebte sich bis über beide Ohren: „Und wir sind wirklich 68 Jahre lang zusammengeblieben.“
Nach dem Krieg wollte Altenessener nach Australien auswandern
In der Nachkriegszeit wollte Danker jedoch nicht mehr leben in diesem Deutschland. Zu schlimm die Erinnerungen an Schikanen und Todesangst. Nach Australien zog es ihn. Dort wurden Bergleute gebraucht.
Die Auswanderungspläne waren schon weit gereift, es kam sogar der Brief, wann man sich in Lübeck einschiffen solle. Doch Gattin „Hanni“ war dagegen, machte ihrem Stefan resolut einen Strich durch die Rechnung und schmiss das Schreiben in den Ofen: „Also sind wir hiergeblieben.“
Stefan Danker blieb auf Emil-Emscher und arbeitete insgesamt 35 Jahre lang unter Tage: „Man war zufrieden mit mir und ich wurde Kolonnenführer. Den kleinen Finger der linken Hand habe ich verloren, als Gestein drauffiel.“ Er ist seit 1941 Gewerkschaftsmitglied und zeigt stolz die Urkunde der IG Bergbau vor.
Vier Tote bei einem der schwersten Grubenunglücke Essens
Im Jahr 1969 hat der Bergmann es einmal sogar mit Bild in die Zeitung geschafft. Der Anlass war allerdings ein trauriger. Am 2. Oktober gegen 9.20 Uhr kam es in einem Abbaubetrieb des Flözes Röttgersbank zu einem „Streb- und Streckenbruch“ auf einer Länge von 47 Metern. Neun Kumpel der 18 Mann starken Frühschicht waren in rund 650 Metern Tiefe eingeschlossen.
Schon kurz nach 10 Uhr wurde die Suche nach den Verunglückten aufgenommen. Die Rettungs- und Bergungsarbeiten waren ein schwieriges Unterfangen, da es sich um einen 110 Meter langen, ziemlich steilen Streb handelte. Mit Ruf- und Klopfzeichen über die in den Streb führenden Rohre versuchten die Retter die Eingeschlossenen zunächst akustisch zu erreichen. Erst gegen 17.45 Uhr gab es über eine kleine Wasserleitung ein erstes Lebenszeichen von einigen der verschütteten Kumpel.
Rettungsteam grub einen Tunnel zu den verschütteten Bergleuten
In der folgenden Nacht gelang es dann, den Eingeschlossenen durch das dünne Rohr mit Traubenzucker gesüßten Tee zukommen zu lassen. Fieberhaft versuchte ein 30-köpfiges Rettungsteam, sich durchzugraben.
Zunächst gelang es aber nur, den Männern durch Versorgungsbohrungen etwas Nahrung herunterzulassen. Es gab Kekse, Brühe mit Ei, Schokolade, auch Knobelbecher und Skatspiel für den Zeitvertreib. Immer wieder erschwerte nachdrückende Kohle aber auch diese Hilfsaktionen.
Stefan Danker gehörte damals zum Rettungsteam: „Das musste schnell gehen. Aber es dauerte drei Tage, bis ein Rettungstunnel gegraben war.“ Abwechselnd gruben jeweils zwei Helfer eine Stunde lang an einer Rettungsstrecke und drangen am 5. Oktober 1969 zu den Eingeschlossenen vor. Sie konnten jedoch nur fünf von ihnen retten. Diese wurden nach insgesamt 81 bangen Stunden mit einer sogenannten „Dahlbuschbombe” herausgezogen.
Vier Bergleute starben bei dem Unglück auf Zeche Emil-Emscher
Vier weitere Bergleute konnten nicht gerettet werden. Die letzte Leiche wurde erst sechs Wochen nach dem Bergbruch unter den Gesteinsmassen gefunden. Die genaue Ursache für das Unglück wurde übrigens nie ermittelt.
Vier Jahre lang wurde noch weiter Kohle gefördert, bis für das Verbundbergwerk „Emil-Emscher” am 15. Dezember 1973 endgültig „Schicht im Schacht“ war. 1976 wurden die Tagesanlagen abgebrochen, damit endete die Bergbaugeschichte in Altenessen. Für Stefan Danker begann der Ruhestand: „Eigentlich wollte ich gar nicht aufhören mit der Arbeit. Aber es gab keine Perspektiven mehr.“
Viele Spieler von Rot-Weiss-Essen waren Bergleute
Die Zeche Emil-Emscher hatte auch entscheidenden Einfluss auf den Essener Fußball. Denn Heinrich Melches war dort Betriebsführer. Im Jahr 1906 legte er seinen Söhnen Georg und Hermann einen Fußball auf den weihnachtlichen Gabentisch. Die beiden gingen sofort mit Spielkameraden auf Torjagd.
Das war die heimliche Geburtsstunde von Rot-Weiss Essen. Die Spieler des noch jungen Vereins waren zumeist Bergleute und Angestellte der Zeche. Folgerichtig lag die erste Spielstätte der Rot-Weissen am Fuß eines Steinkohleberges der Zeche Emil-Emscher.
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