Essen. Mit Sandsäcken, Pumpen und vereinten Kräften kämpfen Gewerbetreibende in Essen-Kupferdreh gegen das Deilbach-Hochwasser. Wieder trifft es Zölzer.
Bis zu 24 Zentimeter hoch stand das Wasser in der Werkstatt des Kupferdreher Kanusport-Fachgeschäftes Zölzer – wieder einmal. Grund ist die Lage am Deilbach. Inhaber Heinz Zölzer und seine Mitarbeiter kämpfen immer wieder mit den Folgen, wenn der Bach wie in der Nacht zum Donnerstag (4. Januar) über die Ufer tritt. Wenige Sandsäcke hätten sie auf Nachfrage von der Feuerwehr erhalten, ansonsten helfen sie sich selbst. Sogar einen Deich hatten sie geplant.
„Zölzer, der Wasserdichte“, ist auf dem Schild im Schaufenster an der Kupferdreher Straße zu lesen. Das Geschäft, das es hier im Stadtteil seit mehr als 50 Jahren gibt, wirbt damit für selbst gefertigte Säcke, Taschen und Behälter. Der Inhalt darin bleibt trocken – die Werkstatt des Kanusport-Spezialisten ist es indes nicht mehr. Es ist nicht die erste Hochwasserlage, die den Chef und seine Mitarbeiter beschäftigt. Bei der Jahrhundertflut vor zweieinhalb Jahren, „da stand das Wasser in der Werkstatt sogar bis zur Decke“, sagt Verkäufer Thomas Brochhagen.
Der Gebäudekomplex in Essen-Kupferdreh war mal eine Mühle
Sie haben daher längst auch selbst Sandsäcke befüllt, haben diese nun mit denen von der Feuerwehr am hinteren Eingang zu ihrem Deko-Raum gestapelt. Dessen Bodenniveau liegt tiefer als der Wasserspiegel des Deilbachs, der nur wenige Meter entfernt fließt. Eine Pumpe hält zudem das Grundwasser im Deko-Raum in Schach. Der ist trocken, ganz anders sieht es im Gebäude nebenan mit Verkaufsraum und Werkstatt aus.
„Das war hier mal eine Mühle“, sagt Thomas Brochhagen zu dem Gebäudekomplex. Er steigt in Gummistiefeln die Treppen aus dem Verkaufsraum ins Untergeschoss. Hier befindet sich die Werkstatt mit mehreren Räumen und vielen Regalen, die auch am Donnerstagmorgen noch im Wasser stehen. Die Pumpe hinten an der Wand fördert es weiterhin hinaus. Ein wenig Sorge bereitet ihnen die Toilette: „Wenn wir Pech haben, kommt das Wasser auch aus dieser heraus.“
Dabei hatten sie es am Mittwoch (3.1.) schon geschafft, mit Pumpe, Saugern und vereinten Kräften: Die Werkstatt sei schon wieder trocken und aufgeräumt gewesen. „Ich habe einen Lastwagen mit Schotter bestellt“, berichtet Heinz Zölzer. Es war vergebens. Die Lieferung sei am Mittwoch nicht mehr angekommen.
Nur einen Tag später hat er sie wieder abbestellt, denn in der Nacht schwoll der Deilbach weiter an, lief erneut in ihre Räume. „Dort, wo der Schotter hätte abgekippt werden müssen, steht nun auch Wasser. Da kann keiner mehr hineinfahren“, sagt er. Man wisse ja nicht, wie tief es ist und in welchen Löchern der Lkw möglicherweise steckenbleibe. Mit dem Schotter wollten sie selbst einen Deich bauen, um sich vor den Wassermassen zu schützen.
Das Wasser war dann in der Nacht schneller und hat auch den Weg zum Geschäft auf der Rückseite abgeschnitten. Vom Kupferdreher Parkplatz unterhalb der aufgeständerten Autobahn am Ufer des Deilbachs entlang erreicht man daher den Kanu-Spezialisten derzeit höchstens noch in Gummistiefeln. Ansonsten ist kein Durchkommen. „Wenn es ganz arg wird, nehmen wir die Boote“, sagt Thomas Brochhagen lächelnd, der sich seinen Humor trotz der Notlage bewahrt hat.
Vor dem Sportgeschäft gibt es auf dem Weg am Deilbach entlang zwar keine Kanus, aber einen Glaser und einen Dachdeckerbetrieb. Noch erreicht man beide gut, das sah jedoch vor zwei Jahren ganz anders aus. „Da lief das Wasser bis in die Glaserei“, sagt eine Mitarbeiterin von Glas Gischler. Was ihnen nun bleibt: „Wir können nur hoffen, dass es nicht mehr höher steigt.“
Angesichts der Probleme von Kupferdreher Gewerbebetrieben mit dem Deilbach-Hochwasser hat der örtliche CDU-Ratsherr Dirk Kalweit am Donnerstag auf Anfrage dieser Redaktion erneut gefordert, dass die Stadt bei besonders exponierten Gebäuden rechtzeitig mit Sandsäcken helfen muss, um das Wasser möglichst draußen zu halten. Das gelte auch, wenn es sich um private Eigentümer handele. „In meinen Augen gehört das zur Daseinsvorsorge, da müssen wir beim Katastrophenschutz nachjustieren.“
Ordnungsdezernent Christian Kromberg, der auch für die Feuerwehr zuständig ist, hatte nach dem Weihnachtshochwasser erklärt, die Stadt sehe sich nicht in der Lage, Sandsäcke zur Verfügung zu stellen. Das gelte sowohl für eigene Gebäude wie Schulen und Schwimmbäder, als auch für private. Um den Lagerraum von Zölzer zu schützen, lieferte die Feuerwehr nun aber doch.
[Essen-Newsletter hier gratis abonnieren | Folgen Sie uns auch auf Facebook, Instagram & WhatsApp | Auf einen Blick: Polizei- und Feuerwehr-Artikel + Innenstadt-Schwerpunkt + Rot-Weiss Essen + Lokalsport | Nachrichten aus: Süd + Rüttenscheid + Nord + Ost + Kettwig und Werden + Borbeck und West | Alle Artikel aus Essen]