Essen. Über die Sicherheit auf Weihnachtsmärkten wird aktuell diskutiert. Was Besucher in Essen sagen – und was der Schausteller-Chef fordert.

Weihnachtsmarkt, das bedeutet Glühwein oder heiße Schokolade trinken, gebrannte Mandeln kaufen, durch die Innenstadt bummeln und an den Hütten auf Geschenke-Suche gehen – kurzum: Eine unbeschwerte Zeit verbringen. Ganz so unbeschwert ist der Besuch derzeit aber für einige Menschen nicht. Sie haben Nachrichten wie die aus Leverkusen im Kopf, wo der Weihnachtsmarkt womöglich knapp einem tödlichen Anschlag entgangen ist.

Zwei jugendliche IS-Sympathisanten sollen vereinbart haben, „mittels einer durch Brennstoffe erzeugten Explosion eines Kleinlasters Anfang Dezember Besucher eines Weihnachtsmarktes in Leverkusen zu töten“, teilte die Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf mit. Albert Ritter, Präsident des Deutschen Schaustellerbundes, fordert nun Videoüberwachung auf dem Essener Weihnachtsmarkt. Dazu aber später mehr.

Essener Weihnachtsmarktbesucherin: „Haben uns dann entschieden, mittags zu gehen“

Annika Z. (42) ist am Montagvormittag kurz nach dem Start des Weihnachtsmarktes in der Essener Innenstadt unterwegs, zusammen mit zwei kleinen Kindern. Sie sagt: „Mein Gefühl ist ein bisschen geteilt. Ich habe gestern noch überlegt, ob wir überhaupt gehen sollen. Wir haben uns dann entschieden, mittags zu gehen, weil Leute, die irgendwelche Aktivitäten planen, das vielleicht eher abends machen.“

Annika Z. (42): „Mein Gefühl ist ein bisschen geteilt. Ich habe gestern noch überlegt, ob wir überhaupt gehen sollen. Wir haben uns dann entschieden, mittags zu gehen, weil Leute, die irgendwelche Aktivitäten planen, das vielleicht eher abends machen.“
Annika Z. (42): „Mein Gefühl ist ein bisschen geteilt. Ich habe gestern noch überlegt, ob wir überhaupt gehen sollen. Wir haben uns dann entschieden, mittags zu gehen, weil Leute, die irgendwelche Aktivitäten planen, das vielleicht eher abends machen.“ © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

Mit „Aktivitäten“ meint die 42-Jährige das, was NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) kürzlich als „abstrakt hohe“ Gefahr durch islamistische Terroristen bezeichnete. „Die kann leider jederzeit konkret werden. Deshalb müssen wir die Augen offenhalten, auch, was unsere Weihnachtsmärkte angeht.“ Gleichwohl müsse „niemand Angst haben, auf einen Weihnachtsmarkt zu gehen“, sagte Reul: „Unsere Sicherheitsbehörden sind wachsam.“ Absolute Sicherheit könne es aber nicht geben. Das weiß auch Frank Büscher, der am Montag ebenfalls auf dem Essener Weihnachtsmarkt unterwegs ist. Der 59-Jährige sagt: „Wer hier was machen oder organisieren will, kann das machen. Die Gefahr ist da.“

Frank Bücher (59): „Wer hier was machen oder organisieren will, kann das machen. Die Gefahr ist da.“
Frank Bücher (59): „Wer hier was machen oder organisieren will, kann das machen. Die Gefahr ist da.“ © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

Polizei Essen: „Das Sicherheitskonzept wird ständig überprüft“

Die hiesige Polizei sieht wie Herbert Reul eine abstrakte Gefahr auf dem Weihnachtsmarkt, aber keine Veranlassung, Einsatzkräfte mit Maschinenpistolen auszurüsten, wie es nach dem Terroranschlag auf dem Berliner Breitscheidplatz vor fast sieben Jahren der Fall war. Dennoch zeigten Streifen verstärkt Präsenz und hätten die Lage im Blick. „Das Sicherheitskonzept wird ständig überprüft“, sagt Polizeisprecher Matthias Werk – und bei Bedarf angepasst.

Einen Vorschlag dafür hat jemand, der seit Jahrzehnten beruflich auf dem Essener Weihnachtsmarkt zu tun hat: Vollblut-Schausteller Albert Ritter, der vor 20 Jahren Präsident des Deutschen Schaustellerbundes wurde. Es gebe bereits taktische Sperren zur Gefahrenabwehr, trotzdem sagt er: „Wenn schon nicht mehr Manpower bei der Sicherheit zum Zug kommt, dann sollte in eine bessere Technik investiert werden. Videoüberwachung würde helfen.“

Zwar weiß Ritter, dass es auch dann schwierig wird, „wenn ein einzelner Verstrahlter rumläuft“, doch sollte „alles, was machbar ist“, unternommen werden, um die Sicherheit zu erhöhen. Videoüberwachung helfe da, ist er sich sicher. Der Datenschutz solle an der Stelle hintanstehen, „schließlich werden die Aufnahmen nach 48 Stunden eh wieder gelöscht“.

Die Jahrhunderte alte Tradition der Weihnachtsmärkte sei vor allem für Familien und Kinder wichtig, die Alltagssorgen vergessen zu machen – auch die Innenstädte würden sehr von den Märkten landauf landab profitieren: „Es gibt in Deutschland 3000 Weihnachtsmärkte. Ohne die wären Innenstädte tot, der Einzelhandel hängt daran.“

Weihnachtsmarkt Essen: Mehr Besucher als vor einem Jahr

Merkt er selbst denn überhaupt einen Besucherschwund ob der „abstrakten Gefahr“? Mitnichten, der Start des Weihnachtsmarktes sei für ihn gut verlaufen. Man denke an das Auftaktwochenende des 51. Internationalen Weihnachtsmarktes, als trotz des schlechten Wetters die Leute nur so in die Innenstadt strömten.

Linda Bousfield ist eine Händlerin, steht mit ihrem Stand auf dem Kennedyplatz. Sie sagt: „Von den vereitelten Anschlägen hier in der Region habe ich noch gar nichts mitbekommen. Ich wohne eigentlich in Frankreich, ich komme immer nur für den Weihnachtsmarkt her. Ich fühle mich per se nicht unsicher. Die Einbrüche beschäftigen uns mehr.“ Damit spielt sie auf Einbrüche in Hütten und Buden an, hinter denen der Schaustellerpräsident vor ein paar Tagen Beschaffungskriminalität vermutete.

Linda Bousfield (Händlerin, 39): „Die Einbrüche beschäftigen uns mehr.“
Linda Bousfield (Händlerin, 39): „Die Einbrüche beschäftigen uns mehr.“ © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

Zurück zum bisherigen Interesse am Essener Weihnachtsmarkt: Der Veranstalter, die Essen Marketing GmbH, verweist auf Anfrage wie Albert Ritter auf ein hohes Interesse. So seien am vergangenen Samstag 84.402 Passanten auf der Kettwiger Straße registriert worden. EMG-Pressereferentin Ina Will zum Vergleichszeitraum im vergangenen Jahr: „Letztes Jahr waren es 78.514 – wir sehen da ein erstes Plus.“ Sie vermutet, dass das auch an zahlreichen Gästen aus den Niederlanden liegt.

Abstrakte Gefahr hin oder her. (mit j.m.)

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