Essen. Aalto-Tenor Aljoscha Lennert kann sich gut mit der zentralen Figur in Cornelia Funkes Roman identifizieren. Was er an der Opernversion schätzt.
Aljoscha Lennert sagt es schnell und frei heraus: „Jon Whitcroft ist Halbwaise wie ich. Er ist wie ich im Internat gelandet. Nur, dass ich nicht gezwungen wurde. Ich wollte dahin. Das ist der große Unterschied.“ Der junge Tenor ist seit dieser Spielzeit am Aalto-Theater als festes Ensemblemitglied engagiert und äußerst zufrieden. Sieben Opern stehen auf seinem Plan. Jetzt ist es die Hauptpartie in James Reynolds Familienoper „Geisterritter“ nach dem gleichnamigen Roman der Bestseller-Autorin Cornelia Funke. Am Sonntag, 26. November, ist die Essener Premiere auf der großen Bühne geplant.
Sein Vater war Pfarrer und hat ihn als Kind nachhaltig geprägt
Sein Vater, der früh starb, war Pfarrer, kulturaffin und hat den gebürtigen Nürnberger nachhaltig geprägt. Mit vier Jahren begleitete er ihn zum Gesangsunterricht. Das war der erste Schritt zur Musik. Ein kleiner Zeitungsartikel brachte ihn ans dortige Staatstheater: Er trat als Knabensopran in Mozarts „Zauberflöte“ und Henzes „Pollicino“ auf, wechselte danach in das Internat des Windsbacher Knabenchores und studierte anschließend Gesang an den Hochschulen in Frankfurt und Hannover. Sein erstes Festengagement hatte er in Osnabrück, wo er in „The Greek Passion“, „Fremde Erde“, „Die Fledermaus“, „Gräfin Mariza“ sowie der Titelpartie in „La clemenza di Tito“ zu erleben war.
Sein größter Erfolg war sicher der als Nikolio in „The Greek Passion“ bei den Salzburger Festspielen und seine Vertretung als Normanno in „Lucia di Lammermoor“ in Essen. „Da entstand der Kontakt zum Aalto-Theater“, erzählt der 33-Jährige. „Das fühlte sich für mich alles richtig an.“ Als das Angebot für ein Festengagement kam, hat er zugegriffen. Jetzt wohnt er mit seiner Verlobten, die er gern mit Koch- und Backkünsten verwöhnt, und einem Dackelmischling in Rüttenscheid und freut sich auf „Tristan und Isolde“ und „Geisterritter“ natürlich. „Eine tolle Sache für Kinder, am Anfang und in der Mitte ist es gruselig“, sagt er über die Familienoper.
Aber es ist auch fantasievoll und bunt gemixt, was Erik Petersen in seiner Inszenierung mit dem Video-Duo fettFlm angerichtet hat. „Schnelle, szenische Wechsel gibt es und Projektionen, zu denen ein Bahnhof und die Kathedrale von Salisbury gehören“, erklärt Aljoscha Lennert. Damit folgen sie James Reynolds musikalischer Mischung, die von spätromantischen Klängen über Neue Musik bis zu Hip-Hop reicht. 2017 in Bonn uraufgeführt und zuletzt an der Deutschen Oper am Rhein gezeigt, verändert sich an der Essener Übernahme in erster Linie die Besetzung.
Es geht um die Liebe, den Tod und das Erwachsenwerden
Infos zu „Geisterritter“
Die Familienoper „Geisterritter“ von James Reynolds feierte am 26. November, 16.30 Uhr, seine Essener Premiere am Aalto-Theater. Empfohlen wird sie ab 12 Jahren.
Das Libretto von Christoph Klimke entstand nach dem gleichnamigen Kinderroman von Bestseller-Autorin Cornelia Funke.
Countertenor Bernhard Landauer singt Jons Gegenspieler Lord Stourton.
Karten unter 0201 81 22 200 oder www.theater-essen.de
Die Geschichte bleibt nah an Cornelia Funkes Vorlage. Der Junge Jon wird in das Internat Salisbury abgeschoben, weil er sich mit seinem Stiefvater nicht verträgt. Als wäre das nicht Unglück genug, trachtet ihm der böse Geist von Lord Stourton nebst Gefolgschaft nach dem Leben und er ahnt nicht, dass ein Familiengeheimnis dahintersteckt. Nur Klassenkameradin Ella will ihm helfen und der gute Geist von Ritter Longspee. Nach einigen Abenteuern und Annäherungen - schließlich geht es um Liebe, Tod, Erwachsenwerden und Verantwortung - gibt es ein Happy End. „Das Spannende an der Figur des Jon ist die Entwicklung, die er durchmacht“, so Lennert. „Am Ende heißt es: Jon ist kein Kind mehr.“
Aljoscha Lennert , der gern mal den Rodolfo aus „La Bohème“, Fenton aus „Die lustigen Weiber von Windsor“ und Max aus „Der Freischütz“ singen möchte, erhofft sich am Aalto-Theater auch eine Entwicklung, die ihn weiterbringt. Möglichst ohne Erwartungen geht er an neue Herausforderungen heran. „Wenn es gelingt“, meint er, „ist die Freude umso größer.“
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