Essen. Mit dem gestarteten Voting flammt die Debatte um den Schriftzug auf dem Essener Handelshof erneut auf. Was unsere Redaktionsmitglieder denken.
Welcher Schriftzug thront bald auf dem Handelshof in der Innenstadt? Bis einschließlich Sonntag (26.11.) können Essenerinnen und Essener über drei Vorschläge abstimmen. Zur Auswahl stehen:
Essen – voller Energie
Essen – Willkommen
Essen – Die Folkwangstadt
- Essen – voller Energie
- Essen – Willkommen
- Essen – Die Folkwangstadt
Gleich nach Bekanntwerden des Online-Votings flammte die leidenschaftlich geführte Diskussion um die Zukunft der Installation am Tor zur Innenstadt wieder auf. Was unseren Redaktionsmitgliedern dazu durch den Kopf geht, lesen Sie im Folgenden.
Handelshof in Essen: Wie unsere Redaktion über die drei vorgeschlagenen Slogans denkt
Johannes Pusch: „Alles ist erlaubt, auch die schrägsten Einfälle, denn es geht um Ihre Ideen und um Ihre (spontanen) Gedanken zur Stadt Essen.“ Mit diesen Worten rief die Stadtverwaltung im Frühjahr die Bürgerinnen und Bürger auf, Vorschläge für den neuen Schriftzug auf dem Handelshof zu machen. Sage und schreibe 2000 Ideen wurden auf offiziellem Weg eingereicht. Eine Jury sichtete die Vorschläge, gab Mehrfachnennungen an eine professionelle Werbeagentur weiter. Trotzdem wurde auch bei den Top-Vorschlägen gesiebt. „Essen diese“ wurde einfach mal ausgespart. Menschen, die nicht aus Essen kämen, würden das nicht verstehen, hieß es sinngemäß. Demokratisch ist das nicht gerade, Fans der beliebten Meme-Seite sind auf dem Baum.
Aber zurück zu den von der Stadt eingeforderten „schrägen“ Einfällen. Schräg sind die drei jetzt zur Abstimmung gestellten Slogans wahrlich nicht. Zwei sind langweilig und banal, der dritte – „Die Folkwangstadt“ – ziemlich pragmatisch. Er steht halt schon da, was es aber nicht besser macht. Vielleicht wäre das hier ja kreativ gewesen? „Essen – diese Folkwangstadt“.
Martin Spletter: Essen – die Fantastadt. Mein Vorschlag! Weiß ja kaum einer, dass die Limonade Fanta in Essen erfunden wurde. Ist echt wahr! Die Limo auf den Handelshof zu schreiben, ist trotzdem nur ein Witz von mir, nicht ernst gemeint – denn können wir diese ganze absurde Diskussion mal beenden und „Essen – Willkommen“ auswählen? Wäre als Geste nicht ganz schlecht, auch wenn der Hauptbahnhof und seine Umgebung vor allem in den Abendstunden wenig wirtlich sind. Besser „Willkommen“ als verkopfte Ideen (Folkwang) oder Rückgriffe in die Vergangenheit (Energie), mit denen niemand was so richtig anfangen kann.
Frank Stenglein: Wer sind wir und wenn ja, wie viele – die abgewandelte spöttische Wortschöpfung eines TV-Philosophen trifft das Verfahren zur Ermittlung des Schriftzugs auf dem Handelshof ganz gut. Fast erwartbar ist unter den nun gekürten drei Vorschlägen keiner, der wirklich überzeugt. „Essen – Willkommen“ klingt banal und ein bisschen piefig wie die „Willkommen“-Fußabtreter vor Wohnungstüren. „Essen – voller Energie“ ist rätselhaft. Welche Energie soll das sein? Oder ist die Anwesenheit einiger Energiekonzerne gemeint? Als Definitionsmerkmal klingt das merkwürdig aus der Zeit gefallen, da hätte man gleich bei der „Einkaufsstadt“ bleiben können. Bei „Essen – die Folkwangstadt“ wiederum missfällt die thematische Enge: Ja, das Museum Folkwang und die Folkwang-Hochschule sind wichtige Kulturinstitutionen, für eine Stadt mit fast 600.000 Einwohnern ist das aber zu elitär und zu weit weg von vielen Menschen.
Was also tun? „Essen – die Einkaufsstadt“ hatte den Vorteil, dass der Slogan etwas mit der Innenstadt, die hinter dem Handelshof beginnt, zu tun hatte. Zu Anfang als Marketing-Maßnahme zugunsten des Einzelhandels gedacht, wurde der Spruch irgendwann zur retrohaften Ikone, die man auch hätte lassen können. Nicht mehr erwünscht, ok, habe ich verstanden. Dann baut doch einfach das ganze Gestänge ab und gebt dem Handelshof sein altes Dach zurück. Immer noch besser als ein Spruch und wenig dahinter.
- Stimmen Sie hier (probeweise) für einen der drei Slogans ab
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Jörg Maibaum: Fast zwei Jahre lang, so dachte man, hat sich die Stadt Essen intensiv um einen wirksamen Werbeslogan auf dem Essener Handelshof bemüht. Hat mit Pauken und Trompeten ein Auswahlverfahren aus der Taufe gehoben, ein Marketingunternehmen eingebunden, eine Jury ins Leben gerufen, um die Besucher der City auf möglichst unverwechselbare Weise in großen Leuchtlettern begrüßen zu können. Ein bisschen Bling am First-Firmament sollte bleiben, auch wenn „die Einkaufsstadt“ nicht nur in die Jahre gekommen, sondern auch zu einem Etikettenschwindel verkommen war. Große Erwartungen wurden geschürt. Doch so, wie die Verantwortlichen als Tiger gesprungen zu sein schienen, sind sie als Bettvorleger gelandet. „Essen – gerne noch einmal!“
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Marcus Schymiczek: „Essen, die Einkaufsstadt“ – mit diesem Spruch auf dem Handelshof bin ich groß geworden. Er hätte dort bleiben können, auch wenn Essen längst nicht mehr DIE Einkaufsstadt ist, die sie einmal war. Einen neuen Slogan zu finden, der für die Stadt steht und mit dem sich die Essenerinnen und Essener identifizieren können, halte ich für schwierig, wenn nicht für unmöglich. Besser wir nennen es kurz und knapp beim Namen: „Essen“. Das genügt.
Martina Schürmann: „Willkommen“ in Essen: Wer sich bald mit der unverbindlichsten aller Slogans arrangieren möchte, der gibt sich mit dem Image einer grauen, gesichtslosen Großstadt irgendwo im Ruhrgebiet zufrieden. Frei nach dem Pott-Motto: „Woanders ist auch scheiße“. Was es woanders nicht gibt: Einen Folkwang-Begriff, der nicht nur Name eines international bedeutenden Kunstmuseums, einer nicht minder wichtigen Kunsthochschule und einer der größten Musikschulen im Lande ist. Folkwang –im Wortsinn „Halle des Volkes“ – steht für Zugänglichkeit, Miteinander, Modernität. „Kunst für alle“ – die auf eine griffige Formel gebrachte Idee des Folkwang – Gründers Karl Ernst Osthaus ist mehr als hundert Jahre alt. In diesen Tagen sollte sie uns wichtiger denn je erscheinen – im Hinblick auf gesellschaftliche Teilhabe, kulturelle Bildung und ihr identitätsstiftendes Potenzial. Die leuchtende „Folkwangstadt“-Schrift darf dabei nicht für sich alleine stehen. Bis 2023 läuft in Essen eine großangelegte Folkwang-Dekade. Bürgernähe und Vermittlung sollten dabei ein wichtiger Baustein sein, damit sich noch viel mehr Menschen den Folkwang-Gedanken zu eigen machen.
Christina Wandt: „Essen – grau, aber immerhin“, hat Werber Vilim Vasata einst getextet. Auf dem Handelshof wird man dieses lässige Understatement wohl leider nie lesen können. Von den nun vorgelegten Ideen nähme ich die Willkommen-Variante, leicht modifiziert: „Essen – willkommen“ Was soll das? Warum nicht schlicht: „Willkommen in Essen“.
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Elli Schulz: Für mich kann der aktuelle Schriftzug „Essen – die Folkwangstadt“ gern bleiben. Das spart Kosten und Aufwand. Und irgendwie hat man sich inzwischen schon daran gewöhnt. Das Folkwang-Museum und die gleichnamige Hochschule haben seit vielen Jahrzehnten einen guten Ruf und sind weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannt. Sie stehen für Qualität über einen langen Zeitraum und sind damit das Gegenteil der schnelllebigen Internettrends wie „Essen diese“. Die werden nur in einem begrenzten Umfeld und in einer bestimmten Altersgruppe gefeiert – auch wenn von den Initiatoren zweifellos kreative Ideen für das Stadtgeschehen kommen. Und außerdem: Der Name „Folkwangstadt“ muss ja nicht für die Ewigkeit sein.
>>> INFO: Online-Voting läuft bis Sonntag (26.11.)
Bis einschließlich Sonntag, 26. November, können Essenerinnen und Essener online (www.essen.de/SchriftzugHandelshof) ihre Stimme für eine der drei Ideen abgeben.
„Der Vorschlag mit den meisten Stimmen wird dem Rat der Stadt Essen in seiner kommenden Sitzung am Mittwoch, 29. November, zur abschließenden formalen Entscheidung vorgelegt“, heißt es seitens der Stadtverwaltung.
Und was passiert, wenn die meisten User keinen der drei Vorschläge auswählen? Das ist bei der Auswahl schließlich auch möglich. Von Stadtsprecherin Silke Lenz heißt es auf Anfrage dazu: „Das obliegt dem Rat der Stadt Essen, der in der Ratssitzung Ende November die finale Entscheidung treffen wird.“
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