Essen. Nur einen Tag lebten die Haltestangen für Radfahrer an der Rü in Essen, die städtische Mitarbeiter eigenmächtig aufstellten. OB sprach Machtwort.

Für spöttische bis fassungslose Reaktionen im Internet sorgte am Dienstag (14.11) die überraschende Installation von Haltegestellen für Radfahrer in Rüttenscheid. Ein langes Leben war ihnen indes nicht beschieden. Wie Stadtsprecherin Silke Lenz am Mittwoch morgen (15.11) mitteilte, hat Oberbürgermeister Thomas Kufen angeordnet, dass die nicht abgesprochene Installation der Gerätschaften sofort wieder rückgängig gemacht werden soll. Das ist noch am selben Vormittag geschehen.

Ein Passant hatte am Dienstag das nagelneue Gestänge an der Ecke Rüttenscheider Straße/Martinstraße fotografiert, die Interessengemeinschaft Rüttenscheid (IGR) hatte es kommentarlos im Netz gepostet, was sofort Reaktionen auslöste. „Ich glaub’ das nicht“, „Was ist das?“, „So ein Blödsinn“, „Hässlich“, „Schildbürgerstreich“– die Reaktionen waren weit überwiegend negativ, einige verwiesen auch auf mögliche Unfallgefahren.

Zur ohnehin aufgeheizten Stimmung an der Rü passt der Fall wie die Faust aufs Auge

Nicht amüsiert: Oberbürgermeister Thomas Kufen pfiff das Amt für Straßen und Verkehr in Rüttenscheid zurück.
Nicht amüsiert: Oberbürgermeister Thomas Kufen pfiff das Amt für Straßen und Verkehr in Rüttenscheid zurück. © FUNKE Foto Services | Uwe Ernst

Andere erklärten, die Stangen seien praktisch, so könne man als Radfahrer doch an der roten Ampel halten, ohne absteigen zu müssen. Allerdings blieben sie in der Minderheit. Wer die wenigen Betriebsstunden nutzte, um die Probe aufs Exempel zu machen, zeigte sich zudem von der Nutzbarkeit wenig überzeugt. „Das Gestell hat einen zu großen Abstand vom Bordstein, man muss sich verrenken oder auf den Bordstein fahren“, hieß es.

Zur ohnehin stark aufgeheizten Stimmung rund um die Fahrradstraße Rü und die beschlossenen Auto-Sperren passt der eigentlich eher kleine Vorgang jedenfalls wie die Faust aufs Auge. Besonders in den Internet-Foren der Gegner der geplanten Autoverdrängung gab es heftige Wortbeiträge. Tenor: Die Stadt wolle offenbar Öl ins Feuer gießen.

Diesen Eindruck wollte wohl auch Oberbürgermeister Thomas Kufen unbedingt vermeiden. Von Verkehrsdezernentin Simone Raskob verlangte Kufen am Mittwochmorgen in einer – wie die Stadtsprecherin berichtete – ausgesprochen wütenden Ansprache Aufklärung.

Bürgermeister Rolf Fliß (Grüne) soll die Anregung gegeben haben

Nicht sehr sinnvoll angebracht: Der Abstand zwischen Bordstein und Trittfläche ist zu groß.
Nicht sehr sinnvoll angebracht: Der Abstand zwischen Bordstein und Trittfläche ist zu groß. © F.S.

Wie kam es nun zu der Installation, die den OB so aufregte? Nach Darstellung von Sprecherin Silke Lenz soll der seit jeher fahrradbegeisterte Bürgermeister Rolf Fliß (Grüne) die Aufstellung der Gestänge angeregt haben und stieß damit im Amt für Straßen und Mobilität, das Raskob unterstellt ist, auf offene Ohren. „Man kann das mal überlegen“ soll der offizielle Stand gewesen sein.

Dann aber sollen offensichtlich übereifrige Mitarbeiter gleich zur Tat geschritten sein, ohne dass noch politische Gremien wie die Bezirksvertretung gefragt wurden. Auch Raskob soll nach Darstellung von Silke Lenz von nichts gewusst haben. Möglich erscheint, dass die städtischen Mitarbeiter dachten, auf einer Fahrradstraße ist alles erlaubt, sofern es nur dem Fahrradverkehr dienen könnte.

Schnelles Ende einer Provinzposse

Ganz so einfach scheint es aber doch nicht zu sein. Der OB sprach ein Machtwort und verlangte, dass das Gestänge bitteschön noch am Mittwoch wieder abzubauen ist. Ein Wiederaufbau sei auch bei Einhaltung des Dienstwegs vorerst nicht zu erwarten, betont Silke Lenz. So gab es ein schnelles Ende einer Provinzposse, bei der viele sich fragten, ob sie nun lachen oder weinen sollten.