Essen. Die Stadtverwaltung Essen ändert ihren Kurs bei Neueinstellungen. Bestimmte Arbeitsverträge soll es künftig so gut wie nicht mehr geben.

Fachkräfte fehlen in der Stadtverwaltung schon heute in vielen Bereichen akut. Dieses Problem dürfte sich noch verschärfen, wenn demnächst die sogenannte „Babyboomer-Generation“ in den Ruhestand geht. Im sich verschärfenden Kampf um Talente, dem „War for Talents“, steht die Stadt Essen zudem nicht nur in der Konkurrenz zur Privatwirtschaft, die ihren Beschäftigten meist bessere Gehälter bietet. Auch unter den Kommunen ist das Abwerben schon heute fleißig im Gange.

Damit die Verwaltung der Stadt Essen auch in Zukunft genügend Personal hat, vollzieht sie jetzt bei Neueinstellungen einen deutlichen Kurswechsel: Künftig soll es befristete Arbeitsverträge nur noch in Ausnahmesituationen geben. In der Regel sollen neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unbefristet eingestellt werden. Auch sollen möglichst viele befristete Arbeitsverhältnisse entfristet werden. Prekäre Beschäftigungsverhältnisse wird es also bei der Stadt Essen nicht mehr geben.

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„Befristungen sind für Bewerber und Bewerberinnen sehr unattraktiv“, betont die städtische Personaldezernentin Annabelle Brandes. Da sie sich bei der derzeitigen Arbeitsmarktlage ihren Arbeitgeber meist aussuchen können, entscheiden sich nicht wenige lieber für eine Arbeitsstelle mit Perspektive. Aber nicht nur die Rekrutierung von neuem Personal werde durch Befristungen schwieriger, gleiches gelte für die Mitarbeiterbindung. Im Ringen um Fachkräfte kann sich die Stadt das nicht mehr leisten.

Stadt Essen will Beschäftigten Planungssicherheit geben

Für Annabelle Brandes ist der Schritt allerdings nicht nur einer, der aus der demografischen Entwicklung heraus notwendig erscheint. „Das ist auch meine persönliche Haltung als Personalverantwortliche“, unterstreicht Brandes, die seit Februar 2022 in Essen im Amt ist. „Ich möchte den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen Planungssicherheit geben, ihnen Stress und Existenzängste nehmen, die meist mit befristeten Arbeitsverträgen verbunden sind.“

Mit fast 9800 Beschäftigten ist die Stadtverwaltung einer der größten Arbeitgeber in Essen. Im Dezember vergangenen Jahres hatten dort 484 einen befristeten Arbeitsvertrag. Ende Oktober dieses Jahres waren es bereits nur noch 260. Vor allem im sozialen Dienst und in Kitas wurden in den vergangenen Wochen und Monaten rund 170 Beschäftigungsverhältnisse entfristet. In den Kindertageseinrichtungen wird schon seit 1. Oktober nur noch unbefristet eingestellt. Das gilt künftig auch für alle anderen Fachbereiche.

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In der Vergangenheit nutzte die Stadtverwaltung, wie viele andere Arbeitgeber auch, befristete Arbeitsverträge dafür, um Personallücken für eine bestimmte Zeit zu überbrücken – etwa bei Elternzeiten oder in Krankheitsfällen. Allerdings habe man gemerkt, so Brandes, dass das so gewonnene Personal anschließend auch dringend an anderen Stellen gebraucht wird, weil sich immer wieder Lücken in der Personaldecke auftun.

Befristete Verträge bei der Stadt Essen nur noch in Ausnahmefällen

Allerdings wird die Stadt Essen in Zukunft jedoch nicht gänzlich auf befristete Verträge verzichten können. In Ausnahmefällen, sagt Brandes, werde es diese auch weiterhin geben müssen. Etwa wenn Stellen an zeitlich begrenzte Projekte gebunden sind.

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Der Fachkräftemangel ist in vielen Bereichen der Verwaltung schon jetzt deutlich zu spüren. Im technischen Bereich fehlen vor allem Architekten und Ingenieure, es mangelt an IT-Spezialisten, an Ärzten im Gesundheitsamt und an Erziehern und Sozialpädagogen. Deshalb bildet die Stadt auch wieder massiv eigenen Nachwuchs aus. Über 400 Ausbildungsstellen hat sie in diesem Jahr besetzt, im nächsten Jahr wird das Ausbildungsangebot auf über 500 Stellen wachsen.

Beamtenausbildung in Essen wird forciert

Seit diesem Jahr bildet die Stadt Essen nach jahrelanger Pause auch wieder Beamte im mittleren Dienst aus. Das Angebot sei „eingeschlagen wie eine Bombe“, sagt Annabelle Brandes. Deshalb werde es im nächsten Jahr einen zusätzlichen Kurs dafür geben. „Daran sieht man, dass das Beamtentum bei jungen Menschen, gerade in unsicheren Zeiten, wieder sehr begehrt ist.“

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