Essen-Kray. Dreck, Müll, Gerüste und ein Sommer ohne Balkon: Vivawest-Mieter in Essen klagen über Zustände auf der Baustelle. Einige fürchten Mieterhöhung.

„Heilloses Durcheinander“, „saumäßige Umstände“, „unsägliche Baustelle“: Die Mieter in der Krayer Wohnsiedlung Am Heimbusch sind wütend. Im Frühjahr hat die Sanierung der Mehrfamilienhäuser begonnen. Seitdem lebten sie mit Müll, Dreck, ohne Balkone und beobachteten, dass die Arbeiten einfach nicht vorankämen. Das Wohnungsunternehmen Vivawest als Eigentümer erklärt die Probleme und das weitere Vorgehen.

Noch stehen die Gerüste an den roten, gelben und türkisen Fassaden, noch haben nicht alle Balkone ein Geländer. Die Modernisierung betrifft zwölf Wohngebäude mit je vier Wohnungen, drei Doppelhäuser und sechs einzelne und insgesamt knapp 50 Mietparteien in den Hausnummern 5 bis 15 sowie 6 bis 16. Vivawest modernisiert bzw. erneuert nach eigenen Angaben etwa Balkone und Dächer, die Haus-, Keller- und Eingangstüren sowie Vordächer, Müllstellplätze und Außenanlagen. Zudem seien sämtliche Fassaden und Treppenhäuser gestrichen worden. Begonnen haben die Arbeiten im April.

Mieter in Essen sehen sich mit nicht nachvollziehbaren Erklärungen konfrontiert

„Seitdem ist hier nichts mehr wie es war“, klagt ein Mieter und meint mitnichten die Verbesserungen in seiner Siedlung. Vielmehr beschreibt er ständige Lärm- und mitunter auch Geruchsbelästigung. Zehn Wochen sollten die Arbeiten und damit verbundene Unannehmlichkeiten pro Häuserblock andauern, so hatte es Vivawest angekündigt. „Bei den ungeraden Hausnummern sind es nun 20, bei den geraden mittlerweile 16 Wochen“, beschreiben Mieter, die sich von ihrem Vermieter vertröstet oder mit nicht nachvollziehbaren Erklärungen konfrontiert sehen.

Die Arbeiten dauern länger als geplant in der Vivawest-Siedlung in Essen-Kray, auch über die Ausführung klagen manche Mieter.
Die Arbeiten dauern länger als geplant in der Vivawest-Siedlung in Essen-Kray, auch über die Ausführung klagen manche Mieter. © sag

Selbst bei schönstem Wetter seien manche Arbeiten mehrfach nicht fertiggestellt worden. Bei gutem Wetter hätte man doch Gas geben können, bei Regen zumindest einige Flächen abdecken können, um weiterarbeiten zu können. Stattdessen gleiche die gesamte Wohnsiedlung seit Monaten einer Großbaustelle.

Derzeit sind noch manche Eingangstüren und Flurfenster mit großen Folien abgeklebt. Zahlreiche Gerüst-Elemente liegen am Boden, daneben riesige Säcke mit Sand, Leitern und gefüllte Müllsäcke im Gras. Container müssen noch abgeholt, Schutt muss noch beseitigt werden, auf den die Mieter aus ihren Fenstern blicken. „Handwerker sieht man hier selten“, ruft ein Mann, der sich hinauslehnt. Das sei schon die ganze Zeit so gewesen, dass diese oftmals nicht allzu lange vor Ort gewesen seien, beschreibt er seine Eindrücke der vergangenen Monate.

Mittlerweile ist laut Vivawest der Großteil der Maßnahmen in Essen-Kray abgeschlossen

„Kleckerweise“, so seien die Arbeiten erledigt worden, das bestätigt ein weiterer Mieter. Dazu gehörten abgedeckte Dächer, in die es dann hineingeregnet habe. „Der Sommer ist hin“, fasst eine Mieterin (51) die Situation jetzt schon zusammen, da sie die ganze Zeit ihren Balkon nicht habe nutzen können. Mit einem Gefängnis vergleicht es ein weiterer Anwohner, der sich in seiner Lebensqualität eingeschränkt fühlt - und das ganz unnötig. Man hätte doch ein Haus nach dem anderen fertigstellen können.

Ein Sommer ohne Balkone: Das macht einige Mieter von Vivawest in Essen-Kray wütend.
Ein Sommer ohne Balkone: Das macht einige Mieter von Vivawest in Essen-Kray wütend. © sag

Dann sei aber schon der Baustart mit Verspätung erfolgt, sagt eine 51-Jährige, am 27. März sollte der sein, dann war es April. Laut Vivawest folgten die Häuser mit geraden Hausnummern dann im Mai. Mittlerweile sei der Großteil der Maßnahmen abgeschlossen, heißt es von dem Wohnungsunternehmen. Die noch ausstehenden Restarbeiten – konkret die Montage neuer Balkongeländer (nur gerade Hausnummern) sowie der neuen Vordächer, die Einrichtung der neuen Müllstellplätze und die Wiederherstellung der Außenanlagen – nehmen voraussichtlich noch rund drei Wochen in Anspruch.

Ursprünglich war pro „Häuserblock“ eine Bauzeit von ca. zehn Wochen vorgesehen. „Aufgrund von Materialengpässen und Wetterbeeinträchtigungen kam es jedoch zuungeplanten Verzögerungen“, sagt Vivawestsprecher Jens Rospek. Er versichert: „Uns ist bewusst, dass solche Maßnahmen über einen längeren Zeitraum für unsere Mieter keine einfache Situation darstellen, weshalb wir versuchen, die Auswirkungen so gering wie möglich zu halten, sie bestmöglich über den Verlauf zu informieren und die Arbeiten schnellstmöglich abzuschließen.“

Eine Mietanpassung ist in Essen-Kray nicht vorgesehen

Da manche Mieter auch die Sorge umtreibt, ob es wohl nach den Arbeiten eine Mieterhöhung geben könnte, erklärt er, dass bei Baumaßnahmen mietrechtlich zwischen Instandhaltungsmaßnahmen und Modernisierungsmaßnahmen zu unterscheiden sei. Die Kosten für Instandhaltungsmaßnahmen trage der Vermieter selbst, die Kosten für Modernisierungsmaßnahmen wiederum (zum Beispiel energetische Modernisierung, Austausch der Heizungsanlage bzw. Energieträgerwechsel) dagegen können anteilig auf die Mieter umgelegt werden.

Auf den Wiesen liegen an vielen Stellen auseinandergebaute Gerüste und Metallteile in der Essener Siedlung von Vivawest.
Auf den Wiesen liegen an vielen Stellen auseinandergebaute Gerüste und Metallteile in der Essener Siedlung von Vivawest. © sag

Mit Blick auf die erfolgten Arbeiten sagt Jens Rospek: „Da es sich hier zum Großteil um Instandhaltungsmaßnahmen handelt, sind Mietanpassungen infolge der derzeitigen Arbeiten nicht vorgesehen.“

„Das würden wir ohnehin nicht zahlen, da würden wir gegen vorgehen“, schüttelt eine Mieterin energisch den Kopf. Andere haben in der Zwischenzeit bereits einen Mitarbeiter angesprochen, ein Bauleiter soll es gewesen sein, der die Beschwerden habe weiterleiten wollen. „Dabei ist er doch zuständig. An wen sollte das denn gehen, an den Bundeskanzler“, fragt ein Mieter ironisch. Wütend und genervt sind viele – und mit ihrer Geduld längst am Ende.

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