Essen-Huttrop. Nach drei Jahren Umbaupause eröffnet die Stadtteilbibliothek Essen-Huttrop. Warum die Einrichtung mit Wohnzimmer-Atmosphäre ein Pilotprojekt ist.
- Fast drei Jahre war die Stadtteilbibliothek Essen-Huttrop geschlossen.
- Jetzt eröffnet sie am neuen Standort.
- Sie soll viel mehr sein als ein Ort zum Bücher ausleihen.
Langweilige Regalreihen, vollgestopft mit Büchern – das war gestern. Eine Stadtteilbibliothek kann auch ganz anders aussehen: Fast drei Jahre mussten Bücherfreunde in Essen-Huttrop warten. Jetzt ist die Stadtteilbibliothek am neuen Standort fertig und wird am Samstag, 16. September, eröffnet. Es gibt einige Überraschungen.
Die Stadtteilbibliothek Huttrop ist ein Pilotprojekt, an dem sich auch die künftige Zentralbibliothek in der Innenstadt orientieren werde, erklärt Oberbürgermeister Thomas Kufen beim Rundgang am Tag vor der offiziellen Eröffnung.
Die neue Stadtteilbibliothek Essen-Huttrop soll ein Wohlfühlort sein
Entstanden ist ein großzügiger, heller Ort der Begegnung, gestaltet mit viel Orange, aber auch Anspielungen auf Bergbau und Industrie-Vergangenheit der Stadt. So sehen Lampen wie Grubenlampen oder Bergbau-Helme aus, Abtrennwände wie Zechenkörbe und Tapeten wie historische Pläne von Industrieanlagen. An Säulen und Wänden sind noch Zahlen, Skizzen und Buchstaben erkennbar, die an die Zeit erinnern, als das Gebäude einen Discounter beherbergte. „Das wurde bewusst so gelassen. Man soll sehen, dass es ist ein Haus mit Geschichte ist“, sagt Anja Flicker, Leiterin der Stadtbibliothek.
Ende 2020 musste die Stadtteilbibliothek Huttrop ihre angestammten Räume an der Steeler Straße 373 verlassen – das Haus war verkauft, der Mietvertrag gekündigt worden. Die Suche nach geeigneten neuen Räumen im Umfeld gestaltete sich schwierig – bis eine Bibliotheksnutzerin auf einen leerstehenden Aldi-Markt am Mählerweg 1/Ecke Steeler Straße aufmerksam machte, berichtet die langjährige Bibliotheksleiterin Sabine Schnick, die seit 2015 in Huttrop tätig ist.
Einrichtung liegt mit ihren Ausleihzahlen in Essen auf Platz 1 der Stadtteilbibliotheken
Damit war die neue Heimat der Einrichtung gefunden, die nach der Zentralbibliothek in der City die höchsten Ausleihzahlen in Essen aufweist, wie Anja Flicker einordnet. Im Jahr vor der Schließung 2019 seien es 141.000 gewesen. „Das werden nun deutlich mehr“, ist OB Kufen überzeugt. Auf das Team kommen neue Aufgaben zu, es wurde deshalb von drei auf vier Mitarbeitende aufgestockt. Neu im Team sind Svenja Naßmacher und Max Hemsing. Leiterin bleibt Sabine Schnick, die seit 1984 im Bibliotheksdienst ist. Seit der Schließung der Filiale war sie meist in der Zentralbibliothek eingesetzt, ihre Kollegin Silke Schlewald fungierte als Vertretung.
Die Medien aus Huttrop – Bücher, Hörbücher, DVDs, Tonies und Spiele – waren teils in Schonnebeck, teils in der Zentralbibliothek eingelagert und sind inzwischen um neue Titel ergänzt worden. Die Stadtteilbibliothek Huttrop besitzt rund 20.000 Medien, davon sind 15.000 Bücher.
Auf 700 Quadratmetern, einer doppelt so großen Fläche wie am letzten Standort, konnte die Stadt ihr Konzept des „Dritten Ortes“, also eine Art zusätzliches Wohnzimmer zum Ausspannen und Wohlfühlen, umsetzen. Knapp 1,3 Millionen Euro hat die Stadt in das Projekt investiert, so Thomas Kufen. Rund 500.000 Euro seien aus Mitteln des Landes NRW und aus EU-Fördertöpfen geflossen, auch die Bezirksvertretung habe sich beteiligt. Die Umbauarbeiten hatten im Juni 2022 begonnen.
Das Programm zur Eröffnung
Die offizielle Eröffnung erfolgt am 16. September, 13 Uhr, durch OB Thomas Kufen. Ab 14 Uhr gibt es Tanzperformances mit dem Verein Bekind.
Ab 17 Uhr steht Jazz-Musik mit dem Hartmut-Kracht-Trio auf dem Programm. Für Kinder entwirft Grüffelo kleine Monster zum Mitnehmen und das Spielmobil steht auf dem Parkplatz am Mählerweg 1 bereit.
Bürger und Mitarbeiterinnen waren frühzeitig in die Arbeit am neuen Konzept eingebunden, die Nutzer konnten in Workshops und Online-Befragungen ihre Wünsche äußern. „Immer wieder wurden dabei verschiedenartige Sitzgelegenheiten genannt, die Architekt Aat Vos nun sehr kreativ umgesetzt hat“, sagt Anja Flicker. Der niederländische Architekt gilt als Experte für Bibliotheksdesign und die Schaffung „Dritter Orte“, die neben dem Zuhause und dem Arbeitsplatz die soziale Infrastruktur von Gemeinschaften verbessern sollen.
Neben Sofas, Sesseln und Couchtischen gibt es Schreibtische, große Tische für gemeinsame kreative Aktivitäten, Sitzsäcke, Stufen, Rohre und ein Baumhaus mit Aufenthaltsqualität, in das sich die jungen Besucherinnen und Besucher zurückziehen können. Der Jugendbereich befindet sich bewusst ganz am Ende der Räumlichkeiten, um den Heranwachsenden Privatsphäre zu ermöglichen. „Die Medien sind größtenteils außen an den Wänden platziert, der Raum in der Mitte ist für die Menschen gedacht“, so Anja Flicker.
Für Kaffee und Wasser ist sorgt, eine Nähmaschine und ein 3-D-Drucker sollen helfen, Ideen zu verwirklichen. Was sonst noch gebraucht wird, soll sich im Laufe der Zeit zeigen. Fest steht, dass ein Gaming-Bildschirm installiert wird. „Wir wollen die Jugendlichen aus der häuslichen Isolation vor dem PC herausholen. Hier können sie gemeinsam spielen und Turniere veranstalten“, sagt Flicker.
„Wir haben hier ganz viel richtig gemacht“, betont der Oberbürgermeister. Trotz Wohnzimmer-Atmosphäre und Bereichen für soziale Kontakte sollen aber weiterhin die Bücher, die Heranführung ans Lesen und die Förderung der Lesekompetenz im Vordergrund stehen.
Instrumente und Werkzeuge sollen noch angeschafft werden
Aktuell gelten noch die alten Öffnungszeiten montags und donnerstags, 14 bis 18.30 Uhr, dienstags, mittwochs und freitags, 10 bis 17 Uhr. In Zukunft soll mit gültigen Bibliotheksausweis, der ansonsten nur für die Ausleihe, nicht für den Aufenthalt in den Räumen benötigt wird, der Zutritt nach dem Prinzip der „Open Library“ auch zu Zeiten möglich sein, wenn kein Personal da ist. „Die Investition soll sich ja lohnen und es wäre schade, wenn der Ort zum Beispiel am Wochenende komplett geschlossen wäre“, erklärt Anja Flicker. Ebenfalls geplant ist die Anschaffung von Instrumenten, Sportgeräten oder Werkzeugen, die man dann ausleihen kann.
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