Essen. Die Umweltbewegung „Fridays For Future“ hatte zur Demo geladen – mittlerweile kommen nur noch Hunderte, nicht mehr Tausende. Woran das liegt.
Laufen die „Klima-Kleber“ der Umweltbewegung „Fridays For Future“ den Rang ab? Während sich seit Monaten Mitglieder der „Letzten Generation“ öffentlichkeitswirksam auf Straßen festpappen, um auf den Klimawandel aufmerksam zu machen, erfahren die „Klima-Streik“-Aktionen der „Fridays For Future“-Bewegung vergleichsweise wenig Resonanz.
Zum „13. globalen Klimastreik“ hatte „Fridays For Future“ am Freitag (15. September) aufgerufen – es sind etwa 400 Menschen, die am frühen Nachmittag auf den Kennedyplatz gekommen sind. Die zunächst als „Schul-Streik“ gestarteten Aktionen begannen im Dezember 2018 auch in Essen; ihren Höhepunkt erreichte die Bewegung im September 2019, als 6000 protestierende Menschen durch die Innenstadt zogen; erwartet hatten die Aktivisten damals 600. 2021 kamen noch 2000, doch während und nach Corona wurde seitdem bei „Fridays For Future“-Aktionen nie mehr eine so eindrucksvolle Macht demonstriert.
„Unsere Art des Protestes kommt bei der breiten Gesellschaft besser an“
„Wir haben eine andere Art des Protestes, der breitere Schichten erreicht als die Aktivisten der ,Letzten Generation’“, sagt Julian Pannen (24) von der Essener „Fridays For Future“-Bewegung. „Breite Teile der Gesellschaft finden unsere Demonstrationen besser, wir polarisieren weniger.“
Da hat er Recht: An diesem Freitag sind nicht nur jugendliche Klimaschützer auf den Kennedyplatz gekommen. Wie schon in den Vorjahren, sieht man viele Senioren, Umweltbewegte der ersten Stunde, Familien mit Kindern. Man habe bewusst das Konzept der ehemaligen „Schul-Streiks“ verändert, erklärt Pannen, deshalb startet auch dieser Protestzug um 14 Uhr statt vormittags, „es wurde nach fünf Jahren organisatorisch immer schwieriger, schon während der Schulzeit zu demonstrieren.“
Deutlich wird an diesem Tag, dass „Fridays For Future“ auch weiter eine breite Bewegung bleibt, auch wenn die Teilnehmerzahlen bei weitem nicht mehr so sind wie früher. Gesichtet werden Aktivisten des Runden Umwelttisches Essen, Mitglieder des Fahrradclubs ADFC, grüne Ratsmitglieder, Friedensbewegte, auch die üblichen Splitterparteien wie MLPD oder AUF. Auch einige wenige Verschwörungstheoretiker haben sich in die Menge gemischt, die bei Anti-Corona-Demos gesichtet wurden, aber die Mehrheit der Demonstranten hat zuvorderst den Klimaschutz im Sinn: „Wir haben ganz konkrete Forderungen an die Stadt Essen“, sagt Victoria Zegge (18) von „Fridays For Future“. „Der Ausbau des Öffentlichen Nahverkehrs muss endlich Vorrang haben, gleiches gilt für den Ausbau der Radwege. Es wird immer viel versprochen und angekündigt, doch die Umsetzung ist halbherzig, zum Beispiel die Umwandlung der Rüttenscheider Straße in eine Fahrradstraße. Das hat kaum Vorteile gebracht.“
15 Aktive hat „Fridays For Future“ in Essen
Victoria Zegge glaubt auch, dass „Fridays For Future“ deshalb nicht mehr Tausende auf die Straße bringt, „weil die Leute frustriert sind und sich Protestieren einfach nicht mehr erlauben können, zum Beispiel wegen der Inflation.“ Tatsächlich sieht man in der Menge nur wenige Demonstranten, die so aussehen, als kämen sie gerade direkt von der Arbeit oder würden diese sogar schwänzen.
Die Essener „Fridays For Future“-Bewegung trifft sich weiter alle zwei Wochen in einem Haus am Weberplatz in der nördlichen Innenstadt, vielleicht 15 Aktive hätte man zurzeit, „doch wir sind und bleiben immer noch die größte Jugend- und Umweltbewegung in Deutschland“, sagt Julian Pannen.
Zum Start des Protestzuges, der, begleitet von Polizei, die Menge vom Kennedyplatz durch die nördliche Innenstadt führt, die Schützenbahn hinauf zum Hauptbahnhof und abschließend zum Hirschlandplatz, bittet Pannen die Demo-Teilnehmer: „Bitte hinterlasst keinen Müll, und, wie immer, Fahnen von politischen Parteien sind unerwünscht.“ Da rollt der MLPD-Mann seine Flagge wieder ein.
Die Polizei meldet später noch einen kurzfristigen Störversuch: Personen, die nicht zu einer Umweltbewegung gehören, hatten versucht, die Megaphon-Durchsagen zu stören mit einem elektronischen Gerät. Sie konnten schnell daran gehindert werden.
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