Essen-Horst. Abgehängt fühlen sich Berufstätige, Schüler und Senioren in Essen-Horst, wo eine Busanbindung fehlt. Es gibt eine neue Idee – einen Testbetrieb.

Protestaktion, Unterschriften-Sammlung und nun eine Reaktion der Stadt: Für den Stadtteil Horst soll es ein zusätzliches Busangebot geben. Damit soll die angespannte Situation rund um die Horster Straße abgemildert werden, wo sich zahlreiche Anwohner vom öffentlichen Nahverkehr abgeschnitten fühlen. Die neue Verbindung soll allerdings zunächst zeitlich befristet sein.

Lange schon gibt es Kritik aus dem Stadtteil, da viele sich in Bezug auf den öffentlichen Nahverkehr benachteiligt fühlen. Die fehlende Anbindung trifft Berufstätige, Schüler und Schülerinnen und vor allem ältere Menschen besonders, die nicht zum Einkaufen oder Arzt etwa nach Steele kommen.

Als die Ruhrbahn die Linie 167 bereits 2018 wegen zu weniger Fahrgäste einstellte, wuchs die Kritik. Die Ruhrbahn setzt lediglich noch an den Steeler Markttagen (dienstags, donnerstags und samstags) zwischen dem Unteren Horst und Steele den „Marktbus“ (E64) ein. Dieser fährt seit Februar 2020, nach heftigem Protest der Bürger. Mit ihm sollen laut Fahrgasterhebungen im Schnitt zwei Fahrgäste je Fahrt mitfahren.

Es soll weiterhin zu Ausfällen der S 3 in Essen-Horst kommen

Die Lage spitzte sich nun zu, nachdem die Bahn den Takt der S 3 auf stündlich ausdünnte. Das hat sich zwar wieder geändert. Doch „trotz Zusicherung der DB Regio, dass der reguläre Betrieb der Linie S 3 im 30-Minuten-Takt ab dem 7. August wieder aufrechterhalten werden könne, kommt es weiterhin zu Ausfällen vereinzelter Fahrten“, heißt es dazu. Und: Die Linie fuhr einst im 20-Minuten-Takt.

Friseurmeisterin Conny Vatter setzte sich bereits 2019 für einen Bürgerbus ein, um die Situation in Essen-Horst zu entschärfen.
Friseurmeisterin Conny Vatter setzte sich bereits 2019 für einen Bürgerbus ein, um die Situation in Essen-Horst zu entschärfen. © FUNKE Foto Services | Sara Schurmann

Da die Situation auch immer wieder Thema im Friseursalon von Friseurmeisterin Conny Vatter gewesen ist, war sie auch treibende Kraft, um eine Lösung zu finden. Die lautete seinerzeit: „Bus anne Ruhr 67“. Für das Projekt sammelte sie Spenden, um die Lücke zu schließen. Dieser Bus fuhr dann donnerstags und samstags morgens Richtung Steele und mittags wieder zurück (2 Euro für Erwachsene, einen Euro für Kinder). Als die Spendenkasse sich leerte, sprang die Awo ein. Es ist ein willkommenes Projekt, eine dauerhafte Lösung ist es schon mit Blick auf die stark eingeschränkten Fahrzeiten und die limitierten Gelder nicht.

Rund 700 Unterschriften sind an Essens Oberbürgermeister übergeben worden

So blieb der Unmut. Auch Conny Vatter ließ das Thema keine Ruhe, dabei wusste sie aktive Anwohner und Anwohnerinnen wie Barbara Frach (Mitglied im Ortsausschuss und Projektgruppe „45279 – das sind wir“) ebenso an ihrer Seite wie die Vertreter aus der Politik. So engagiert sich etwa SPD-Ratsfrau Michaela Heuser, die die Protestaktion mit ins Leben rief, wie auch CDU-Ratsherr Luca Ducree, der zahllose Gespräche mit den Zuständigen bei der Ruhrbahn, beim VRR und auch mit Landtagsabgeordneten führte.

ÖPNV-Situation in Horst

In der Erklärung zur Situation im öffentlichen Nahverkehr in Horst heißt es von der Stadt, dass der Stadtteil durch die Buslinien 164, 174, 184 und E64 sowie die S-Bahn-Linien S1 (Essen-Eiberg) und S3 (Essen-Horst) grundsätzlich gut erschlossen sei. Der Nahverkehrsplan der Stadt Essen (NVP) weise für Horst keine Defizite in der Erschließungs- und Bedienungsqualität aus.

Der Protest der Bürgerschaft habe sich auf den Ortsteil Unteres Horst, der in der Senke des Ruhrtals liegt und von der S-Bahnlinie S3 erschlossen ist, bezogen. Bei Ausfällen der Linie S3 müssen Fahrgäste dort etwa einen Kilometer bergan ins Obere Horst laufen, um die dort fahrenden Buslinien nutzen zu können. Die Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel sei dann insbesondere für Menschen, die in ihrer Mobilität eingeschränkt sind, deutlich erschwert.

Nach der Übergabe von knapp 700 Unterschriften an Oberbürgermeister Thomas Kufen gibt es nun offenbar einen ersten Erfolg. „Die Ruhrbahn hat ein Konzept für einen Ersatzverkehr erarbeitet, das die Bedienungslücke der Linie S 3 schließt und eine Grundversorgung im Ortsteil Unteres Horst sicherstellt“, heißt es aus dem Rathaus. Diese zusätzliche Verbindung soll montags bis sonntags in der Zeit von 5 bis 23 Uhr zur Verfügung stehen und im 60-Minuten-Takt verkehren, heißt es in der Vorlage, die den Bezirksvertretern bereits vorgestellt worden ist.

Angefahren werden sollen die Haltestellen Horst-S-Bahnhof, Beulestraße, Horster Straße sowie der Steeler-S-Bahnhof. Der Linienweg: Fleherweg – Beulestraße – Horster Straße – Dahlhauser Straße – Grenoblestraße –Steeler Straße. Das sind 3,5 km je Richtung und insgesamt 36 Fahrten am Tag.

Der Testbetrieb in Essen-Horst soll rund 30.000 Euro kosten

Das Angebot soll in einem Testbetrieb für zunächst sechs Monate ab voraussichtlich Dezember 2023 eingeführt werden. Der Test soll Aufschluss über das tatsächlich vorhandene Fahrgastpotenzial geben, um auf dieser Basis eine Entscheidung für ein Regelangebot treffen zu können. Bei guter Fahrgastnachfrage soll das Angebot mindestens bis Ende 2024 verlängert werden. Die Kosten für das zusätzliche Angebot liegen bei rund 30.000 Euro. Der Rat entscheidet darüber in seiner Sitzung am 27. September.

Die zuständigen Politiker haben einerseits jetzt schon Ergänzungen beizutragen. „Gut wäre auch noch eine weitere Haltestelle auf der Ruhrau in der Nähe der Discounter“, sagt etwa Michaela Heuser. Wichtig sei zudem die Größe des Busses gerade im Hinblick auf die Barrierefreiheit. Grundsätzlich aber sind sich die Organisatoren Barbara Frach, Conny Vatter, Luca Ducree und Michaela Heuser bei dem Vorstoß einig: „Dies ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, damit mehr und verlässlicherer Nahverkehr in und durch Unter-Horst fährt.“ Hier sehe man, dass der Einsatz sich gelohnt habe.