Essen. 700 Ehrenamtliche engagieren sich beim Ruhr Clean Up und sammeln den Müll anderer Leute in Essen auf. Wir haben gefragt: „Warum tun Sie das?“

Zigarettenstummel, leere Pizzakartons und Glasflaschen sind nur ein Teil des Mülls, den Ehrenamtliche am Wochenende (8. bis 10.9.) beim dritten Ruhr Clean Up eingesammelt haben. Rund 700 Helferinnen und Helfer sind trotz 30 Grad und praller Sonne dabei – das sind etwas weniger als im vergangenen Jahr. Auch die angepeilte Rekordmarke von 1000 Teilnehmern verpassen die Organisatoren damit.

Die Idee: Helfer befreien die Bereiche entlang der Ruhr an 20 verschiedenen Stellen von Müll und Unrat. Der Ruhr Clean Up ist Teil einer großen Aufräumaktion, die von Duisburg bis nach Winterberg reicht, erklärt Hendrik Rathmann, Sprecher der Ehrenamt Agentur Essen. Für Essen haben sich 77 Gruppen angemeldet, darunter viele Familien und Vereine. „Sie haben Lust, unsere Stadt sauberer zu machen“, erklärt Rathmann und nennt damit einen der Gründe, warum Menschen mit Zange und Müllsack unterwegs sind.

Ruhr Clean Up: Einwegmüll durch Lebensmittel

Eine der Sammelstellen ist die Brehminsel in Essen-Werden, an der sich am Samstag 14 Helferinnen und Helfer treffen, um der Vermüllung zu trotzen. Müllsäcke und Zangen zum Aufsammeln bekommen die Gruppen gestellt, abtransportiert werden die gefüllten Säcke von den Essener Entsorgungsbetrieben (EBE).

Finden die ehrenamtlichen Sammlerinnen und Sammler Umweltverschmutzungen, wie Ölkanister, sind sie dazu angehalten, dies über die Mängelmelder-App der Stadt Essen zu melden, damit der Fund gesondert entsorgt werden kann, erklärt Hendrik Rathmann. Christiane Gregor vom Netzwerk „Gemeinsam für Stadtwandel Essen“ ist an diesem Samstag auch dabei und ärgert sich vor allem über Einwegmüll, der durch Lebensmittel entsteht: „Es wurde schon einiges an Einwegplastik verboten, da sollte man meinen, dass diese Regelung die Umwelt sauberer macht.“

Ihre Erfahrung sei aber, dass die Helfer seit den Verboten nicht weniger, sondern anderen Müll aufsammeln. Die Menge habe sich nicht reduziert, nur sei es jetzt ein kompostierbarer Eislöffel, den man aus dem Gebüsch hole, anstatt eines Plastiklöffels, so Gregor. Weiter erklärt sie: „Die Mehrwegangebotspflicht wird von vielen Gastronomen in Essen leider überhaupt nicht umgesetzt, dabei hat sie so viel Potenzial.“ Vor allem Tiere würden darunter leiden, dass die Menschheit noch nicht umgedacht hätte. Gregor: „Es gibt keinen guten Müll.“

Hund spürt bei Ruhr Clean Up Müll entlang der Ruhr auf

Mit Müllsack und Zange in der Hand ist auch David aus Heidhausen zum Sammeln gekommen. Gemeinsam mit Hündin Laila sucht er direkt an der Uferböschung der Ruhr nach Müll: „Laila spürt Müll auf und führt mich auch in abgelegenere Teile des Ruhrufers. An diesen Stellen finden wir vor allem extrem viele Zigarettenstummel und zerbrochene Glasflaschen.“

Weggeworfene Zigaretten seien ein Problem, wie Hendrik Rathmann erklärt: „Zivilisationsmüll stellt uns vor große Herausforderungen. Vor allem Zigarettenstummel enthalten so viele Schadstoffe, dass es eine Katastrophe ist, wenn sie im Wasser landen.“ Bürgermeisterin Julia Jacob greift bei der Aufräumaktion ebenfalls zu Zange und Müllsack. Sie zeigt sich erstaunt über ihren Fund: „Hier hat wohl jemand seine Weihnachtsdekoration entsorgt. Ich habe einen Stern mit LED-Beleuchtung gefunden.“

Ehrenamtliche will durch Ruhr Clean Up Tiere schützen

Auch Petra Deylig aus Heidhausen ist beim Ruhr Clean Up dabei und erklärt, was sie dazu bringt, den Müll

Das Team der Essener Entsorgungsbetriebe transportiert den Müll ab, den Ehrenamtliche beim Ruhr Clean Up sammeln.
Das Team der Essener Entsorgungsbetriebe transportiert den Müll ab, den Ehrenamtliche beim Ruhr Clean Up sammeln. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

fremder Menschen wegzuräumen: „Müll gehört nicht in die Umwelt. Ich möchte vor allem Tiere schützen, die unter der Vermüllung ihres Lebensraums durch den Menschen leiden.“ Sie wundere sich auch darüber, was alles in der Natur entsorgt werde und deutet auf einen Aktenordner in ihrem Müllsack: „Ich habe einen Ordner mit Unterlagen gefunden und ganz viele OP-Masken. Es ist schade, dass Mülleimer ignoriert werden.“

Einen noch kurioseren Fund haben die Namensvetterinnen Martina Schmitz und Martina Schmitz aus Werden gemacht. Sie sind regelmäßig in ihrem Stadtteil unterwegs, um Müll einzusammeln. „Wir haben gerade Socken und eine Unterhose gefunden, das ist eher ungewöhnlich. Meistens landen Getränkeverpackungen, Kronkorken, Zigarettenstummel und kleine Schnapsflaschen in unseren Müllsäcken. Wir haben in der Ruhr aber auch schon Gartenstühle und Verkehrsschilder gefunden.“

Für Anke Brandt aus Heisingen ist die Antwort auf die Frage, warum sie heute Müll einsammelt, den andere Menschen unachtsam wegwerfen, eindeutig: „Ich möchte in einer sauberen Stadt leben. Jeder möchte es doch vor seiner eigenen Haustüre ordentlich haben. Es ist wichtig, dass sich möglichst viele Leute engagieren und Müll beseitigen, sonst ersticken wir darin.“ Die Ehrenamtliche ist der Meinung, dass es viel mehr an Aufklärungsarbeit benötige, da sich zu wenige Menschen überhaupt Gedanken darüber machen, was mit dem Müll passiert, den sie einfach ins Gebüsch oder in die Ruhr werfen.

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