Essen-Rüttenscheid. Auf der Grugatrasse ist der Weg für Fußgänger und Radfahrer nicht getrennt. Das führte zu einem heftigen Konflikt. Wie man sich richtig verhält.
Wer als Fußgänger oder Radfahrer auf der Grugatrasse in Rüttenscheid unterwegs ist, muss Rücksicht nehmen. Fuß- und Radweg sind hier nicht getrennt, beide Verkehrsteilnehmer nutzen eine gemeinsame Fläche. Das kann zu Konflikten führen, wie ein Fall zeigt, von dem ein Leser unserer Redaktion berichtet hat.
„Ich war zu Fuß unterwegs auf dem Gruga-Radweg von Rüttenscheid und ging am linken Rand des Weges in Richtung Rellinghausen. Ein Rennradfahrer kam mir entgegen, wich aber nicht aus, sondern hielt direkt auf mich zu“, schildert der Mann, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. „Ich blieb stehen, der Radler fuhr weiter direkt auf mich zu und hätte mich über den Haufen gefahren, wenn ich nicht im letzten Moment auf den Grünstreifen ausgewichen wäre und ihn zur Seite gestoßen hätte.“
ADFC Essen: Fußgänger sollten am besten auf der linken Seite gehen
Er habe sich dabei weh getan, der Radfahrer sei beinahe zu Fall gekommen. Daraufhin habe der Radfahrer geschrien: „Wir haben Rechtsverkehr, du Arschloch“. Bevor er ihm habe antworten konnte, sei der Mann schon davongeradelt. Für den Leser und Fußgänger ist das Verhalten des Fahrradfahrers unverständlich. „Es gibt im deutschen Recht ausdrücklich kein Rechtsgehgebot“, betont er. Wie aber sollte man sich auf geteilten Flächen bestenfalls verhalten?
„Im Straßenverkehr ist es wichtig, dass Radfahrende und Fußgänger*innen aufeinander Rücksicht nehmen“, erklärt Stadtsprecher Patrick Betthaus auf Anfrage. Für Fußgängerinnen und Fußgänger gebe es tatsächlich kein Rechtsgehgebot. „Auf gemeinsamen Fuß- und Radwegen mit Radverkehr in beiden Richtungen wird Fußgänger*innen sogar durchaus empfohlen, links zu gehen, um so einen entgegenkommenden Radfahrenden besser wahrnehmen und mit ihr*ihm Blickkontakt aufnehmen zu können“, so Betthaus. Laut Rechtsprechung hätten zudem Radfahrer gegenüber Fußgängern die höhere Sorgfaltspflicht.
Mirko Sehnke, Vorsitzender des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC) Essen rät Fußgängerinnen und Fußgängern ebenfalls dazu, auf der linken Seite zu laufen – also genau so, wie es der Leser getan hat. „Wenn sie dem Verkehr entgegen gehen, dann sehen sie ihn. Es ist immer am besten, mit dem anderen Verkehrsteilnehmer Blickkontakt zu haben“, erklärt Sehnke.
Fuss e.V. Essen: „Es gibt kein Rechtsgehgebot“
Das Thema werde durchaus kontrovers diskutiert, so der ADFC-Vorsitzende. Fest stehe aber: „Gegenseitige Rücksichtnahme ist das oberste Gebot.“ Auf einer gemeinsamen Fläche müsse der Radfahrer zurückstehen und sich am Fußgänger als dem schwächeren Verkehrsteilnehmer orientieren.
Die gleiche Einschätzung gibt auch Wolfgang Packmohr, Vorsitzender des Fußgänger-Vereins Fuss e.V. in Essen, ab. Auch er betont: „Es gibt zwar ein Rechtsfahrgebot, aber kein Rechtsgehgebot. Fußgänger dürfen sich aussuchen, auf welcher Seite sie gehen wollen.“ Er rät ebenfalls dazu, sich zu Fuß eher auf der linken Seite zu halten.
ADFC begrüßt Ausbau der Essener Grugatrasse
Wenn Fußgänger sich ihre bevorzugte Straßenseite aussuchen können, bedeutet das, dass sie Radfahrern unter Umständen rechts und links entgegen kommen, möglicherweise nebeneinander laufen und viel Platz einnehmen. Das kann ausbremsen. Für ein Verhalten wie in dem geschilderten Fall hat Packmohr dennoch kein Verständnis: „Das ist unmöglich, im Verkehr muss man aufeinander Rücksicht nehmen.“
Sehnke und Packmohr teilen die Einschätzung, dass der Ton zwischen Radfahrern und Fußgängern zunehmend rauer werde. Unsere Redaktion berichtete vor einigen Monaten über einen Fall, in dem ein Radfahrer einen Fußgänger am Baldeneysee sogar geschlagen haben soll. Die wachsenden Konflikte hängen laut der beiden Experten damit zusammen, dass der Radverkehr zunehme und Fußgänger und Radfahrer öfter auf gemeinsam genutzten Flächen miteinander zurechtkommen müssten.
„Immer mehr Fußwege werden für Radfahrer freigegeben. Sie sollten aber besser eigene Radwege bekommen, auf denen sie zügig fahren können“, so Packmohr. Sehnke stimmt zu, dass es im besten Falle keine Mischflächen, sondern eine klare Trennung zwischen Fuß- und Radverkehr geben sollte. Weil dann zumindest etwas mehr Platz sei, begrüße er die geplante Erweiterung der Grugatrasse.
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