Essen. Bei schönem Wetter wird es an Wochenenden eng am Baldeneysee, dann kommen sich verschiedene Nutzer schon mal in die Quere. Wie am Pfingstmontag.
Der Baldeneysee ist bei Spaziergängern, Radfahrern, Inlineskatern und Joggern gleichermaßen beliebt. Das führt immer wieder zu Konflikten. Denn bei schönem Wetter an Wochenenden oder Feiertagen, wenn es richtig voll wird rund um den See, sowie an Pfingsten kommt man sich schon mal in die Quere.
Ein besonderes unschönes Erlebnis hatte der Essener Georg Lukas, als er am Pfingstmontag seine Joggingrunde drehte. Auf der Heisinger Seeseite wurde er nach eigenen Worten Zeuge, wie ein Fahrradfahrer zwei Joggerinnen wüst beschimpfte, weil sie auf dem Radweg liefen. Lukas mischte sich ein und rief dem unbekannten Radler, einem älteren Herrn mit E-Bike, zu, er solle die Frauen doch bitteschön in Ruhe lassen, worauf der Mann davonfuhr.
Lukas rief dem Radfahrer noch hinterher, aber der Mann fuhr weiter
Lukas setzte seine Runde fort. „Zwei oder drei Minuten später spürte ich plötzlich einen heftigen Schlag im Nacken“, erzählt er. Der unbekannte Radfahrer hatte sich offenbar versteckt, den Jogger passieren lassen, um ihn dann einzuholen und ihm bei voller Fahrt von hinten einen Schlag zu versetzen. Er habe ihm noch hinterhergerufen. Doch der Mann sei davon geradelt, ohne sich umzusehen, berichtet Lukas.
Sein Problem: Er war verbotenerweise auf dem Radweg unterwegs. So wie viele Jogger und Inlineskater, was den hinterhältigen Angriff des Fahrradfahrers weder rechtfertigt noch entschuldigt.
Dass jemand auf seinem Recht besteht und bereit ist, seine Interessen auch durchzusetzen, das lässt sich leider immer wieder beobachten am Baldeneysee. Einheitliche Regeln gibt es rund um den See nicht. Auf Heisinger Seite zum Beispiel gibt es besagten Radweg von der alten Eisenbahnbrücke bis zur Straße Lanfermannfähre.
Für Spaziergänger gibt es hingegen einen malerischen Weg, der sich am Seeufer entlang schlängelt. Auch Jogger müssten diesen Weg benutzen. Aber wer, der gegen die Uhr läuft, lässt sich schon gerne von Fußgängern, Kinderwagen oder Hunden aufhalten? Auch Inliner und Skateboardfahrer bevorzugen den asphaltierten Radweg, obwohl sie dort laut Straßenverkehrsordnung nichts zu suchen haben. Sogar Sommerskifahrer mit Rollen unter den Brettern werden dort immer wieder gesichtet. Beim jährlichen Marathon ist der Radweg sogar Teil der offiziellen Strecke. An der Rechtslage an den übrigen 364 Tagen des Jahres ändert dies freilich nichts.
Am Hardenbergufer herrscht Mischverkehr
Das beschriebene Szenario wiederholt sich entlang der Regattastrecke. Für Radfahrer ist die Uferpromenade tabu, ihnen ist ein Radweg unterhalb der Freiherr-vom-Stein-Straße vorbehalten, der ebenfalls von Inlineskatern genutzt wird – und auch Joggern. Aber der Weg ist breiter als das nur zwei Meter schmale Teilstück in Heisingen. Konfliktträchtig ist die Zufahrt zum Parkplatz hinter der Regattatribüne, wenn Autofahrer den Radweg queren.
Auf der gegenüberliegenden Seeseite, am Hardenbergufer herrscht hingegen Mischverkehr, alle nutzen denselben Uferweg. Vor Jahren hatte die Stadt versucht, Radfahrer und Fußgänger mithilfe einer durchgezogenen Linie voneinander zu trennen. Der Versuch erwies sich als Schlag ins Wasser. Radfahrer, insbesondere wenn sie auf schnellen Rädern unterwegs waren, beharrten nicht selten auf „ihrer“ Seite auf ihrem Recht und traten allzu kräftig in die Pedale. Dass ihnen Kinder oder Hunde in die Quere kamen, konnte die durchgezogene Linie nicht verhindern. „Eine Linie ist nun mal keine Mauer“, sagt Boris Orlowski, den die Stadt mit der Aufgabe des Seemanagers betraut hat. Die Linie wurde wieder entfernt. Die Zahl an Beschwerden oder gar Unfällen sei nicht etwa gestiegen, sondern zurück gegangen.
Über eine Trennung von Fuß- und Radverkehr wird in der Politik immer wieder diskutiert. Zuletzt sorgte die CDU für Schlagzeilen mit dem Vorschlag, das Radfahrern am Anleger der Weißen Flotte in Kupferdreh zu unterbinden, da es sich um eine Engstelle handelt. Nur ist der Weg Teil des Ruhrtalweges, eine der beliebtesten und meistgenutzten Radrouten Deutschlands. Dass Radfahrer hier aus dem Sattel steigen und ihr Rad schieben sollen, lässt sich kaum verkaufen. Fahrradfahrer und Fußgänger sollen nun erst einmal gezählt werden. Es ist ein Kompromiss. Aus der Welt ist der Konflikt damit nicht.
In der Regel funktioniere das Miteinander am Baldeneysee, betont Boris Orlowski. Von Ausnahmen abgesehen, die der Seemanager auf „vielleicht zwölf Tage im Jahr“ beziffert. Die fallen auf besagte Wochenenden oder Feiertage bei schönem Wetter. Das kommende Wochenende dürfte dazugehören.
An der Regattastrecke laufen Mitarbeiter des Ordnungsamtes Streife
„Der See gehört allen“, wiederholt Orlowski sein Credo. Dazu gehöre, dass man gegenseitig Rücksicht übt. Jogger wie Radsportler könnten sich ja einmal fragen, ob sie ihre Runde um den See drehen müssen auch dann, wenn dort der Bär steppt.
An der Regattastrecke achten an solchen Tagen Streifen des Ordnungsamtes darauf, dass sich niemand in die Quere kommt und sich alle an die Regeln halten. „Das funktioniert“, sagt Orlowski. Vielleicht wäre es eine Überlegung wert, dass die Streifen ihr Einsatzgebiet auf andere neuralgische Stellen ausweiten.