Essen. Der neue Verteilungsplan sieht rund 30 zusätzliche Stellen für die Polizei Essen/Mülheim vor. Aber eine Kröte ist dennoch zu schlucken.

Für die Essener Polizei deutet sich nach Jahren des notorischen Kräfte-Mangels ein erstes nennenswertes Personal-Plus an: Nachdem im vergangenen Jahr trotz anderslautender Versprechen des Innenministeriums marginale 1,6 Planstellen mehr drin waren für die Behörde an der Büscherstraße, soll es in diesem Spätsommer deutlichere Zuwächse geben. Nach Informationen dieser Zeitung sind nach dem Schlüssel der sogenannten Belastungsbezogenen Kräfteverteilung (BKV) rund 30 zusätzliche Stellen vorgesehen. Dennoch: Der Wachdienst wird wohl Federn lassen müssen.

Nach den neuesten Düsseldorfer Plänen und Informationen der Gewerkschaft der Polizei (GdP) sollen 15 Vollzugsbeamte, zwei Verwaltungsbeamte, sechs im höheren Dienst und acht weitere Regierungsbeschäftigte die Belegschaft in Essen und Mülheim verstärken - zumindest auf dem Papier.

Die Euphorie des Innenministers, der landesweit 480 neue Planstellen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bei der nordrhein-westfälischen Polizei ankündigte und von einer spürbaren Entlastung sprach, kann Jörg Brackmann, Vorsitzender der GdP-Kreisgruppe Essen/Mülheim allerdings noch nicht ganz teilen: „Kein Bergsteiger feiert das Gipfelkreuz bereits im Tal.“

Personalzuweisung im September ist der entscheidende Faktor

Zwar sei der personelle Tiefpunkt der vergangenen Jahre durch die nun versprochene Verstärkung scheinbar überwunden. Doch entscheidend sei nun, dass sie in Essen auch ankomme und die zusätzlichen Planstellen mit realen Polizisten und Regierungsbeschäftigten besetzt werden. „Die tatsächliche Personalzuweisung im September ist der entscheidende Faktor, auf den wir gespannt sind“, betont Brackmann.

Eine Kröte wird aber wohl auch in diesem Jahr zu schlucken sein: Trotz des insgesamt ausgeweiteten Personalplans, von dem auch die Kriminalpolizei profitiere, was „ein richtiger Schritt“ sei, deute sich schon jetzt an, dass der Wachdienst geschwächt werde. Ein Minus von 4,5 Stellen könnte nach Brackmanns Informationen am Ende unterm Strich stehen.

Die GdP betont, dass weniger Beamtinnen und Beamte auf der Straße „das Sicherheitsgefühl der Bürgerinnen und Bürger besonders beeinträchtigen können“. Deshalb und auch für den Schutz der Kräfte im Einsatz sei es wichtig, dass an dieser Stelle nicht gespart werde. „Wir begrüßen die Stärkung der Kriminalpolizei, dürfen aber nicht die Kolleginnen und Kollegen auf den Wachen vernachlässigen“, betont Brackmann auch mit Blick auf die jüngsten Clan-Tumulte: „Die letzten Wochen haben gezeigt, wie essenziell ein gut ausgestatteter Wachdienst ist. Eine angemessene Personalstärke in diesem Bereich ist aus unserer Sicht unerlässlich.“

Immer mehr Ermittlungsaufgaben in Essen gebündelt

Doch nicht nur durch die Aktionen und Ermittlungen gegen die Clan-Kriminalität habe die Belastung und die Anforderung an die Polizeiarbeit gerade in Essen kontinuierlich zugenommen, sondern auch durch die Zentralisierung zur Bekämpfung der Kinderpornografie, bei Staatsschutzdelikten, der Gefährdersachbearbeitung, bei der Mordkommission und der Aufklärung von Geldautomatensprengungen.

Es wurden immer mehr Besondere Aufbauorganisationen (BAO) und Ermittlungsaufgaben in Essen gebündelt - „ohne angemessenen Personalnachersatz“, kritisiert die GdP. Zuwächse durch Regierungsangestellte seien vor diesem Hintergrund zwar eine Unterstützung, aber eben kein Eins-zu-Eins-Ersatz für Beamte im Wach- und Wechseldienst, bei der Kripo oder im Verkehrsdienst.

Mehr Tarifbeschäftigte gelten erst recht dann nicht als Lösung für die Personalprobleme der Polizei, wenn hoheitliche und brisante Aufgaben durch Vollzugskräfte oder die Kriminalpolizei zu erfüllen sind.