Essen-Haarzopf. Gefäßchirurg Michael Offermann aus Bredeney vermittelt bei Streitigkeiten in der Luftfahrt. Der Pilot engagiert sich auch auf andere Weise.

  • Streit um Fluglärm am Flughafen Essen-Mülheim gibt es seit Jahren.
  • Immer wieder beschäftigt das Thema auch die Gerichte.
  • Ein Essener Arzt und Pilot weist auf eine Alternative in Sachen Konfliktlösung hin.

Im Konflikt um Fluglärm am Flughafen Essen-Mülheim bietet Dr. Michael Offermann, Arzt aus Essen-Bredeney und selbst Pilot, seine Hilfe an – in seiner Funktion als Gütestelle, die sich mit Streitigkeiten im Bereich der Luftfahrt beschäftigt. Indem man sich zusammensetze und bestenfalls einen Kompromiss finde, könne man viel Zeit und Kosten sparen.

Seit Jahren streiten die Betreiber des Flughafens Essen-Mülheim, die betroffenen Städte und Firmen, lärmgeplagte Anwohner und Vereinigungen wie die Essener Schutzgemeinschaft gegen Fluglärm über Lärmemissionen und die Zukunft des Flughafens. Immer wieder werden dabei auch Gerichte bemüht.

Ein langwieriger, zermürbender Prozess, so Michael Offermann (70), der in diesem Konflikt durchaus Verständnis für beide Seiten hat und sowohl die Argumente der Anwohner als auch die der betroffenen Unternehmen verstehen kann.

Essener kann im Konflikt um Fluglärm beide Seiten verstehen

Erst vor kurzem hatte das Verwaltungsgericht Düsseldorf ein Verbot der Stadt Mülheim gekippt. Die hatte im Frühjahr die Triebwerksprobeläufe von Flugzeugen, zum Beispiel nach Reparaturen, untersagt. Gegen dieses Verbot hatten sich die betroffenen Wartungsfirmen und die Flughafengesellschaft juristisch gewehrt und erst einmal Recht bekommen.

Die Essener Schutzgemeinschaft gegen Fluglärm hätte es dagegen begrüßt, wenn man am Verbot der Probeläufe festgehalten hätte. Zudem drängt der Vorsitzende Thomas Haffner darauf, dass eine Lösung für die Übungsflüge der am Flughafen ansässigen Flugschulen gefunden wird. Die Anzahl der Übungsflüge habe in den vergangenen Jahren zum Leidwesen der Anwohner stark zugenommen. Konfliktpotenzial sei also reichlich vorhanden, meint Michael Offermann.

Der Mediziner hat nach eigenen Angaben 30 Jahre das Gefäßzentrum Rhein-Ruhr in Rüttenscheid geleitet, wo er bis heute arbeitet. „Ich fliege seit 1978, wollte eigentlich Berufspilot werden, was bei der Lufthansa wegen meiner Brille nicht ging und bei der Luftwaffe an meinen Zahnfüllungen scheiterte“, erzählt der Bredeneyer.

Vereinsmitglieder fliegen kranke Kinder zu Kliniken

Also habe er die Sache selbst in die Hand genommen, sich das Geld für den Pilotenschein und später für die Instrumentenflugberechtigung („Blindflug“) zusammengespart. Als Notarzt habe er viele Jahre Verletzte und schwer Erkrankte aus dem Ausland zurückgeholt, sei oft in Asien und Afrika unterwegs gewesen. „Dabei habe ich mich oft gefragt, wo eigentlich die ganzen Spendengelder aus Deutschland landen.“ Damals habe er beschlossen, selbst kein Geld zu spenden, sondern praktische Hilfe zu leisten – was er seit zehn Jahren als Pilot und inzwischen auch als Vorsitzender für den Hilfsverein Flying Hope tut.

Die rund 40 Piloten des bundesweiten Netzwerks fliegen schwerkranke Kinder zu den Kliniken, die auf ihr Leiden spezialisiert sind. Manchmal erfülle man auch letzte Wünsche von todkranken Kindern. „Wir spenden als Piloten unsere Zeit und setzen unsere Flugzeuge ein, für die Spritkosten kommt der Verein über Mitgliedsbeiträge und Spenden auf“, erklärt Offermann. Allein 2022 habe der Verein Flying Hope, der seine Geschäftsstelle in Düsseldorf hat, über 100 solcher Hilfsflüge organisiert. „Diese Zahl wollen wir gern deutlich erhöhen“, sagt der 70-Jährige. Dazu brauche man aber weitere Piloten, zahlende Mitglieder und Spenden.

Der Bredeneyer Michael Offermann fliegt eine Jet-Prop, eine einmotorige Turboprop-Maschine, mit sechs Plätzen, Baujahr 2005.
Der Bredeneyer Michael Offermann fliegt eine Jet-Prop, eine einmotorige Turboprop-Maschine, mit sechs Plätzen, Baujahr 2005. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

2013 absolvierte der Bredeneyer zusätzlich eine Ausbildung als Mediator, um Konflikte zu lösen, ohne dass die Gerichte sich damit beschäftigen müssen. Das Verfahren wird beispielsweise häufig bei Streitigkeiten zwischen Partnern oder in Familien angewendet. Zunächst war der Arzt bei rund 200 Streitigkeiten im medizinischen Bereich aktiv. Später kam das Thema Luftfahrt dazu, da sei er seines Wissens die einzige Anlaufstelle in Deutschland.

Mediator hat sich mit zehn Streitfällen im Bereich der Luftfahrt beschäftigt

Dass es seit 2012 in Deutschland ein Mediationsgesetz zur Förderung von außergerichtlichen Einigungen gibt, begrüßt Offermann. Allerdings sei Mediation in Deutschland keine Pflicht, im Gegensatz zu Italien zum Beispiel, bedauert der Bredeneyer, der 2018 vom Oberlandesgericht Hamm die Anerkennung als Gütestelle des Landes NRW erhielt.

Etwa zehn Streitfälle im Bereich der Luftfahrt habe er seitdem bearbeitet. „Wenn ich irgendwann aus dem Beruf ausscheide und mehr Zeit habe, könnten es durchaus mehr werden.“ Bei den Mediationsgesprächen am neutralen Ort habe er gern einen Juristen dabei. Das Verfahren sei für die Beteiligten kostenpflichtig. „Aber das dauert in der Regel Tage bis Wochen, statt Monate bis Jahre, wenn die Sache vor Gericht gehen würde. Dementsprechend ist es auch deutlich preiswerter“. Offermann hält ein solches Verfahren auch in Sachen Lärm am Flughafen Essen-Mülheim für durchaus praktikabel – „wenn es denn beide Seiten es wollen würden“.

Weitere Information auf: www.flyinghope.de oder www.konsens-stifter.org

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