Essen-Rüttenscheid. Die Instagram-Seite „Essen diese“ gilt vielen als Stimme der Jugend. Im Interview sprechen die Macher über Klischees, Straßenfeste und OB Kufen.
Die Macher von „Essen diese“ erreichen bei Instagram über 66.000 Followerinnen und Follower. Mit satirischen Beiträgen, die oft das Nord-Süd-Gefälle in der Stadt thematisieren, treffen sie einen Nerv. Schon lange verkaufen sie Merchandise, etwa in Form von T-Shirts und Stickern, im vergangenen Jahr haben sie ihren eigenen Club in Rüttenscheid eröffnet: „Club diese“. Nun veranstalten die drei jungen Männer, die anonym bleiben wollen, mit dem „Projekt Rüttenscheid“ am 30. Juni und 1. Juli eine Neuauflage des Rü-Festes. Mit den Redakteuren Martin Spletter und Katrin Böcker haben sie über ihre Anfänge, Stadtteilklischees und Direktnachrichten von Oberbürgermeister Thomas Kufen gesprochen.
„Essen diese“ – wie hat alles angefangen?
Auf einem Festival, wir hatten auch schon einige Kaltgetränke zu uns genommen. Es gab damals eine ähnliche Seite über Berlin. Ein Freund hat sie uns gezeigt und sagte: Lass uns das doch über Essen machen. Dann haben wir eine Seite gegründet, haben sie „Essen diese“ genannt und angefangen, Bilder zu posten. Diese Seite ist schnell gewachsen.
Ihr habt mehr als 66.000 Follower, die meisten sind junge Leute aus Essen. Das hat beispielsweise der Oberbürgermeister erkannt und euch eingeladen. Seid Ihr die Stimme der Jugend in Essen?
Das wäre vermessen. Aber wir erleben, dass sich Jugendliche an uns wenden, wenn sie auf Missstände stoßen – sei es der Zustand in den Schulen oder beim Thema Jugendkultur. Eben, weil wir eine große Reichweite haben.
Macht ihr Euch über die Unterschiede zwischen Arm und Reich in Essen lustig?
Nein. Wir gehen ironisch damit um. Es ist ja kein Geheimnis, dass die Leute in Bredeney ein höheres Einkommen haben als in Altenessen. Wir erlauben uns das, weil wir alle selbst im Essener Norden aufgewachsen sind, also wirklich wissen, wie es dort ist.
Wie geht ihr damit um, wenn euch vorgeworfen wird, Norden und Süden zu spalten?
Wenn das jemand vorbringt, zeigt uns das, dass demjenigen nicht klar ist, dass der Norden und Süden auch ohne uns gespalten ist. Das ist ein Fakt. Wir sorgen mit unseren Posts eher dafür, dass die Leute aufeinander zugehen.
Woher nehmt ihr eure Ideen für die Memes?
Wir schauen: Was passiert gerade in der Stadt? Ob das politische Entscheidungen sind oder allgemeine Dinge, die gerade in der Stadt anstehen. Aber es gibt natürlich auch Phasen, wo wenig los ist. Da ist das dann kreative Selbstfindung – oder wir lassen uns von anderen Memeseiten, Twitter oder Reddit inspirieren.
Wie viele Nachrichten erreichen Euch jeden Tag?
Etwa 200. Videos bekommen wir manchmal 20 am Tag, manchmal weniger. Dann schauen wir, was wir lustig finden und teilen wollen. Noch können wir das alles ehrenamtlich neben unseren bürgerlichen Berufen stemmen.
Bekommt ihr auch manchmal problematische Inhalte – und wie geht ihr damit um?
Ja. Wir haben da feste Grundsätze. Uns werden beispielsweise häufig Videos zugesendet, die Menschen zeigen, die unter Drogeneinfluss stehen. So etwas teilen wir nicht, weil wir uns nicht über Menschen lustig machen wollen, die es sowieso schon schwer genug haben. Außerdem teilen wir keine Videos von Kindern. Grundsätzlich sind wir uns aber einig, dass wir auch kritische Inhalte veröffentlichen wollen. Sei es die Sprengung von Geldautomaten oder Ausschreitungen in der Silvesternacht. Denn so etwas gehört auch zu unserer Stadt. Wir wollen nicht nur die schönen Seiten von Essen zeigen.
Nach „Essen diese“, dem Instagram-Account, kam der „Club diese“, jetzt „Projekt Rüttenscheid“. Habt Ihr noch weitere Pläne für Projekte?
Das Projekt Rüttenscheid soll als Prototyp auch für andere Stadtteile dienen. Details können wir noch nicht nennen. Wir verstehen uns aber grundsätzlich nicht als Marke und wollen „Essen diese“ nicht kommerzialisieren. Zwar verdienen wir mit unseren Veranstaltungen und Merchandise-Produkten natürlich Geld, aber in erster Linie verstehen wir uns als Plattform, die Menschen in Essen zusammenbringt.
Euch gibt es auf Instagram, TikTok und Twitter. Warum keine Homepage?
Weil es auf einer Homepage die Impressums-Pflicht gibt. Dort müssten wir unsere Namen preisgeben. Das möchten wir aber weiterhin nicht. Deshalb gibt es von uns auch nur Fotos, auf denen wir Masken tragen.
Wie oft meldet sich eigentlich Oberbürgermeister Thomas Kufen bei euch?
Persönlich haben wir ihn dreimal getroffen. Außerdem rutscht er häufig in unsere Direktnachrichten, aus ganz unterschiedlichen Gründen. Manchmal findet er etwas lustig und schickt einen lachenden Emoji. Wenn wir etwas Negatives über die Stadt veröffentlichen, schreibt er uns auch mal: „Das hätte man vielleicht anders formulieren können“.
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