Essen-Altenessen. Der Wochenmarkt in Altenessen ist kunterbunt in jeder Hinsicht. Eine Besucherin erklärt, warum es in Altenessen schöner ist als in Rüttenscheid.

Zwei Biertische mit gelb-geblümter Wachs-Tischdecke, einem Aschenbecher und einer Topfblume laden auf dem Altenessener Markt zum Verweilen ein. Gabriele hat sich beim Reibekuchen-Händler nebenan einen Kaffee für 1,50 Euro geholt und dann Frank und Gudrun Borbeck kennengelernt. Die beiden kommen aus Borbeck und lieben, genau wie Gabriele aus Rüttenscheid den hiesigen Wochenmarkt.

„Das Angebot ist größer als bei uns“, erklärt Frank Rautenberg, der in Borbeck wohnt. Das Mettbrötchen sei dort zwar unschlagbar gut und gleichzeitig günstig, aber so schön sitzen wie in Altenessen könne man da nicht, erklärt Partnerin Gudrun Deumlich und blickt über das Gewusel auf dem Marktplatz.

Altenessener Wochenmarkt: Händler und Kunden aus unterschiedlichen Kulturen

Händler und Kunden kommen aus den unterschiedlichsten Ländern, ebenso die Ware. Rote Spitzen-Unterwäsche wird hier neben Kartoffeln und (Oster-)Eiern angeboten. Müllbeutel und Bratpfannen gibt es gegenüber vom Stand der Fleischerei Dittmer. Dort hat sich eine verdächtig lange Schlange gebildet und eine Altenessener Stammkundin bestätigt, was der Laie vermutet: „Hier gibt es das beste Fleisch und ich brauche noch Koteletts fürs Wochenende.“

Zum Gesamtbild auf dem Altenessener Wochenmarkt gehört auch dazu, dass hier mehr Textiler als Obst- und Gemüsehändler ihre Waren anbieten. „Das war früher anders“, so die Stammkundin. Mit Backwaren, Obst, Gemüse, Eiern, Blumen und Fisch ist der Markt eigentlich komplett. Was allerdings fehlt, ist der Käsehändler. „Hat sich wahrscheinlich für ihn nicht mehr gelohnt“, mutmaßt René Wieck. Er selbst verkauft Wurst, Käse und Restposten.

Gabriele Herzig-Marsh (v.l. 67), Gudrun Deumlich (67) und Frank Rautenberg (63) kommen gerne zum Altenessener Markt – obwohl sie selbst nicht im Stadtteil wohnen.
Gabriele Herzig-Marsh (v.l. 67), Gudrun Deumlich (67) und Frank Rautenberg (63) kommen gerne zum Altenessener Markt – obwohl sie selbst nicht im Stadtteil wohnen. © Iris Müller
Auf dem Altenessener Wochenmarkt finden sich Händler und Kunden aus unterschiedlichen Kulturen und Altersklassen.
Auf dem Altenessener Wochenmarkt finden sich Händler und Kunden aus unterschiedlichen Kulturen und Altersklassen. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Feinkost-Spezialitäten, Hafermilchschaum und anderen Schnickschnack gibt es auf dem Altenessener Wochenmarkt nicht, wird aber offenbar auch nicht gesucht. „Ich hab’ mir Mohnkuchen geholt“, erzählt Gabriele mit ihrem Kaffee am Biertisch und wirft eine Kusshand in die Luft. Gleich wolle sie noch Blümchen und Brot kaufen: „Und ich gehe gerne an die Billigstände, da gibt es manchmal Spüli und Kloreiniger.“

Direkt neben dem Altenessener Markt liegt das Einkaufszentrum

Was sie auf dem Markt nicht einkaufen kann, hole sie dann bei Kaufland direkt nebenan im Allee-Center. Und das sei genau das, was ihr in ihrem Heimatstadtteil Rüttenscheid fehlt. „Der Marktplatz hier ist gut angelegt.“ In Rüttenscheid sei es aufgrund der angrenzenden Straßen laut, es gebe einen ständigen Kampf um Parkplätze, es werde ständig gehupt. Die 67-Jährige spricht gar von „Arschloch-Geschreie“ auf den Straßen rund um den Rüttenscheider Marktplatz. Das sei in Altenessen anders. „Hier kann man sich gut entspannen.“

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Und dann kippt sie doch noch Wasser in den Wein: „Die Qualität der Ware ist in Rüttenscheid besser, beim Obst, Gemüse und auch beim Fleisch.“ Allerdings seien die Produkte auch teurer. Die sozioökonomische Situation merke man der Kundschaft tatsächlich an, das bestätigt auch ein Händler. Hohe Preise können einige einfach nicht zahlen, da müsse man über die Masse gehen. Und das scheint weitestgehend zu funktionieren. Die Händler haben zu tun, der Markt ist gut besucht.

Nicht nur bei Fleischer Dittmers stehen die Kunden und Kundinnen Schlange, auch um die Truhe mit dem Weichkäse für 1 Euro bei René Wieck hat sich eine Menschentraube gebildet. „Für mich lohnt es sich, weil ich günstig bin“, erklärt der Händler im Wagen. Anderen Käse habe er heute aber nicht. Der Käsehändler fehlt.

Altenessener Markthändler muss um 3.30 Uhr aufstehen

Am anderen Ende des Platzes verkauft Erich Denne Eier, Kartoffeln und Erdbeeren. Der Landwirt aus Reken ist wie üblich um 3.30 Uhr aufgestanden. Dann beginnt sein Tagewerk als Markthändler. „Die Nähe zum Ruhrgebiet hält den Betrieb am Leben“, erklärt er. So könne er die Ware auf direktem Weg dem Endkunden verkaufen. Das Geschäft werde aber härter. Viele würden einfach nicht mehr auf dem Wochenmarkt einkaufen und das, obwohl es gar nicht unbedingt teurer sein müsste. Die 500-Gramm-Schale Erdbeeren aus eigenem Anbau kostet bei ihm 3,20 Euro. Denne ist überzeugt: „Wer auf dem Markt einkaufen will, der tut es auch. Vor der Arbeit, nach der Arbeit, in der Pause.“ Möglich sei es.

Er habe eine kleine, aber sehr treue Stammkundschaft. Eine Kundin kommt extra aus Bottrop nach Altenessen: „Wegen der Kartoffeln und wegen dem Boy“, sagt sie lachend und kauft einen Fünf-Kilo-Sack Erdäpfel für 3,50 Euro.

Altenessener Markt: Infos und Service

Markttage, Erreichbarkeit und Parkplätze: Dienstags und freitags ist jeweils von 8 bis 13 Uhr Markt. In Sachen Erreichbarkeit ist der Altenessener Wochenmarkt wohl unschlagbar. Direkt angrenzend an den Marktplatz befindet sich ein Parkstreifen, gegenüber das Allee-Center mit 620 Stellplätzen, auf denen man zwei Stunden kostenfrei parken kann. Die U-Bahn-Haltestelle Altenessen-Mitte ist fußläufig erreichbar, auch die Buslinie 170 hält direkt am Markt.

Markthändlerin Ina Rose mit ihrem Hund Louis verkauft Wäsche auf dem Altenessener Markt. Kundin Sabina Kara Feller stöbert im Sortiment.
Markthändlerin Ina Rose mit ihrem Hund Louis verkauft Wäsche auf dem Altenessener Markt. Kundin Sabina Kara Feller stöbert im Sortiment. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Vielfalt des Angebots: Bis auf den Käsehändler hat dieser Markt alles, was ein guter Wochenmarkt braucht – wenn auch nur jeweils ein bis zwei Fleisch- und Fischstände. Das Angebot ist solide, nicht extravagant. Angebote im „Non-Food“-Bereich sind in der Überzahl, von Pokémon-Karten über Putzmittel und Kleidung ist das Angebot in diesem Bereich groß.

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Andere Einkaufsmöglichkeiten: Auch hier ist der Altenessener Wochenmarkt weit vorne, da mit dem Allee-Center das Einkaufszentrum direkt nebenan ist. Für die Händler Fluch und Segen zugleich. Einerseits nimmt es ihnen Kundschaft, andererseits gehen viele erst auf den Markt und dann noch ins Allee-Center. Auch die Altenessener Straße ist mit einigen Geschäften, Biergarten und Gesundheitskiosk direkt am Marktplatz.

Snacks und Aufenthaltsqualität: Kaffee, Reibeplätzchen, belegte Brötchen und Waffeln gibt es auf die Hand. Setzen kann man sich an zwei Biertischgarnituren oder auf eine der Bänke direkt am Marktplatz. Die Sitzgelegenheiten sind nicht schick, aber praktisch.

Toiletten: Wer mal muss, muss ins Einkaufszentrum auf der anderen Straßenseite.

Sauberkeit: Richtig herausgeputzt ist Altenessen nur selten. So finden sich auch auf und vor allem an den Rändern des Marktplatzes Tretminen, leere Kartons und Verpackungen. Der Markt an sich macht aber einen vernünftigen Eindruck.

Preise: Teurer als im Supermarkt sind hier nur wenige Waren. Und Kaffee für 1,50 Euro gibt es heutzutage auch selten beim Bäcker oder in einem Café. Im Essener Norden können die Händler keine hochpreisigen Produkte anbieten und tun es auch nicht.

Ambiente und Sozialstruktur: Bei schönem Wetter ist viel los auf dem Altenessener Markt, Bekannte, Nachbarn und bis dahin Unbekannte treffen sich, quatschen oder drücken Sprüche. Menschen aller Nationen und Altersklassen kommen zusammen: Eltern schieben den Kinderwagen, Omis fahren ihren Dackel im Rollator spazieren. Den dicken Geldbeutel haben hier nicht viele in der Tasche, die Stimmung ist aber freundlich, was auch an der guten Laune der Händler und Händlerinnen liegt.