Essen-Borbeck. Der Wochenmarkt in Essen-Borbeck ist eine unverzichtbare Institution. Obwohl die Zahl der Marktbeschicker zurückgeht, ist das Angebot vielfältig.

Der Wochenmarkt in Borbeck blickt auf eine lange Tradition zurück. Ursprünglich bauten die Markthändler ihre Stände auf dem Platz am Fuße der Dionysiuskirche auf – das passierte bei der Gründung 1884 übrigens an denselben Tagen wie heute: immer dienstags und freitags.

Mit der aufwendigen Sanierung der Borbecker Mitte vor gut 30 Jahren wurde ein neues Kapitel aufgeschlagen. Der Neue Markt entstand direkt am Bahnhof. „Der Borbecker Wochenmarkt ist eine sehr wichtige Einrichtung und für den Stadtteil unverzichtbar“, sagt Bezirksbürgermeisterin Margarete Roderig, die seit jeher Stammkundin ist.

Obmann: „Unser Geschäft ist schon in dritter Generation auf dem Markt vertreten“

Markthändler Ernst Schmidl ist Obmann auf dem Borbecker Wochenmarkt. „Unser Geschäft ist schon in dritter Generation hier.“
Markthändler Ernst Schmidl ist Obmann auf dem Borbecker Wochenmarkt. „Unser Geschäft ist schon in dritter Generation hier.“ © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska
Marktfrau Cornelia Denne aus dem münsterländischen Reken kommt schon seit 25 Jahren nach Borbeck. Neben Kartoffeln aus eigenem Anbau verkauft sie Eier und Gemüse.
Marktfrau Cornelia Denne aus dem münsterländischen Reken kommt schon seit 25 Jahren nach Borbeck. Neben Kartoffeln aus eigenem Anbau verkauft sie Eier und Gemüse. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Dass der Marktplatz mit Hilfe von Landesmitteln demnächst aufgehübscht werden und spürbar an Aufenthaltsqualität gewinnen soll, wird von der Bezirksvertretung ausdrücklich begrüßt. Schließlich geht es nicht nur um die reine Ästhetik, sondern auch um ein besseres Klima. Das Projekt trägt denn auch den Titel „Platz fürs Klima – Klimaresiliente Umgestaltung von Plätzen im Essener Stadtgebiet“. Der Bezirkspolitik ist allerdings sehr daran gelegen, dass der Bahnhofsvorplatz seinen Charakter als zentraler Veranstaltungsort, Parkplatz und eben Marktplatz behält.

Markthändlerin Ute Kuhlmann aus Wesel kommt mit ihrem Obst- und Gemüsestand gerne nach Borbeck.
Markthändlerin Ute Kuhlmann aus Wesel kommt mit ihrem Obst- und Gemüsestand gerne nach Borbeck. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Wenn es um Tradition geht, kann Markthändler Ernst Schmidl mühelos mithalten. „Unser Geschäft ist schon in dritter Generation auf dem Borbecker Markt vertreten“, sagt der 72-Jährige, der auch Obmann auf dem Wochenmarkt ist und für ein gedeihliches Miteinander der Händler sorgen soll. Schmidl steht mit seiner Frau Bärbel seit 35 Jahren bei Wind und Wetter direkt am Eingang zum Bahnhofsgebäude. „An Markttagen stehe ich um halb vier auf und baue ab halb fünf auf.“

Das Geschäft hat Schmidl von seinem Schwiegervater Paul Förster übernommen, der seinerzeit als „Kartoffel-Paul“ selbst eine Institution auf dem Markt war. „Ich brauche die Gespräche mit den Kunden“, sagt Schmidl. Manche nähmen wegen der guten Kartoffeln sogar die weite Anfahrt aus Werden in Kauf.

Marktfrau aus Reken: „Ich habe vor 25 Jahren um einen Platz in Borbeck gekämpft“

Frischer Lachs, Kabeljau und Seelachsfilet liegen in der Theke von Fisch Nickel.
Frischer Lachs, Kabeljau und Seelachsfilet liegen in der Theke von Fisch Nickel. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska
Frisches Gemüse liegt auf den Markttischen in Borbeck. Qualität hat ihren Preis, aber das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt.
Frisches Gemüse liegt auf den Markttischen in Borbeck. Qualität hat ihren Preis, aber das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Leidenschaft für die Institution Wochenmarkt lässt sich heutzutage allerdings nicht mehr ohne weiteres vererben. Die Zahl der Markthändler – auch in Borbeck – nehme ab, weil ihnen der Nachwuchs fehle und wohl auch die Bereitschaft, mitten in der Nacht aus dem Bett zu springen. Stammkunden der Schmidls dürfen sich glücklich schätzen, dass sie in Borbeck zum Inventar zählen. „Wenn ich aufhöre, ist Schluss.“

Bauer Denne aus dem münsterländischen Reken hat sich auf Kartoffeln aus eigenem Anbau spezialisiert. Festkochende Annabelle und leicht mehlige Secura gibt’s im 5-Kilo-Sack für 3,50 Euro. Cornelia Denne kommt schon seit einem Vierteljahrhundert nach Borbeck, außerdem steuert sie die Wochenmärkte in Altenessen und Frohnhausen an. „Ich habe damals regelrecht darum gekämpft, einen Platz auf dem Borbecker Markt zu ergattern“, sagt die Markthändlerin und lacht. Lange Zeit sei sie an beiden Markttagen präsent gewesen, jetzt nur noch freitags. Das Gemüse, das sie zusätzlich zu ihren Kartoffeln anbietet, stamme ebenfalls von Bauern aus der Region.

Beim Markt-Check war die Vielfalt mit fast 30 Marktbeschickern groß

Textilien sind auf dem Borbecker Wochenmarkt gefragt: Stammkunde Roland Lütgenbruch (links) kauft ein neues T-Shirt bei Peter Eulenbach. Anprobiert wird unter freiem Himmel: „Passt“.
Textilien sind auf dem Borbecker Wochenmarkt gefragt: Stammkunde Roland Lütgenbruch (links) kauft ein neues T-Shirt bei Peter Eulenbach. Anprobiert wird unter freiem Himmel: „Passt“. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska
Außerordentlich beliebt und stark frequentiert ist das Bahnhofs-Café, das an beiden Markttagen von 9 bis 12.30 Uhr geöffnet hat.
Außerordentlich beliebt und stark frequentiert ist das Bahnhofs-Café, das an beiden Markttagen von 9 bis 12.30 Uhr geöffnet hat. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Blumen, Brot, Käse, Spargel, Schlesische Weißwurst, T-Shirts und Honig: Beim Borbecker Wochenmarkt geht’s nicht allein darum, leckeres regionales Gemüse oder fangfrischen Fisch zu kaufen. Der Borbecker Markt erfüllt eine hohe soziale Funktion als Ort der Begegnung. Wenn auch noch das Wetter mitspielt, entfaltet er eine besonders magnetische Wirkung. Dann brummt es dienstags und noch mehr freitags in Borbeck. Zu den beliebten Treffpunkten zählt dann das Marktcafé im schicken Bahnhofsgebäude, das nur an diesen beiden Tagen geöffnet hat und besonders am Freitag stark frequentiert ist.

Zufrieden mit Borbeck sind sie auch bei der Stadttochter EVB, die die Essener Wochenmärkte veranstaltet. „Der Borbecker Markt gehört zu den Märkten, die richtig gut funktionieren“, sagt Geschäftsführer Wolfgang Fröhlich. Und Stammkundin Sylvia Zeilnhofer aus Borbeck spricht den meisten Marktbesuchern aus der Seele: „Ich bin froh, dass es den Markt gibt.“

Der Wochenmarkt in Borbeck im Überblick

Markttage, Erreichbarkeit und Parkplätze: Der Borbecker Wochenmarkt auf dem Marktplatz am Bahnhof hat dienstags und freitags jeweils von 8 bis 13 Uhr geöffnet. Er kann mit der Straßenbahn-Linie 103 und den Buslinien 143, 160, 170, 185 und 186 erreicht werden. Ferner halten in Borbeck die S 9 und die RE 14. Es gibt im Umfeld Parkflächen, aber das Angebot ist an Markttagen schnell ausgeschöpft. Günstig ist auf jeden Fall die Anfahrt mit dem Fahrrad, etwa über den asphaltierten Abzweig Borbeck.

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Vielfalt des Angebots: Der Markt wird gelobt für das vielfältige Angebot. Am Freitag (5. Mai) gab es fast 30 Stände: Antipasti, vier Bäcker, Käse, Schlesische Wurstwaren, Wurst und Fleisch, zwei Blumenhändler, vier Mal Obst und Gemüse, Geflügel, Gewürze, ein Imker und ein Fischhändler. Ferner: sechs Textilienverkäufer, Modeschmuck, Geschenkartikel, Taschen und ein Staubsauger-Verkäufer.

Andere Einkaufsmöglichkeiten: Direkt am Markt beginnt die fußläufige Borbecker Mitte mit Fußgängerzone, zahlreichen inhabergeführten Geschäften und vielfältigen Gastro-Angeboten. Etwa 500 Meter entfernt ist der große Kaufland mit Parkhaus.

Jessica Awad verkauft Kaffee to go, Kekse, Marmeladen, warme Waffeln und frische kleine Pfannkuchen. Gerne verweilen Marktbesucher an ihrem Stand, um die Köstlichkeiten an Ort und Stelle zu verzehren.
Jessica Awad verkauft Kaffee to go, Kekse, Marmeladen, warme Waffeln und frische kleine Pfannkuchen. Gerne verweilen Marktbesucher an ihrem Stand, um die Köstlichkeiten an Ort und Stelle zu verzehren. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Snacks und Aufenthaltsqualität: Stammkunden des Borbecker Marktes, zumal die Älteren, vermissen seit einiger Zeit den Reibeplätzchen-Stand und die Gulaschkanone. Es gab Mahlzeiten zum Verzehr an Ort und Stelle, aber auch bequem zum Mitnehmen. Einladend ist der Stand von Jessica Awad, die an ihrem gelben Foodtruck Waffeln und Pfannkuchen mit Äpfeln anbietet. Sie baut Tische auf und serviert Kaffee zu den süßen Köstlichkeiten. Das Bahnhofs-Café hat dienstags und freitags von 9 bis 12.30 Uhr geöffnet. Auch Cafés und Bistros in der Umgebung sind an Markttagen gut besucht.

Toiletten: Wenige Schritte vom Marktplatz entfernt, in der Straße Weidkamp/Ecke Marktstraße nahe den Treppen, gibt es eine WC-Anlage, die nur an Markttagen geöffnet hat. Gereinigt wird sie von der Stadttochter EVB.

Preise: Die Stammkunden sind zufrieden mit Beratung und Service. Insbesondere die Frische-Stände stehen für Qualität, die natürlich ihren Preis hat. Insgesamt ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis.

Ambiente und Sozialstruktur: Borbeck ist kein abgehobener Schicki-Micki-Markt, sondern grundsolide. Die Mittelschicht-Kundschaft kommt aus Borbeck und den umliegenden Wohnquartieren. Allerdings überwiegt das ältere Publikum. Jüngeren berufstätigen Männern und Frauen fehlt vormittags schlichtweg die Zeit für den Marktbummel.

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