Essen. . In Essen sollen bald deutlich mehr Linienbusse unterwegs sein, um Pendler zum Umsteigen zu bewegen. So will die Stadt Fahrverbote verhindern.
Im Kampf gegen die dicke Luft wollte die Stadt möglichst viele Autofahrer dazu bewegen, auf Großparkplätze in Shuttles umzusteigen, die auf Busspuren schnell in kurzer Zeit die Innenstadt erreichen. Doch nach dem jetzigen Stand der Dinge wird dieses Projekt nicht in das vom Bund initiierte „Aktionsprogramm für saubere Luft“ aufgenommen. Im Rathaus selbst gab es Bedenken, ob sich diese an sich förderwürdigen Maßnahmen in der vorgegebenen Zeit realisieren lassen. Stattdessen sollen die meisten Gelder jetzt in das Essener Bus-Netz investiert werden.
„Wir brauchen Maßnahmen, die spätestens bis Ende 2020 wirken“, argumentiert Stadt-Sprecherin Silke Lenz. Zwar erörtert die Verwaltung in diesen Tagen mit dem Bundesumweltministerium weitere Varianten und prüft, ob Fördergelder möglicherweise doch noch umgeschichtet werden sollten. Zeit dafür bleibt kaum. Bis Freitag muss alles schwarz auf weiß festgezurrt sein. Dann muss die Stadt eine aktuelle Projektskizze beim Bundesumweltministerium einreichen. „Und diesen Termin werden wir einhalten“, versichert Rathaus-Sprecherin Silke Lenz.
Über 16 Millionen Euro für den Essener Busverkehr
Essen ist bundesweit eine von fünf „Lead Cities“, bei denen modellhaft nach Lösungen gesucht wird, die Stickoxid-Grenzwerte einzuhalten und damit Diesel-Fahrverbote zu verhindern. Das Bundesumweltministerium hat aus dem Vorschlagspaket der Stadt drei Maßnahmen herausgepickt, die es mit insgesamt mehr als 21 Millionen Euro fördern will.
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Konkret: Rund 16,7 Millionen Euro sollen in die Förderung des Busverkehrs fließen. Dabei geht es darum, den Takt auf sieben besonders stark frequentierten Bus-Linien zu verdichten – und zwar auf bis zu fünf Minuten in den Spitzenzeiten. Davon profitieren werden die Bus-Linien SB15, 145, 146, 160, 161, 169 und 170. Auch die Straßenbahn-Linie 103 soll häufiger fahren. Rund hundert zusätzliche Fahrer sind dafür nötig. Nötig ist voraussichtlich auch ein provisorischer Betriebshof für die Fahrzeuge.
Fahrgast-Tickets für den halben Preis in Essen
Über vier Millionen Euro sind für vergünstigte Tickets vorgesehen. Für Neukunden, die ihr Auto stehen lassen, soll ein 30-Monate-Ticket quasi zum halben Preis angeboten werden. Aber auch Fahrgäste, die bereits Kunde bei der Ruhrbahn sind, sollen nicht leer ausgehen. Der Plan: Wer ein 30-Tates-Ticket auf der Ruhrbahn-App bestellt hat, erhält alle zwei Monate einen Gutschein für ein 30-Tages-Ticket. Vergünstigt werden sollen auch Firmentickets. Auch soll es weitere Kombitickets für Sport und Kulturveranstaltungen geben.
Für den Ausbau des Radroutennetzes sind eine halbe Million Euro vorgesehen. Dafür sollen in Tempo 30-Zonen drei Achsen für Radfahrer mit einer Gesamtlänge von 13 Kilometern geschaffen werden, davon zwei nahe der Alfredstraße und eine Tangente von Steele über Kray und Stoppenberg nach Katernberg.
>>ERSTE REAKTIONEN AUS DER POLITIK
Oberbürgermeister Thomas Kufen informierte die Ratsfraktionen über den neuesten Stand für das „Aktionsprogramm saubere Luft“. Julia Kahle-Hausmann, umweltpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, begrüßte die Maßnahmen, sie sprach aber auch von einer Herausforderung, für die „viel guter Wille nötig ist. Denn wenn die Förderung ausläuft, können wir schlecht wieder alles zurücknehmen“.
Zustimmung auch bei CDU-Fraktionschef Jörg Uhlenbruch. „Vom Grundsatz ist das alles unstrittig. Wir müssen nun sehen, ob es fruchtet oder nicht.“ Dass die Idee mit den Busspuren nicht mehr verfolgt wird, begrüßte er: „Ich halte nichts davon, dass die Gladbecker oder die Alfredstraße einspurig werden, damit dort Busse auf eigenen Trassen fahren können.“
Kritik kam von der FDP: „Wir sind sehr skeptisch, ob sich das alles in so kurzer Zeit realisieren lässt. Woher sollen wir die neuen Busfahrer nehmen? Und wie sieht es mit der Folgefinanzierung nach 2020 aus“, fragte Fraktionschef Hans-Peter Schöneweiß.
Von „zaghaften Schritten in die richtige Richtung“ sprach Grünen-Ratsherr Rolf Fliß. „Ein Anfang ist gemacht. Aber ich vermisse eigene Spuren für Busse und Radfahrer und Vorrangschaltungen für Bahnen.“ Dann würden viel mehr Essener das Auto stehen lassen.