ESSEN. . Umzug von Teilen der Behörde in ehemalige Karstadt-Hauptverwaltung zwar in trockenen Tüchern. Doch die Zukunft der alten Liegenschaft ist offen.

Der Umzug der Polizei von der Norbertstraße in die ehemalige Karstadt-Hauptverwaltung an der Theodor-Althoff-Straße war gerade in trockenen Tüchern, da meldete sich die örtliche SPD-Fraktion zu Wort. Sprach einmal mehr von der „Möglichkeit einer zukunftsträchtigen Stadtentwicklung“, von „Abriss der alten Polizeischule“ und „Aufhebung der Denkmalschutzeigenschaft“ sowie einer „einmaligen Chance“.

Die Gelegenheit, politische Pflöcke für die „Realisierung eines Wohn-Gewerbe-Mixes“ an dem Standort oberhalb der A 52 einzurammen, erschien allzu günstig, als klar war: Ein Drittel der Essener Polizeibehörde kommt ab 2020 bei Karstadt unter, die völlig marode Polizeischule wird komplett leergezogen.

Das alles klang nach Aufbruch, doch zur Zeit herrscht auf dem Berg über Bredeney eher wieder Stillstand. Auch wenn Informationen die Runde machen, der Bau- und Liegenschaftsbetrieb (BLB) als Eigentümer des Geländes sei längst beauftragt, den Neubau eines Regionalen Trainingszentrums auf einem Teil des Geländes an der Norbertstraße genauso zu prüfen wie die Möglichkeit, dort eine zentrale Aus- und Fortbildungsstätte für die NRW-Polizei zu schaffen, heißt es seitens des BLB offiziell nur: „Es gibt Überlegungen, die Fläche zu verwerten.“

Wie, bleibt offen. Und weiter nur: „Landesintern ist weiterhin zu prüfen und abzuklären, ob die Flächen für andere Einrichtungen des Landes NRW bereit gestellt werden können.“

Mit der Stadt hat noch niemand gesprochen

Mit der Stadt hat jedenfalls noch niemand über die mögliche Zukunft des Areals gesprochen, sagt Essens Planungsdezernent Hans-Jürgen Best auf Nachfrage: „Zunächst muss sich der Eigentümer etwas ausdenken, und wir sagen dann, ob das möglich ist.“ Wohl auch durch die Brille der Bewahrer. Schließlich gilt nach wie vor zumindest für einen Teil der Gemäuer ein aus Sicht vieler Kritiker ein höchst fragwürdiger Denkmalschutz, der mitverantwortlich dafür gewesen sei, dass die Sanierungskosten durch strenge Vorgaben auf die astronomische Summe von über 200 Millionen gestiegen wären.

Dieser finanzielle Irrsinn war der Grund dafür, die Reißleine zu ziehen – mit der Folge, dass die Polizeischule bald Geschichte ist und eine ebenso lange schrieb, die mit Regierungsbaurat Bruno Kleinpoppen begann und mit Polizeipräsident Frank Richter endet.

Ein Rückblick: Noch in der Planungsphase ergatterte Kleinpoppens Entwurf für die Landespolizeischule an der Norbertstraße bei einem Bauwettbewerb im Jahr 1929 den ersten Preis. Die gestaffelten und raumgreifenden Baublöcke in der Tradition des Bauhaus-Stils, gestützt von einem Stahlskelett, begeisterten die damalige Architektur-Szene. Die Wohn-, Schulungs- und Verwaltungsräume mit ihrer außergewöhnlich guten Lösung der gestellten Bauaufgabe, so hieß es fast enthusiastisch, ließen einen harmonischen Gesamteindruck entstehen.

Gebäude und Außenanlagen vergammelten

Gebaut zwischen 1932 und 1934, diente das Ensemble mit seinen Kammgebäuden fortan als Unterkunft für Polizeieinheiten. Die Pferdestaffel hatte dort ihre Heimat genauso wie das in Nazi-Verbrechen verstrickte Polizei-Bataillon 67, erinnert sich Uwe Klein, ehemaliger Pressesprecher der Essener Polizei und seit Jahren Pensionär: „Nach dem Krieg wurde die Liegenschaft zunächst polizeiliche Ausbildungsstätte für Technik und Verkehr, danach Außenstelle der Bereitschaftspolizei Bochum.“

In den 1990er Jahren ging die Unterkunft zurück in die Zuständigkeit des Essener Polizeipräsidiums. „Ab diesem Zeitpunkt ging es den Bach runter“, weiß Klein. Die Gebäude und Außenanlagen vergammelten zusehends. 2005 wurde bekannt, dass die Polizei unter ihrem damaligen Präsidenten Herbert Schenkelberg in ihrer Not einen Blick auf die Festwiese und das Güterbahngelände in Rüttenscheid geworfen hatte. Doch diese Neubau-Pläne wurden ebenso wenig Realität wie die Idee seiner Nachfolgerin Stephania Fischer-Weinsziehr, an der Manfred- oder Veronikastraße eine Polizeiniederlassung zu schaffen.

Es sollten mehr als zehn weitere Jahre vergehen, bis es dem amtierenden Behördenleiter Frank Richter gelang, den Fall zu lösen, der in die Annalen eingehen dürfte – als der wohl kniffligste in der Geschichte der Essener Polizei.