Essen. . Nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes am Dienstag steht fest: In Essen wird es vorerst kein Fahrverbot für Diesel-Autos geben.

Auch nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes wird es in Essen vorerst keine Fahrverbote geben. Die dafür zuständige Düsseldorfer Bezirksregierung wird erst im Juli den für Essen gültigen Luftreinhalteplan verschärfen. Ob sie darin ein möglicherweise ab nächstes Jahr gültiges Fahrverbot für Diesel-Fahrzeuge festschreiben wird, lässt sie offen. Zwar werde ein Verbot geprüft, dabei aber auf die Verhältnismäßigkeit geachtet.

Zudem liegen noch nicht alle Luftmessdaten für Essen aus dem Vorjahr vor. Die Bezirksregierung überprüft derzeit, welche Auswirkungen andere von der Stadt geplanten Maßnahmen auf die Stickoxid-Belastung in der Ruhr-Metropole haben. Genau darauf setzt die Essener Umweltdezernentin Simone Raskob im Gespräch mit dieser Zeitung: „Wir hoffen, um ein Fahrverbot herumzukommen.“

Stadt Essen möchte mit Alternativen um das Fahrverbot "herumkommen"

Dies könnte, so die Kalkulation der Dezernentin, in Kombination mit dem vom Diesel-Gipfel initiierten Masterplan für nachhaltige Mobilität und mit aktuellen Maßnahmen gegen die Luftverschmutzung gelingen, die Essen jetzt als eine der fünf deutschen Teststädte erproben will. Simone Raskob setzt hier unter anderem auf einen Mix von mehr Bus- und Bahnverkehr bis zur E-Mobilität sowie von vergünstigten ÖPNV-Tickets und Nachrüstungen der Dieselautos. Allein in Essen sind rund 111 000 Diesel-Pkw zugelassen, die nicht die neue Euro-6-Norm erfüllen.

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Bereits im März will die Stadt ihre Vorschlagsliste für die „Modellstadt Essen“ an die Bezirksregierung schicken, damit diese im Luftreinhalteplan berücksichtigt wird. Für den Masterplan „Nachhaltige Mobilität“, der im Juli fertig ist, liegt eine Projektskizze vor.

Sollte es in Essen zu einem begrenzten Fahrverbot für Dieselwagen kommen, sei dafür eine „Blaue Plakette“ nötig, betonte Beigeordnete Raskob. Ohne eine Kennzeichnung an der Windschutzscheibe (die nur der Bund regeln kann), „ist ein Vollzug nicht möglich“. Mit der „blauen Plakette“ sollen Autos mit niedrigem Stickoxid-Ausstoß leichter erkennbar sein.

OB Kufen: Dieselfahrverbote sind "unsozial"

Die Stadtspitze hält auch nach dem Ja des Bundesverwaltungsgerichtes zur Rechtmäßigkeit von Diesel-Verboten an ihrer bisherigen Haltung fest. „Diesel-Fahrverbote sind unsozial und das falsche Signal“, teilte Oberbürgermeister Thomas Kufen mit. Sie würden im Ruhrgebiet nur zu einer „Umverteilung der belasteten Zonen“ führen. Durch „verkehrslenkende Maßnahmen“ könne die Luftqualität in Essen nicht weiter verbessert werden. In erster Linie, so Kufen, seien die Hersteller gefragt, um Software- und Hardware-Lösungen für Dieselautos anzubieten.

Der Bund für Umwelt- und Naturschutz (Bund) drängt darauf, dass die Stickoxid-Belastung hier schnell und deutlich verringert wird. „Auch in Essen leidet die Bevölkerung unter der hohen Stickoxid-Belastung“, gab NRW-Geschäftsleiter Dirk Jansen zu bedenken. „Es müssen noch im diesem Jahr Maßnahmen ergriffen werden, die kurzfristig zur Einhaltung der Grenzwerte führen.“ Zwar müsste dies „auf die jeweilige Situation in der Stadt“ angepasst werden, aber wenn sich die Luftbelastung in Essen nicht schnell bessere, seien auch hier Fahrverbote nötig, so Jansen.

Kurzfristige Fahrverbote würden kleine Unternehmen treffen

Die Industrie- und Handelskammer zu Essen (IHK) fordert, die Verhältnismäßigkeit im Blick zu behalten. Kurzfristige Fahrverbote würden vor allem kleine und mittlere Unternehmen hart treffen. „Denn Nutzfahrzeuge werden ausschließlich mit Diesel betrieben“, erklärte Hauptgeschäftsführer Gerald Püchel. Deshalb seien im Falle des Falles Übergangsfristen und Ausnahmeregelungen nötig.