Emmerich. Die Schottergärten in der Klimaschutzsiedlung Emmerich sollen jetzt bald entfernt werden. Wie die Stadt die Eigentümer überzeugen konnte.

Die Schottergärten in der Klimaschutzsiedlung an der Wassenbergstraße sollen bald entfernt werden. Darauf einigten sich die Stadt Emmerich und die Eigentümer der Grundstücke. Stadtsprecher Tim Terhorst teilte der NRZ auf Nachfrage mit, dass es einen Vor-Ort-Termin gegeben habe, bei dem man den Eigentümern die Dringlichkeit habe klar machen können.

Auch wies die Verwaltung auf die Landesbauordnung hin, die zu einer naturnahen Gestaltung verpflichtet. In Kürze soll ein Unternehmen beauftragt werden, welches den Schotter in der Klimaschutzsiedlung wieder entfernen wird. Wann genau das erfolgen wird, ist noch nicht bekannt.

>> So haben wird am 7. Juni berichtet:

Stimmt, zum grauen Gartenglück fehlt noch etwas in der Klimaschutzsiedlung an der Wassenbergstraße: Nach den Schottergärten durfte natürlich der Plastikzaun nicht fehlen. „Das setzt dem Ganzen noch die Spitze auf“, entfuhr es Stadtsprecher Tim Terhorst.

Wie berichtet, ist die Emmericher Verwaltung not amused über die Gestaltung in der ersten Klimaschutzsiedlung der Stadt. Nach der NRZ-Berichterstattung vom 15. Mai hat die Verwaltung die Eigentümer der Häuser angeschrieben und darum geben, sich über die Gestaltung noch einmal Gedanken zu machen. Der auffordernde Bitte wurde ganz offensichtlich nicht nachgekommen. Terhorst bestätigt noch einmal, dass die Eigentümer grundsätzlich in der Wahl der Grundstücksgestaltung frei seien.

Der Plastikzaun dürfte natürlich nicht fehlen.
Der Plastikzaun dürfte natürlich nicht fehlen. © NRZ | Andreas Gebbink

>> So hatten wir am 15. Mai berichtet:

Die künftigen Bewohner sind noch gar nicht eingezogen, da wurden vom Investor schon die Schottergärten angelegt. Eine junge Frau, die künftig hier wohnen möchte, blickt auf die neue Gestaltung der ersten Emmericher Klimaschutzsiedlung an der Wassenbergstraße. Vor gut einer Woche wurde hier alles mit grauem Schotter zugeschüttet. Und wo sollen jetzt ihre Kinder künftig spielen – im Schotterbeet?

Man kommt ins Grübeln, wenn man an der Wasserbergstraße den Blick auf die „Gartengestaltung“ wirft: Was bei der Ankündigung im Dezember 2018 sich alles so blumig und wohlfühlgrün anhörte, entpuppt sich nun an der Wasserbergstraße als graue Masse. Wie kann es sein, dass Schottergärten und Klimaschutzsiedlung vereinbar sind?

Eine Klimaschutzsiedlung zielt auf Gebäudedämmung und erneuerbare Energien

Emmerichs Stadtsprecher Tim Terhorst gibt zu: „Das mutet komisch an. Wir sind in der Stadtverwaltung auch irritiert bis verwundert.“ Die Grundstücke seien alle einzeln vermarktet worden, berichtet er. Grundsätzlich ziele eine Klimaschutzsiedlung in erster Linie auf die Gebäude ab, diese seien dann besonders gut gedämmt und nutzen erneuerbare Energien. Die Gartengestaltung bleibe außen vor.

Grau wohin das Auge blickt – so sehen die „Gärten“ an der Wassenbergstraße aus.
Grau wohin das Auge blickt – so sehen die „Gärten“ an der Wassenbergstraße aus. © NRZ | Andreas Gebbink

Bebauungsplan beinhaltet noch kein Verbot von Schottergärten

Zudem sei der Bebauungsplan an der Wassenbergstraße der letzte Bebauungsplan in Emmerich, der noch ohne einen Passus zu Schottergärten aufgestellt worden sei. Gleichwohl heiß es in der Landesbauordnung, dass Vorgärten zu begrünen sind. Graue Steine zählen eindeutig nicht dazu. Allerdings sei der Begriff „begrünen“ sehr dehnbar: Es reiche aus, wenn man nur eine kleine Flächen begrüne, so Terhorst. Dieses Prinzip wurde an der Wassenbergstraße reichlich ausgenutzt.

Auf der Planzeichnung ist im Bereich Wassenbergstraße nichts von Schottergärten zu sehen. Rasenflächen sind hier eingezeichnet.
Auf der Planzeichnung ist im Bereich Wassenbergstraße nichts von Schottergärten zu sehen. Rasenflächen sind hier eingezeichnet. © funkegrafik nrw | Gerd Bertelmann

Die junge Frau, die die NRZ zufällig vor ihrem neuen Zuhause traf, berichtet, dass sie sehr froh sei, überhaupt eine passende Wohnung gefunden zu haben. Deshalb hält sie sich auch mit Kritik zurück. Aber man sieht ihr an, dass ihr der Anblick der Schotterladung alles andere als zusagt. Denn ihre Kinder können künftig nicht auf einem Rasen toben, sondern müssen sich auf aufgeheizten Steinen setzen. Auf diesem Untergrund dürfte noch nicht einmal der Aufbau eines Planschbeckens möglich sein.

Klimaschutzsiedlung heißt nicht naturnäheres Wohnen

Dass ein Investor seinen künftigen Mietern jegliche Form des Gärtnerns von vornherein nimmt, dürfte einmalig sein. Zudem sind die kleinklimatischen Bedingungen mit Schotterflächen fatal. Der dunkle Schotter heizt sich an heißen Tagen besonders stark auf und gibt lange die Wärme ab. Wenn das Thermometer über die 30-Grad-Marke steigt, dürfte es auf diesen Flächen nicht auszuhalten sein. Klimaresilienz geht anders.

Stadtsprecher Tim Terhorst teilt der NRZ mit, dass die Verwaltung in einem ersten Schritt die Bauherren angeschrieben habe. Man habe sie gebeten, sich die Situation vor Ort anzusehen und diese zu verändern. Die Stadt Emmerich behält sich vor, gegen diese Art der Gestaltung vorzugehen. Es gebe viele Aspekte, die gegen die Schotterung sprechen, unter anderem das enorme Aufheizen an Sommertagen.

Klimaschutzsiedlungen werden vom Land gefördert

Klimaschutzsiedlungen werden vom Land NRW gerne als „Vorreitersiedlungen“ gelobt. Die Rede ist von „umweltverträglichem Bauen“ und „Vorbildcharakter für andere Siedlungen“. Zudem fördert das Land Klimaschutzsiedlungen über das Programm Progres NRW. Freilich geht es hier nur um den Minderung des CO2-Ausstoßes – nicht um ein naturnäheres Wohnen. Die besonders gedämmten Gebäude werden mit Fördermitteln des Landes und der KfW-Bank bedacht.

Thomas Euwens von Reppco-Architekten aus Kleve hat die Klimaschutzsiedlung geplant, ist allerdings nicht für die Gestaltung an der Wassenbergstraße verantwortlich. Er berichtet der NRZ, dass man an der Mühlenweg einen anderen Weg gewählt habe: Hier wurden für jene Flächen, die eigentlich als Terrasse gepflastert worden wären, heller Kiesel verwendet, der besonders wasserdurchlässig ist. Für die kleinen, 20 Quadratmeter kleinen Gärten würde niemand einen Rasenmäher anwerfen, sagt er.

Zur Seite der Mühlenstraße hin wurden die Parkflächen sogar mit Hilfe von Gittermatten gegrünt, durch die der Rasen wachsen kann. Eine Pflasterung konnte so entfallen.