Emmerich/Rees. Fahrplan für Deichsanierung wurde erstmals nicht von Bezirksregierung und Deichverbänden verabschiedet – wegen der zeitlichen Verzögerungen.

Eigentlich sollte der zeitliche Fahrplan für die Deichsanierung, den Bezirksregierung und Deichverbände seit 2014 alljährlich verabschieden, auch jetzt wieder auf den Weg gebracht werden. „Das ist aber diesmal nicht passiert, und zwar wegen der Verzögerungen und Nachbesserungen, die den Fahrplan immer wieder seit Jahren überrollen“, sagt Holger Friedrich in seiner Funktion als Vorsitzender und Sprecher des Arbeitskreises für Hochwasserschutz NRW. Festgestellt wurde aber diesmal ganz offiziell, dass das Ziel, die Deiche bis 2025 komplett fertiggestellt zu haben, nicht zu halten ist.

Anders als im vorigen Jahr, als wegen der Pandemie nur ein Gespräch zwischen der Ministerium, Bezirksregierung und Friedrich stattgefunden hatte, nahmen jetzt Anfang Oktober wieder alle relevanten Gruppen teil, von der Regierungspräsidentin über Vertreter des Ministeriums bis hin zu den betroffenen Kommunen und Deichverbänden – aber per Video-Schalte.

Schuldzuweisungen gab es nicht bei der Video-Konferenz

„Wir haben beschlossen, dass der derzeitige Fahrplan wegen der Problematik, dass er aus zahlreichen Gründen nicht einzuhalten ist, neu konzipiert werden muss“, erläutert Holger Friedrich, der gleichzeitig Geschäftsführer des Deichverbandes Bislich-Landesgrenze ist. Denn allen Beteiligten sei klar gewesen, dass man jetzt nach Lösungen suchen müsse, damit man den Zeitplan künftig auch besser einhalten könne.

Ohne mit dem Finger auf den jeweils anderen zu zeigen, wenn es um Schuldzuweisungen für die Verzögerungen ging, sei offen über die Schwierigkeiten gesprochen worden. „Es ist bei allen nicht rund gelaufen in den vergangenen Jahren, weder bei der Bezirksregierung noch bei den Deichverbänden“, sagt Friedrich diplomatisch. Auch ein Grund seien die immer komplexer gewordenen Planungsverfahren.

Leistungsfähigkeit der Deichverbände steht außer Frage

Bei der Erarbeitung der Antrag-Unterlagen geht es ja nicht mehr nur um ökologische Belange, sondern auch um Bodenschutz, Archäologie und Denkmalpflege“, weiß der Mann aus seiner praktischen Erfahrung beim Deichverband in Emmerich. Friedrich: „Da sind die Deichverband ebenso gefordert wie die Bezirksregierung, die gar nicht genügend Personal zur Verfügung hat.“ Für beide Seiten müsse man Verständnis haben.

Holger Friedrich, Geschäftsführer des Deichverbandes Bislich-Landesgrenze und seine Kollegin Carina Heisterkamp sind für den Hochwasserschutz auf der rechten Rheinseite zuständig.
Holger Friedrich, Geschäftsführer des Deichverbandes Bislich-Landesgrenze und seine Kollegin Carina Heisterkamp sind für den Hochwasserschutz auf der rechten Rheinseite zuständig. © FUNKE Foto Services | Arnulf Stoffel

Wobei die Leistungsfähigkeit der Deichverbände außer Frage stehe. „Die können vor Ort verdammt gute Deiche planen und bauen“, unterstreicht Holger Friedrich. Das hätten sie in der Vergangenheit zur Genüge unter Beweis gestellt. Das eigentliche Problem sei die überbordende Bürokratie, die ja eigentlich von der amtierenden NRW-Landesregierung von CDU und FDP laut deren Wahlprogramm „entfesselt werden sollte“, sagt Friedrich. Bei der Wasserwirtschaft sei davon jedenfalls überhaupt nichts angekommen.

Stelle eines Oberdeich-Inspektors könnte wieder installiert werden

Jetzt, das sei bei der Fahrplan-Sitzung beschlossen worden, will man nach Lösungen suchen, wie man für die nächsten Jahre den geplanten Fahrplan bei der Deichsanierung wieder auf die Schiene bringen könne. „Eine Möglichkeit wäre, wieder einen Oberdeich-Inspektor zu installieren, wie es ihn bis 2007 gegeben hat“, meint Friedrich.

Der war beim Staatlichen Umweltamt Krefeld angesiedelt und hatte die Deichverbände damals technisch unmittelbar beraten. „Den nach 125 Jahren abzuschaffen, wie es der damalige Staatssekretär Manfred Palmen veranlasst hat, war ein großer Fehler“, sagt der Sprecher des Arbeitskreises rückblickend. Auf jeden Fall habe damals das Zusammenspiel der Verantwortlichen für Technik und Verwaltung wesentlich effektiver funktioniert als heute.

Deichsanierung auch in Emmerich ist noch lange nicht fertig

„Mit der Deichsanierung sind wir jedenfalls alle noch lange nicht fertig“, ahnt Friedrich. Deshalb könne es sich durchaus lohnen, als einen Lösungsweg für ein Ende der zeitlichen Verzögerungen solch eine verantwortliche Stelle wieder zu schaffen. Einen neuen Termin für einen Fahrplan Deichsanierung für 2022 und die folgenden Jahre gibt es bereits – der 29. September kommenden Jahres.

Sicher scheint jedenfalls zu sein, dass die endgültige Fertigstellung der Deiche nicht vor 2028 zu erwarten ist, vielleicht sogar später. „Das kann von Deichverband zu Deichverband und Kommune unterschiedlich sein“, glaubt Holger Friedrich.