Emmerich. Naturschutzgebiet Dornicksche Ward hat noch natürliche Kolke und Flutrinnen. Gut für Pflanz- und Tierwelt. NRZ stellt Gebiet in ihrer Serie vor.
Es ist schon ein besonderes Fleckchen Erde: das Naturschutzgebiet Dornicksche Ward, das die NRZ in ihrer Serie vorstellt. „Auch, weil es hier noch ein natürliches Relief, sprich Kolke und Flutrinnen, gibt“, erklärt Johanna Dohle. Sie ist Landschaftsplanerin, betreut das Gebiet seit 2016 für das Naturschutzzentrum Kreis Kleve in Rees-Bienen. Seit dieser Zeit ist es offiziell ein Naturschutzgebiet, aber schon viel länger steht es nicht nur unter besonderem europäischem Schutz, sondern auch unter der Betreuung durch das Naturschutzzentrum. „Leider gibt’s aber immer wieder Probleme, weil sich Menschen dort nicht so verhalten, wie es in einem Naturschutzgebiet sein sollte“, sagt die 34-Jährige.
Gut 4,3 Kilometer lang ist das 211 Hektar große und schmale Naturschutzgebiet, das eines der wenigen weitgehend naturbelassenen Rheinvorländer ist, zwischen Deich und Rheinufer liegt und vom Grietherorter Altrhein bis an den Emmericher Hafen reicht. „Gut 90 Prozent der bewirtschafteten Fläche besteht aus Grünland“, sagt die Expertin. Etwa die Hälfte davon ist im Eigentum des Landes und des Bundes und wird naturschutzgerecht bewirtschaftet, die andere Hälfte in Privatbesitz und wird intensiv bewirtschaftet, „einzelne intensiv genutzte Weideflächen sind aber trotzdem auch kräuterreich“, fügt die gebürtige Gladbacherin hinzu.
Landwirte haben Angst vor Vandalismus
Dass die Fläche von den Landwirten in diesem Frühsommer nicht als Weideland genutzt wird, sei verständlich, findet sie. „Die Landwirte haben Angst vor Vandalismus“, weiß Johanna Dohle. Und kann deren Sorgen sehr gut nachvollziehen. Denn Hundebesitzer würden immer wieder ihre Vierbeiner nicht anleinen. Deshalb wären im vorigen Jahr auch Kühe aufgescheucht worden und ausgebrochen. Dass das alles auch Stress nicht nur für die Weidetiere, sondern auch für die gesamte Tierwelt ist, versteht sich von selbst.
Den Flächen und auch den Wiesenbrutvögeln würde es jedenfalls gut tun, wenn sie weiterhin als Weide genutzt würden und nicht nur als Wiese, die man mäht. „Weiden mit Tierhaltung sind für die Vielfalt von Pflanzen und Tieren sehr wichtig“, weiß die langjährige Mitarbeiterin der Naturschutzstation, die für mehrere der 66 Naturschutzgebiete im Kreis Kleve zuständig ist.
Auenwald ist besonders wertvoll
In der Deichböschung blühen gerade zum zweiten Mal im Sommer weiße Margariten, die man immer seltener in der Natur findet. Man entdeckt gelben Wiesenpippau, auch rosaroten Hauhechel. Außerhalb der Schutzgebiete sind solch bunte Wiesen nur noch selten anzutreffen. Im Grünland stehen zudem neben Kopfbäumen auch Hecken aus Weißdorn. Besonders wertvoll ist der Auenwald mit seinen teils Jahrzehnte alten Weiden und einigen Eschen.
Doch nicht nur für die teils bedrohte Pflanzenwelt ist die Dornicksche Ward, die vor 2016 bereits Landschaftsschutzgebiet war, ein wichtiger Standort. Das Gebiet hat auch als Rast- und Überwinterungsstätte für den europäischen Vogelzug internationale Bedeutung und ist Teil der EU-Vogelschutzgebietes Unterer Niederrhein.
Überwinterungsraum für tausende arktische Bläss- und Saatgänse
Es bietet tausenden arktischen Bläss- und Saatgänsen einen störungsarmen Überwinterungsraum. „Seltene und geschützte Vogelarten wie Flussregenpfeifer, Feldlerche und Wiesenpieper finden hier ideale Brutmöglichkeiten. Und im Winter sind hier regelmäßig Sing-, manchmal auch Zwergschwäne anzutreffen“, erzählt Johanna Dohle. Am sandig-kiesigen Flussufer brütet beispielsweise von April bis Juli der Flussregenpfeifer, in den Kolken Schnatterenten, im Auwald der Kleinspecht.
Der Flussregenpfeifer baut übrigens kein Nest, er brütet im Kies am Rheinufer. „Das Gelege sieht man nicht. Deshalb gibt es in der Brutzeit von Mitte März bis Mitte Juli eine Zone mit absoluten Betretungsverbot. Auch für Angler, ebenso für Spaziergänger, besonders mit Hunden“, sagt Johanna Dohle. Apropos Hundebesitzer: Die dürfen wie alle anderen nur auf der befestigten Nato-Straße und auf der Deichstraße unterwegs sein, sonst nirgends.
Zur Kontrolle braucht man Ranger
Nur dass sich kaum jemand daran hält. „Und es leider auch kaum kontrolliert wird“, bedauert die Landschaftsplanerin. Deshalb denke man beim Naturschutzzentrum über eine Art Rundweg nach, vielleicht über die Nato-Straße und am Rhein entlang über den bestehenden Trampelpfad und dann vorbei am Auwald zurück zur Deichstraße. Das zuständige Landesamt sei informiert, weitere Behörden müssten sich aber noch damit befassen, wegen des FFH-Status’ auch Brüssel.
Die Idee sei, dass man mit einem Rundweg das Naturschutzgebiet sehr wohl für Menschen öffnen möchte, „aber bestimmte Räume dafür auch konsequenter beruhigen will“, erläutert Johanna Dohle den Gedanken, dessen Umsetzung aber wohl noch dauern werde. Doch alles würde keinen Sinn machen, wenn nicht auch streng kontrolliert werde, dass sich die Menschen an die Vorschriften halten. Dafür bräuchte man Ranger, die die Menschen vor Ort auch informieren und für den Ernstfall mit entsprechenden Befugnissen ausgestattet sind.