Rees. Reeser Haupt- und Finanzausschuss spricht sich gegen Video-Übertragung von Ratssitzungen aus. 15 Mitglieder würden sich nicht filmen lassen.

Die Idee hinter dem SPD-Antrag ist vielversprechend. Das muss Ludger Beltermann von der Reeser Stadtverwaltung bei der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses zugeben: „Akzeptanz, Transparenz und Nachwuchsgewinnung sind sehr positive Aspekte.“ Aber die Übertragung von öffentlichen Ratssitzungen per Video-Stream habe eben auch viele negative Aspekte. Der aus seiner Sicht wichtigste Punkt: „Datenschutz.“

Denn jeder Teilnehmer von Ratssitzungen hat das Recht selbst zu entscheiden, ob er im Internet gezeigt werden darf. Wenn er sich aber dagegen ausspricht, muss sein Redebeitrag ausgeblendet werden. „Dadurch entsteht eine Lücke“, betont Beltermann. Eine Lücke, durch die Zuschauer womöglich die inhaltliche Debatte über ein Thema nicht mehr nachvollziehen könnten. Ein Video-Stream mache also nur Sinn, wenn sich alle Ratsmitglieder zeigen lassen würden.

15 Ratsmitglieder würden sich nicht filmen lassen

Doch wie stehen die Ratsmitglieder in Rees dazu? Eine Abfrage bringt Ernüchterung. Von 34 Mitgliedern möchten 15 nicht gezeigt werden, und drei haben sich zu dem Thema bislang noch nicht dazu geäußert. Peter Friedmann, SPD-Fraktionsvorsitzender, ist von diesem Ergebnis enttäuscht: „Wir haben mit 100 Prozent gerechnet.“ Ebenfalls „traurig“ sei er darüber, dass keiner der städtischen Abteilungsleiter sich im Video-Stream zeigen lassen würde.

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An diesem Punkt springt Bürgermeister Christoph Gerwers ein: „Sie müssen Verständnis dafür haben, dass ich meine Mitarbeiter schützen muss und der Öffentlichkeit nicht zum Fraß vorwerfe.“ Und auch die ehrenamtlichen Politiker würden durch eine Übertragung einem permanenten Druck ausgesetzt, betont noch einmal Ludger Beltermann. Dies sei nicht zuletzt der Grund, weshalb der Städte- und Gemeindebund vom Video-Streaming abrate.

Grüne und SPD plädieren für Video-Stream aus

Ein Ratsmitglied, das sich nicht zeigen lassen würde, ist Johannes Erlebach von der CDU: „Ich wäre auch nicht ganz so glücklich damit, wer weiß welche GIFs aus unserem Stream gemacht werden würden.“ Niemand dürfe unterschätzen, welchen Unsinn einige mit solchen Videos machen könnten. Er plädiert daher dafür, zunächst einmal abzuwarten – bis es bessere technische Möglichkeiten gibt und sich auch der Landesgesetzgeber anders zu dem Thema äußert.

„Ich finde es schlimm, dass hier eine Mauer der Abwehr und der Angst aufgebaut wird“, meldet sich schließlich Helmut Wesser, Fraktionssprecher der Grünen, zu Wort. Gerade in Corona-Zeiten zeige sich der „Trend zur modernen Art der Kommunikation“. Er könne sich beispielsweise vorstellen, dass die Kamera nicht direkt auf Gesichter gerichtet sein würde. „Wichtig ist ja vor allem der Ton.“

Ausschuss spricht sich gegen Übertragung aus

Und auch Bodo Wißen von der SPD hält noch einmal fest: „Wir bewegen uns bewusst in der Öffentlichkeit und Öffentlichkeit heute heißt eben auch Video, Soziale Medien.“ Um die Akzeptanz der Kommunalpolitik zu fördern, müssten Kommunalpolitiker alle Kanäle bedienen. Nur so könne Bürgernähe und Transparenz geschaffen werden.

Am Ende aber scheinen die negativen Aspekte zu überwiegen. Elf Ausschussmitglieder und damit die Mehrheit stimmen dafür, dem Rat zu empfehlen, auch weiterhin auf die Übertragung von öffentlichen Sitzungen des Rates und seiner Ausschüsse per Video-Stream zu verzichten. Endgültig entscheidet der Rat am Donnerstag, 11. März, über den SPD-Antrag.

>>>Kosten für Video-Streams

Ludger Beltermann rechnet im Haupt- und Finanzausschuss vor, wie teuer eine mögliche Übertragung per Video-Stream wäre: „Wir würden von 1500 bis 3000 Euro je Sitzung rechnen.“ Für 2021 sind acht Ratssitzungen und inklusive der Ausschüsse gut 30 Sitzungen geplant.

Demgegenüber stünde die geringe Zahl der Zuschauer, die ausgehend von der Vorreiterstadt München auf Rees heruntergebrochen wurden. „Bei uns käme man auf 14 Nutzer im Live-Stream und sieben Nutzer der Aufzeichnung“, so Beltermann. Das wären 0,06 beziehungsweise 0,03 Prozent der Reeser Bevölkerung.