Emmerich. Im Interview spricht Emmerichs SPD-Fraktionschef über seine neue Rolle, seine Schwerpunkte und die Corona-Lage aus politischer Sicht.

Manfred Mölder (60) ist stadtbekannt. Als Briefträger in der Innenstadt trifft man ihn regelmäßig auf der Straße. Doch der SPDler hat politisch an Gewicht gewonnen. Er ist seit der letzten Kommunalwahl Fraktionsvorsitzender geworden.

Sie sind nach der Kommunalwahl neuer Fraktionsvorsitzender geworden: Wie sind Sie in die Rolle reingekommen? Es ist ja eine durch Corona eingeschränkte Zeit...

Ich bin ja quasi in diese Rolle hineingewachsen durch meinen Werdegang in der Fraktion und der Partei. Ich habe die mir übertragenen Aufgaben in der Vergangenheit wohl so ordentlich erledigt, dass mir die SPD-Fraktion das Vertrauen zum Vorsitz geschenkt hat. Dafür bin ich ihr dankbar.

Handel, Gastronomie, Gesundheit, Schule, Kultur, Sport, das Zwischenmenschliche: Corona hat massive Auswirkungen auf den Alltag in Emmerich. Wo kann die Lokalpolitik unterstützen?

Auch wir Kommunalpolitiker sind erst einmal Emmericher, die ein ureigenes Interesse daran haben oder haben müssten, in diesen schwierigen Zeiten Handel und Gastronomie vor Ort zu unterstützen. Handel und Gastronomie haben Wege gefunden, durch online- oder telefonische Bestellmöglichkeiten sowie durch Bring- oder Abholservices, ein ausreichendes Angebot für den täglich Bedarf vorzuhalten. Das ist besonders wichtig für die Emmericher, die in häuslicher Quarantäne sind.

Viel Erfahrung mit Verwaltung und Parteigenossen

Die Bemühungen der Wirtschaftsförderung der Stadt und der EWG, diese Angebote auszubauen, das nötige Know-how zu liefern und finanziell zu unterstützen sind im vollen Gange. Bei Kindergärten, Schulen, Sport und Kultur sind uns leider die Hände gebunden, frei zu agieren, aber auch in diesen Bereichen helfen wir natürlich, wo immer es möglich ist.

Was macht Sie als Fraktionschef aus? Wo liegen ihre Prioritäten?

Ich kenne die Verwaltung und Verwaltungsabläufe. Viele Verwaltungsmitarbeiterinnen- und -mitarbeiter konnten mir in all den Jahren wertvolle Ratschläge geben und mir Wege, aber auch Grenzen, z.B. juristischer Natur, aufzeigen. Die meisten Fraktionsmitglieder kenne ich seit vielen Jahren. Ihre Arbeitsweisen und ihre Schwerpunkte in der politischen Arbeit und ihren Antrieb, sich engagieren zu wollen schätze ich sehr.

Prioritäten: Kultur, Sport und Freizeit, Schulen und Kitas

Meine persönlichen Prioritäten liegen eindeutig im Erhalt eines breit aufgestellten Kulturprogramms, eines vielfältigen Sport- und Freizeitangebots sowie gut ausgestatteter moderne Schulen und Kindertagesstätten. Weitere Themen sind natürlich die ärztliche Versorgung in den nächsten Jahren, die Innenstadtentwicklung, der Erhalt unserer niederrheinischen Landschaft, der weitere Radwegausbau, die Entwicklung der Ortsteile und die Betuwe-Line. Das sind alles Themen, die uns schon seit vielen Jahren und noch viele weitere Jahre beschäftigen. Leider gibt es da auch keinen Gordischen Knoten, den man einfach durchschlägt und alle Herausforderungen sind solide finanziert und bewältigt.

Sie werden als Briefträger auf der Straße häufig angesprochen: Inwieweit hilft dies als Fraktionschef?

Ich höre oft früh, wo der Schuh wirklich drückt. Politik und Verwaltung haben manchmal ganz andere Wahrnehmungen als die Bürgerinnen und Bürger. So kann ich Themen ins Rathaus bringen, die davor noch nicht auf der Agenda waren.

Kaserne, Neumarkt, Gesamtschule, demnächst Geistmarkt, Bahnhof: Etliche Projekte in Emmerich sind im Fluss, kommen sichtbar voran. Aber die Finanzen der Stadt sind ziemlich strapaziert. Bei allen Diskussionen über die nächsten Leuchtturmprojekte: Muss die Politik in nächster Zeit finanziell zurückhaltender agieren?

Es ist gut und richtig, weiter und mit Augenmaß zu investieren. Alle Projekte, die jetzt schon auf dem Weg sind, werden weiter verfolgt. Vielleicht müssen wir bei den nächsten Haushaltsberatungen in Kenntnis der corona-bedingten Einnahmenausfälle etwas anders priorisieren. Aber neue Ziele darf man sich immer stecken. Es kommen schwierige Zeiten auf alle Städte und Gemeinden zu. Aber wir wissen schon heute davon und werden entsprechend so darauf reagieren, dass wir immer unsere kommunale Handlungsfähigkeit behalten.

Haben Sie ein neues Ziel, das verfolgt werden sollte?

Aus eigener leidvoller Erfahrung würde ich die Bemühungen um ein Hospiz sofort unterstützen. Es wäre toll, wenn sich als erster Schritt in dieser Legislaturperiode ein gemeinnütziger Förderverein für ein zukünftiges Hospiz in Emmerich gründen würde.

Es wird absehbar eine Zeit nach Peter Hinze als Bürgermeister geben: Muss sich die SPD nicht jetzt damit beschäftigen, einen künftigen Bürgermeisterkandidaten aufzubauen?

Selbstverständlich!

>> Zu Manfred Mölder

Manfred Mölder trat nach zwei, drei Jahren des politischen Mitwirkens bei den Jungsozialisten (Jusos) am 1. Februar 1988 in die SPD ein. Seit Mitte der 90er-Jahre ist er mit Unterbrechungen im Rat der Stadt Emmerich vertreten. Außerdem bekleidete er für die SPD die Posten des Fraktionsgeschäftsführers, Ausschussvorsitzender und -sprecher sowie stellvertretender Fraktionsvorsitzender.

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