Emmerich. Seit einem Jahr liegt in der Vitus-Kirche in Hochelten im Eingangsbereich eine Kladde aus. Viele Besucher haben einige Zeilen verfasst.
Wer eine Kirche betritt, möchte immer irgendwie mit Gott in Kontakt treten. Die gesamte Liturgie dient neben der Verehrung des dreifaltigen Gottes auch immer dem engen Austausch zwischen dem Gläubigen und dem Allmächtigen. Die wohl bekannteste Form ist das (stille) Gebet.
Kladde liegt direkt im Eingangsbereich aus
Gerade in Krisenzeiten ist der Wunsch nach einer rituellen Zuwendung an ein transzendentes Wesen stark ausgeprägt. Das zeigt sich auch aktuell in der Corona-Pandemie. Um den Gläubigen ein weiteres Hilfsmittel an die Hand zu geben, liegt seit Frühjahr in der St.-Vitus-Kirche in Hochelten im Eingangsbereich ein Buch aus. In der Kladde können Besucher des höchstgelegenen Gotteshauses von Emmerich vollkommen ohne inhaltliche Vorgaben ihre Wünsche, Hoffnungen oder Gefühle notieren.
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Und davon wird rege Gebrauch gemacht. Über 50 beschriebene Din-A4-Seiten sind in nicht einmal zwölf Monaten zusammengekommen. Die Einträge spiegeln dabei auch ein Jahr wieder, dass jedem einzelnen Menschen in unterschiedlichster Form viel abverlangt.
Persönliche Schicksale
Gleich der erste längere Eintrag aus dem Februar des vergangenen Jahres befasst sich dann auch mit Krankheit. Allerdings war Corona da noch kein Thema in Europa. Vielmehr wird sehr ausführlich über ein Krebsleiden geschrieben und welchen Effekt die Diagnose auf die gesamte Familie hat. Der Eintrag ist im Übrigen auf Spanisch verfasst worden.
Die nächsten Einträge im Buch sind von verschiedenen Besuchern auf Niederländisch verfasst worden. Nun ist Corona das bestimmende Thema. Es wird von einer "schwierigen Zeit geschrieben". Aber es gibt auch einen Dank für "die Kraft, die aus dieser Kirche kommt". Gleich mehrmals freut man sich, dass trotz Lockdown die Kirche geöffnet hat.
In unterschiedlichen Sprachen geschrieben
So vielfältig die Zeilen von ihrem Inhalt sind, so unterschiedlich sind auch die Sprachen. Neben dem erwähnten Spanisch dominieren logischerweise Deutsch und Niederländisch. Aber auch längere Texte in Englisch sind zu finden. Und auch Sätze - dann aber eher kürzere Passagen - auf Latein lassen sich in den linierten Seiten der Kladde finden.
Die Eintragungen sind teilweise anonym verfasst, andere unterzeichnen auch nur mit ihren Vornamen. Aber ob anonym oder nicht, die Zeilen sind immer sehr persönlich. Etwa von einem Ehepaar, das an seinem 52. Hochzeitstag extra nach Hochelten fährt, um vor einer Marienstatute eine Kerze anzuzünden. Doch das Vorhaben misslingt. Es lassen sich keine Streichhölzer finden. "Dann zünden wir zu Hause eine Kerze an", schreiben die beiden.
Wanderer auf dem Pieterpad
Im Sommer greifen dann viele Besucher der Kirche zum Stift, um sich in der Kladde zu verewigen, die auf dem Pieterpad unterwegs sind. Einen sehr nachhaltigen Eindruck macht auf viele Besucher der ehemaligen Stiftskirche vor allem eins: die Stille. Dies wird in vielen Sätzen immer wieder lobend erwähnt.
Doch vor allem die persönlichen Zeilen und die direkte Ansprache an Gott sind stets sehr emotional und überwiegen auch. Die geschriebenen Fürbitten umfassen derweil ein breites Spektrum. Der Ausdruck nach der Normalität abseits von Sorgen, Krankheiten und anderen belastenden Umständen ist allgegenwärtig. Aber dazwischen findet sich auch immer wieder Überraschendes: "Hilf uns, dass wir noch mal nach Kenia kommen."