Den Haag. Die Niederlande schaffen es nicht, schnell alle Corona-Infizierten zu informieren und deren Kontaktketten zu ermitteln. Welche Folgen das hat.

Haben die Niederlande die Corona-Pandemie noch im Griff? Mit der Ankündigung des landesweiten Gesundheitsdienstes GGD, die Kontaktverfolgung von Corona-Infizierten nicht mehr gewährleisten zu können, drängt sich der Eindruck auf, dass der niederländische Verwaltungsapparat für diese Pandemie nicht gut gerüstet ist.

Im Gespräch mit der NRZ erklärt die Sprecherin des Gesundheitsdienstes GGD, Sonja Kloppenburg, dass man zurzeit acht Stunden benötige, um für einen Covid-19-Infizierten die Kontaktkette zu ermitteln: „Das sind sehr ausführliche und lange Gespräche, die man führen muss“, erklärt sie. Bei 1500 Fällen am Tag habe man dies noch innerhalb von 24 Stunden gewährleisten können. Doch die Fallzahlen liegen nun bei gut 6800 Fällen am Tag - zu viel für die Gesundheitsdienste.

Niederlande setzten auf risikogesteuerte Nachverfolgung

Um eine Kontaktnachverfolgung überhaupt gewährleisten zu können, haben alle 23 Gesundheitsdienste im Land ihre Arbeitsweise umgestellt: „Wir setzen jetzt auf eine risikogesteuerte Nachverfolgung“, so Kloppenburg. Soll heißen: Wer Kontakt mit einer Risikogruppe hatte, dessen Kontakte werden noch von den Profis der GGD verfolgt. Bei anderen Gruppen, sollen die Infizierten selbst ihre Kontaktpersonen informieren.

Sonja Kloppenburg berichtet, dass man es aktuell nicht innerhalb von 24 Stunden schaffe, die Infizierten anzurufen. In seltenen Ausnahmefällen dauere dies sogar bis zu eine Woche. Um die Kapazitäten zu erhöhen, werden aktuell zahlreiche Personen ausgebildet, um die Kontaktgespräche zu führen. Diese Leute würden zwei bis drei Wochen lang geschult, da man viele Dinge beachten müsse.

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„Wir haben bislang kein Problem, Personen zu rekrutieren, die telefonieren können. Die Schulungen sind eher das Problem“, so Kloppenburg. Hilfen von Kommunen oder des Militärs habe man daher auch nicht angefragt. In Deutschland erhalten die Gesundheitsämter auch Hilfen von Städten und Gemeinden, von der Bundeswehr oder von Studenten.

Nur wenige Möglichkeiten zur Testung

Begrenzt ist in den Niederlanden auch die Zahl der Testkapazitäten. So gibt es in der Stadt Nimwegen nur an drei Stellen die Möglichkeit, sich testen zu lassen. Sonja Kloppenburg erzählt, dass man die Testung koordiniert vornehmen wolle. Bei Hausärzten sind keine Corona-Tests möglich. Dies hat unter anderem zur Folge, dass Personen aus Nimwegen bis nach Venlo fahren müssen, um sich dort Testen zu lassen, berichtet ein Nimweger Bürger der NRZ.

In den vergangenen Wochen betrug die Testkapazität im Nachbarland 40.000 Tests pro Tag, diese soll noch in dieser Woche auf 50.000 Tests pro Tag erhöht werden.

GGD-Mitarbeiter sind überlastet

Ob die Niederlande die Pandemie noch im Griff haben? „Wichtig ist in erster Linie, dass sich die Bürger an die Maßnahmen halten: Abstand halten und unnötige Feiern oder Menschenansammlungen meiden“, sagt Kloppenburg. Die Mitarbeiter des Gesundheitsdienstes würden seit Wochen alles geben und viele Überstunden machen. Offenbar ist das zurzeit nicht ausreichend.