Emmerich. Im Vortrag „Niederrheiner erzählen“ von Clemens Reinders wurden Erinnerungen wach. Überlieferungen von bekannten Emmerichern kommen im Buch vor.
Vielen Älteren ist sie noch gut bekannt: Hildegard Pickers. Die ehemalige Lehrerin und Frau des einstigen Landrates Hans gab dem Haldener Clemens Reinders die Initialzündung für die Erinnerungsgeschichten seines Buches „Niederrheiner erzählen 1900 – 1960“. „Sie fand so wunderbare Worte zur Nachkriegszeit“, hieß es von Reinders anlässlich eines Vortrages im TiK im Schlösschen Borghees am Sonntag. Daraus folgten spannende Unterhaltungen mit Zeitzeugen, die per Tonband aufgezeichnet wurden.
Mit der Künneke-Sekretärin telefoniert
In einem Telefonat mit der ehemaligen Sekretärin von Eduard Künneke in Berlin etwa, Marianne Augustin, gab es mehr Einblicke zum Komponisten, der schon kurz nach dem Abitur seine Heimat Emmerich verließ. An der Rheinpromenade oder mit seiner Operette „Der Vetter aus Dingsda“ hat er bis heute Spuren hinterlassen.
In einem weiteren Kapital des Buches kommt Li (Elisabeth van Rossum) zu Wort. Sie erzählt von ihrer Fahrt als junge Frau Pfingsten 1932 mit dem elitären Emmericher Yachtclub auf dem Rhein. Auch von der siebten Kribbe mit Sandstrand, dem Lieblingsplatz der stets männlichen Mitglieder, war die Rede. Zudem gab‘s einen Einblick zu einem Fest des Vereins in der Societät.
Eine Ehre im Kriegslazarett zu dienen
Erinnerungen an Kinderlandverschickungen und den Bund Deutscher Mädel (BDM) 1944 wurden mit der im Seniorenheim lebenden Elfriede Mäser wach. Auch Dr. Wilhelm Pfirrmann kommt in den Ausführungen zu Wort, erzählt über die Zeit im Jungvolk der Hiltlerjugend. „Der Faszination der Masse, der Propaganda hätten er und seine Freunde sich nicht entziehen können“, so Reinders. Den Gegensatz zur Faszination erfuhr Pfirrmann nach dem Krieg als er als Jurist die Akten von Kriegsverbrechern beim Landesamt für Besoldung und Versorgung auf den Tisch bekam.
Für Mia Blazy (geb. Huying) war es eine Ehre als Bürgerstochter im Emmericher Kriegslazarett Dienst zu verrichten. Vor zehn Jahren schilderte die damals 94-Jährige auch „von schrecklichen Szenen der Verwundungen“ etwa nach dem kleineren Bombenabwurf auf Emmerich am 11. Mai 1940.
Hans Doerwald, Elisabeth Haase und weitere kamen zu Wort
Auch Emmerichs ehemaliger Vize-Bürgermeister Hans Doerwald berichtet von seiner Dienstverpflichtung bei der Fliegerabwehr und dessen Treffer auf eine Lancaster-Maschine und dem Absturz in Klein-Netterden (die NRZ berichtete). Ebenfalls als jugendlicher Flakhelfer wurde Dr. Karl van der Ven an den Germania-Werken eingesetzt. Zum Schluss auf dem Eltenberg. Hautnah und verbunden mit Todesängsten erlebte der heute 95-jährige Walter Günther die Kämpfe im Reichswald im Februar 1945. Ein junger kanadischer Soldat nahm den späteren in Emmerich bekannten Steuerberater gefangen. Auch die zuletzt in Leegmeer wohnende Elisabeth Haase, die 1947 mit Kurt Grospitz die Haldener Volksschule mit 70 Schülern aufbaute, kam zu Wort.
Und was ist das Fazit für Clemens Reinders, einem guten Zuhörer und Interviewer? „Ich bin weiterhin ganz Ohr für neue Geschichten von Niederrheinern.“ Die Nachwelt kann nur froh über solche Hobbysammler sein!
>> Kulturscheune feiert Eröffnung
Bevor am 7. November das einwöchige Eröffnungsprogramm der Kulturscheune beginnt, so Judith Hoymann vom TiK, sind im Schlösschen Borghees am 25. Oktober die Berliner Schau- und Puppenspieler vom Theatergeist mit dem Stück „Das kleine Ich bin ich“ zu Gast.